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Saigon - Berlin Thriller

Titel: Saigon - Berlin Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe
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euer Vorgesetzter merkt, dass ihr was getrunken habt«, setzte ich als Verkaufsargument hinzu. Die Suppe und die Eier mussten weg. Und die Typen sollten mir für ihre Unverschämtheit gegenüber dem Mönch zahlen. Wenn sie das noch kapierten. Ich hoffte nicht. Aber ein schlechtes Gewissen schienen sie doch zu haben.
    »Wie viel willst du für alles? Wir essen es. Aber du machst danach ein nüchternes Foto von uns. Versprochen?«
    »Fünfzig Dollar ohne Topf. Und ihr müsst es hier essen. Ich fotografiere euch dabei.«
    Wieder Beratung. Die Soldaten kramten in ihren Taschen. Legten zusammen.
    »Gehen auch fünfundvierzig? Mehr haben wir nicht mehr.«
    Die umstehenden Bauern und Händler feixten hinter vorgehaltenen Händen. Ich hatte die vierzig Eier in die heiße Suppe geschlagen und mir die größten Essschalen von den Standnachbarn geliehen. Sie hatten sie mir freiwillig gegeben. Ich brauchte noch nicht einmal ihre Sprache zu sprechen.
    Die GIs aßen brav und schwitzten. Ich fotografierte einen ganzen Film voll. Alles um uns lachte. Die Soldaten auch. Sie waren unsicher. Sie löffelten Seetang mit Schlange und schwimmenden Eiern.
 
    »Wo wart ihr? Ihr könnt mich doch nicht mit der Suppe alleinlassen«, knurrte ich Kleiner Drache an.
    Gnong Duc sah in den Topf und schüttelte den Kopf.
    »Offensichtlich doch. Wo ist das alles?«
    »Vater musste seinen ersten Preis abholen. Fünftausend Dong«, erklärte Kleiner Drache.
    »Und wie viel ist das in Dollar?«
    »Etwa fünfzig Dollar. Ein schönes Geld. Das reicht für zwei Monate«, setzte der Mönch hinzu.
    In welchen Dimensionen dachte ich? Fünfzig Dollar für zwei Monate. Ich hatte mehr als zehntausend in wenigen Tagen ausgegeben. Irgendwie stimmten die Relationen zwischen den Kulturen nicht. Was wollten die amerikanischen Truppen dann hier? Es gab keine Bodenschätze, die es zu erobern oder zu verteidigen galt. Es gab nur die Gefahr der Kommunisten, die aus Nord- und Südvietnam ein vereintes Land zu machen versuchten. Was war das für eine Gefahr, dass man sich solch eine Armee in einem fremden, eigentlich wertlosen Land, mit betrunkenen GIs leistete, um sie zu bekämpfen?
    Ich drückte Kleiner Drache die fünfundvierzig Dollar und die paar Dong, die ich für die Suppe bekommen hatte, in die Hand.
    »Und ihr bastelt zehn Jahre an einem Holztier für den Preis einer Suppe.« Kleiner Drache nahm das Geld. Sie wirkte betroffen. Nicht sehr fröhlich über diese zusätzliche Einnahme.
 
    »Du kommst jetzt besser mit mir«, entschied der Mönch, hakte sich bei mir ein und zog mich aus dem Markt. Über die Hauptstraße in eine deutlich als BAR gekennzeichnete Kneipe.
    »Mach das nie wieder. Du hast die Familie gedemütigt. Du musst wirklich an deinem Karma arbeiten. Es ist schlecht.«
    Ich bestellte. Für mich einen Bourbon. Er wollte nur Tee mit Honig. Der Deckenventilator machte »Wisch ... Wisch«. Ein paar betrunkene Soldaten versuchten eine dralle Bedienung mit Komplimenten zu betören. Sie spülte Gläser und lächelte nur.
    Wisch ... Wisch. Der Mönch schlürfte den Tee und sah mich forschend an. Ich sagte besser nichts mehr. Irgendwie war ich in einen kulturellen Fettnapf getreten. Was ich gut gemeint hatte, war falsch verstanden worden.
    »Du fühlst dich falsch verstanden«, hob Gnong Duc an, als könne er meine Gedanken lesen. »Könnt ihr Europäer, ihr Amerikaner euch vorstellen, dass dieses Land eine jahrtausendealte Kultur hat? Dazu gehört es auch, Drachen schwimmfähig zu machen. Eine Kunst der besonderen Art. Dabei geht es nicht um Geld. Es geht um die Ehre. Aber das scheint ihr nicht begreifen zu können. Sonst hätten uns nicht ständig Europäer besetzt. Unsere Ländereien ausgebeutet. Die Bauern versklavt. Unsere Frauen geschändet. Ihr seid immer noch nicht aus dem Zeitalter des Völkermordes und der Sklaverei heraus. Ihr verkauft uns euer Wissen als die neuen Götter. Zwingt sie uns auf, indem ihr einen Topf Suppe mit einem Drachen vergleicht. Nur weil ihr mit der Suppe sofort Geld verdient. Ihr verdient mit allem sofort Geld. Und das lasst ihr uns fühlen. Dass wir erbärmlich für euch sind. Und das ist dein schlechtes Karma.«
    Ein paar Minuten herrschte Schweigen. Wisch ... Wisch.
    Dann legte Gnong Duc die Handflächen aneinander und verbeugte sich über dem Tisch. »Verzeih mir. Aber auch ein Zen-Mönch muss mal die Wahrheit sagen, die wir so empfinden. Wir sollten jetzt zu den Reisfeldern zurückfahren. Die Arbeit erledigt sich nicht von

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