Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
Vom Netzwerk:
hundert Gefangene. Die können euch helfen.«
    Ich blieb sitzen und hielt dem Kind Wans Hand hin. »Wir brauchen einen Arzt. Vorher gehe ich hier nicht weg.«
    Kamikaze hob nur kurz die Waffe. Ein Schuss fiel.
    »Jetzt braucht ihr keinen Arzt mehr. Ärzte können wir uns nicht leisten.«
    Vesuv wurde wütend. Sprang auf und wurde von Gewehrkolben niedergeprügelt. Ich bekam Handschellen angelegt.
    »Dieser Chinese war ein Verräter, so wie ihr alle Verräter an unserer Idee seid. Los, vorwärts! Du hast doch meine Schwester geschwängert. Jetzt will ich sehen und hören, ob du zu unserer Idee stehst. Sonst gehst du den Weg des Chinesen.«
    Kamikaze zündete eine Zigarette an und schob sie mir zwischen die Lippen.
    Das Lager war größer, als es vom umzäunten Gebiet zu sehen gewesen war. Unter den Bäumen schmiegte sich eine Hütte an die andere.
    Hier waren einige hundert Vietcong, die sich eigentlich illegal auf kambodschanischem Gebiet aufhielten. Die Hälfte davon war noch nicht einmal in der Pubertät. Pickel im Gesicht. Hasserfüllte Augen. Einige spuckten mich im Vorbeigehen an. Die Kalaschnikow war ihre Mutter. Das gab ihnen Halt. Die Handschellen schmerzten. Kamikaze hatte sie zu eng geschlossen.
    »Kannst du mir die Dinger nicht abnehmen? Ich kann hier sowieso nicht weglaufen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Es sieht für mich besser aus, wenn ich dich quäle. Du hast bereits verloren. Ich will noch gewinnen.«
    »Gewinnen?« Das entfuhr mir, weil ich mich über solch einen indoktrinierten Spruch ärgerte. »Was willst du noch gewinnen? Hier gibt es nichts mehr zu gewinnen.«
    Kamikaze sah mich an, als verstünde er meinen Einwand. Er kaute auf seinen Lippen herum.
    »Ich werde deine Schwester mit dem Kind außer Landes mitnehmen. Raus aus diesem Elend. Und was passiert dann mit dir hier? Eines Tages werden die neuen Machthaber dir das Gewehr abnehmen, weil du ihnen damit zu gefährlich wirst. Und dann? Was willst du dann tun? Du hast keine Chance. Kapier das endlich.«
    Kamikaze war ein Trotzkopf. Er schloss die Handschellen noch enger. Das Blut sickerte durch meine Haut. Sein Gewehrkolben traf mich in den Kniebeugen. Ich fiel in den Dreck.
    »Sage bei der Befragung nur das, was die Genfer Konvention vorschreibt. Lass dich nicht provozieren. Wiederhole es einfach. Immer wieder. So lange, bis sie aus der Haut fahren. Dann erst kannst du taktieren ...«, hatte Vesuv gesagt.
    Wan hatte dem müde zugestimmt. Dann hatte seine körpereigene Abwehr versagt, bevor Kamikazes Kugel ihn traf. Er war schlimmer gefoltert worden, als es äußerlich sichtbar gewesen war.
    Kamikaze schlug wieder und wieder zu.
    »Du fragst noch nicht einmal, wie ich wirklich heiße, und willst mir Ratschläge geben? Gibst mir einfach einen Namen. Wie einem Hund, den man auf der Straße aufliest. Nein, Langnase, so geht ihr mit uns nicht um!«
    Wieder traf mich der Gewehrkolben. Ich wurde ohnmächtig. Hände zogen mich aus dem Dreck und trugen mich irgendwohin.
    Ein Wasserstrahl weckte mich. Er roch und schmeckte nach Urin. Meine Muskeln brannten. Meine Knochen und Gelenke schmerzten.
    Ein Gesicht sah mich an. Befahl jemandem, mir die Fesseln abzunehmen. Ich wollte nur schlafen. Das Gesicht gab keine Ruhe. Es sah aus wie Trotzki in seinen wilden Jahren. Weißer Kinnbart. Wenig Haare und eine starke Brille, die wie ein doppeltes Vergrößerungsglas wirkte und die Augen unnatürlich groß erscheinen ließ. Es lächelte.
    »Scheintote lassen wir hier nicht gelten. Können wir uns nicht leisten. Richtet ihn auf.« Der Mann sprach Deutsch mit einem starken sächsischen Akzent. Fäuste hievten mich auf einen Stuhl. Ich rieb mir die blutenden Handgelenke.
    »Verbindet ihn. Ich hasse die Brutalität dieser Vietcong.« Zwei Männer, die auch keine Viets waren, verbanden meine Handgelenke.
    »Sie rauchen?« Der Mann hielt mir eine Schachtel Zigaretten hin. Ich nahm eine. Meine Hand zitterte. Eine andere Hand gab mir Feuer. Man ließ mich rauchen. Ich war in einer Hütte. Rohe Balken. Roher Fußboden. Strohdach. Tisch und Stühle. Mehr war nicht.
    Der Mann trug die Uniform der regulären nordvietnamesischen Armee. Aber keinerlei Rangabzeichen.
    »Fühlen Sie sich besser?«
    Ich schüttelte den Kopf und rieb mir die verbundenen Handgelenke.
    »Sollten Sie aber. Denn dies ist ein Verhör. Meine Kollegen sind Zeugen, dass Sie bestätigten, freiwillig und ohne Druck ausgesagt zu haben.«
    »Ich sage nicht mehr, als die Genfer Konvention

Weitere Kostenlose Bücher