Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut
irgendwie helfen?«
»Nein, danke«, erwiderte Rainer und registrierte mit Befremden das kurze, amüsierte Lächeln, das dabei um Evas Mundwinkel spielte.
Der junge Mann zog sich zurück, und Bernd Kahlert sah seine Besucher herausfordernd an. »Nun, war es das, was Sie wissen wollten?« Sein Tonfall wurde auf einmal aggressiv. Rainer wunderte sich zudem über die Formulierung der Frage, ohne allerdings sagen zu können, was genau ihn daran störte.
»Bleibt noch der Dienstagabend«, sagte Eva unbeeindruckt. »Haben Sie an dem Abend das Haus verlassen?«
»Nein.« Die Antwort kam fast dumpf.
»Und Ihre Frau war zu Hause und kann das bestätigen?«
»Natürlich.«
Was auch immer das wert ist, dachte Eva grimmig. »Gut, das war es dann für den Augenblick«, erklärte sie laut. »Außer, Sie haben uns doch noch mehr zu erzählen?«
Er sah ihr mit ausdrucksloser Miene ins Gesicht. »Nein, habe ich nicht«, sagte er höflich, schon wieder völlig beherrscht.
Im Vorzimmer hatte sich Werner nicht zurück auf den Bürostuhl gesetzt, sondern lehnte gegen die Tischkante. Er wandte sich mit einem Gesichtsausdruck, in dem sich Beunruhigung und Verwirrung mischten, an Rainer. »Entschuldigen Sie, ist – ist denn etwas nicht in Ordnung?«
Der zuckte mit den Schultern. »Wir führen nur Ermittlungen durch. Reine Routine.« Er klang nicht so, als ob er von seinen eigenen Worten überzeugt wäre, und der Blick, mit dem der andere ihn bedachte, wirkte auch nicht, als ob ihn diese Antwort zufrieden stelle. Die beiden Polizeibeamten verließen die Surfschule Windsbraut und gingen schweigend in Richtung Strand. Zu Rainers Überraschung brach Eva plötzlich in ein leises Lachen aus.
»Ähm? Kannst du mich vielleicht mal aufklären?«
Das brachte sie noch mehr zum Lachen. »Du scheinst es nötig zu haben«, meinte sie. »Hast du echt nicht gemerkt, wie dich der gute Werner angeschaut hat? Stockschwul, der Sportsfreund.«
Ihr Kollege runzelte zweifelnd die Stirn, aber Eva fuhr ungerührt fort: »Und es würde mich nicht wundern, wenn die zwei da was am Laufen hätten.«
Diesmal musste Rainer lachen. »Also komm«, protestierte er. »Der Werner, okay, jetzt, wo du’s sagst, das könnte sein. Aber Kahlert? Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Wie kommst du darauf?«
Eva zuckte mit den Schultern. »Irgendwas an dem Gespräch zwischen den beiden ist mir komisch vorgekommen. Warum war Werner so unsicher? Und dieser fragende Ton … als ob er sich die ganze Zeit gefragt hätte, ob er jetzt die Wahrheit sagen soll oder nicht.«
Die beiden setzten sich auf eine Bank mit Blick auf den See, und Eva zündete sich eine Zigarette an. »Also, was meinst du?«, fragte sie.
Die Wolken waren aufgebrochen, ein paar Sonnenstrahlen blitzten auf dem ruhigen Wasser. In der Ferne konnten sie den Kopf eines Schwimmers sehen – wahrscheinlich arbeitete der Rentner im Thermoanzug immer noch unbeirrt an seiner Fitness.
Rainer hob ein paar Kieselsteine auf und begann, sie möglichst weit wegzuschnalzen. »Tja. Gute Frage. Komisch ist der Kahlert schon. Und die Geschichte klingt auch nicht ganz astrein. Aber viel schlauer als vorher sind wir jetzt auch nicht, oder?«
»Nein«, stimmte sie bitter zu. »Er hat bei der Befragung keine gute Figur gemacht, und vom Typ her passt er. Bei dem kann ich mir gut vorstellen, dass er auf Garagendächer springt. Aber wir haben nichts, was uns weiterbringt. Verflixt, Rainer, irgendwas muss er doch gesagt haben, was nicht stimmen kann. Komm, irgendeinen Widerspruch werden wir doch finden.«
Der nächste Kiesel landete mit einem enttäuschend leisen Platschen im seichten Wasser. Rainer dachte nach. »Alibis. Wir sollten die Frau fragen, und im Zweifelsfall beim Werner noch mal nachhaken. Wenn es stimmt, dass Kahlert um halb acht hier war, wird es natürlich knapp mit der Baarer-Weiher. Aber vielleicht ist er schon vorher da gewesen – oder er ist um halb acht aufgetaucht, um sich von seinem Mitarbeiter sehen zu lassen, und dann noch mal weggefahren. Wie lang wird man nach Roth brauchen, was meinst du?«
»Halbe Stunde. Ich trau dem Mann nicht, Rainer, der ist mir so was von suspekt. Erst ganz ruhig, und dann plötzlich so aggressiv. Und außer der Hofmann ist er der Einzige, der so nah am Opfer dran war, zeitlich und örtlich. Er hat mir sogar gesagt, dass er Kronauer gesehen hat, am Dienstag, nachdem er wieder von der Hofmann weg ist.«
»Die Geschichte mit der Flucht dürfte jedenfalls stimmen«,
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