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Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai

Titel: Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Francesco Sorti
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tausend Gemälde aus allen Zeiten und Orten angesehen haben –, dass es wegen dieser schmalen und kühn positionierten linken Hand (die nicht Papst Alexander VI. gehört) ein echtes Unikum im Panorama der mittelalterlichen und modernen Malerei darstellt. Die Vermutung, dass sich auch in diesem Gemälde eine dezidiert blasphemische Absicht ausdrückt, die jedoch gegen eine andere Person gerichtet ist, erscheint als die am wenigsten unwahrscheinliche. Doch das Geheimnis bleibt noch zu klären.

    Der Plan Alexanders VI. einer großen Reform der Kirche

    Verleumder, Fälscher und willfährige Historiker. Ist es möglich, dass über mehrere Jahrhunderte hinweg kontinuierlich ein solches Heer gegen den Borgia-Papst mobilisiert wurde? Wenn es so war, muss der Einsatz wirklich hoch gewesen sein. Die Antwort liegt im Werk Alexanders VI. oder genauer, in dem, was er plante, was aber unausgeführt blieb.
    Das Projekt einer radikalen Kirchenreform, das der Borgia-Papst mehrmals zu verwirklichen versuchte, hätte der entstehenden protestantischen Reform den Boden unter den Füßen weggezogen. Wie erst Iligi und dann Ciolek Salai erklären, bereitete der Papst eine Reform der Kirche und des Klerus vor. Alexander VI. hatte sowohl in Rom als auch in anderen christlichen Ländern bereits Vorkehrungen für zahllose Verbesserungsmaßnahmen getroffen: In den letzten drei Jahren seiner Regierung hatte er in Frankreich, Deutschland und Spanien Kardinäle ernannt, die von ihm ermächtigt wurden, den Klerus zu reformieren, und zwar vor allem den der Klöster und Ordensgemeinschaften. In Österreich hatte er den Oberen aller religiösen Institutionen Anweisungen gegeben, die Exzesse und Ausschweifungen ihrer Untergebenen zu unterdrücken. In Irland hatte er eine Synode einberufen, um die Moralität des religiösen Lebens zu verbessern. In Italien hatte er den Ordensleiter der Kamaldulenser beauftragt, dafür zu sorgen, dass das Leben in den Klöstern wieder der alten Ordensregel gehorchte. In sehr vielen Fällen versuchte er, durch persönliche Schreiben Missstände abzuschaffen oder zu verhüten – allein an die Franziskanerpatres richtete er zu diesem Zweck nicht weniger als vierundachtzig Briefe. 1501 hatte der Minoritenorden auf Druck des Papstes eine Reihe interner Reformen durchgeführt, die nach ihrem Anreger benannt wurden: «Alexandrinische Reform». Im Jahr zuvor hatte Papst Borgia mit der Bulle «Admonet nos» die Reform aller Männer- und Frauenorden in ganz Deutschland befohlen.
    Im Allgemeinen verschweigen die Historiker dieses Werk Rodrigo Borgias, da es nicht zu der «schwarzen Legende» um seine Person passt. Doch die zahllosen, nahezu pedantischen Reformmaßnahmen, die er einleitete, sind von De Roo in den Archiven halb Europas mit Geduld ausfindig gemacht worden und nehmen im dritten Band seines Werks über 120 Seiten ein. Nicht zufällig fanden während der Regierungszeit des Borgia-Papstes ungewöhnlich viele Konzile und Synoden statt, auf denen es um die Reformvorhaben und die moralische Verbesserung des Klerus ging: von Ungarn über Polen, Island, Litauen bis zu Portugal und den Kanarischen Inseln.
    Was jedoch wirklich gebraucht wurde, war eine umfassende Strategie, die die Leitlinien für eine einheitliche, allgemeine Reform der Kirche festlegte, und zwar vor allem mit Blick auf Deutschland und Holland, wo die größte Unzufriedenheit gärte, wie Papst Borgia wusste. Auf deutschem Boden gehörten fast alle Bischöfe und Äbte zum Adel, dessen sorglosen Lebensstil sie teilten, womit sie zum schlechten Vorbild für das Verhalten der niederen religiösen Ränge wurden. In der Diözese Straßburg (vgl. De Roo, Bd. III, S. 87) hatte man schon seit langer Zeit keine Mitra mehr gesehen, und vom Volk wurde sie mitnichten verlangt. Am Beginn der Reformmaßnahmen waren mindestens achtzehn deutsche Diözesen und Erzdiözesen in der Hand weltlicher Fürsten, die danach trachteten, ihre politische Machtstellung durch die Unabhängigkeit von Rom zu sichern.
    Schon 1497 hatte Alexander VI. eine aus sechs Kardinälen und ihm selbst bestehende Kommission einberufen, zu der später weitere Kardinäle und Prälaten hinzukamen. Anfangs versammelte die Gruppe sich jeden Morgen. Von dieser Vorbereitungsarbeit gibt es Berichte (De Roo, Bd. III, S. 172 fr.) in zwei Kodizes der Vatikanischen Bibliothek. Der strenge Ruf der sechs Kardinäle bereitete den widerspenstigen deutschen Fürsten schon bald schlaflose Nächte, und die Kommission

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