Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
– sie hat sie auch absichtlich verheimlicht. Dass die offiziellen akademischen Kreise die Thesen von Hochart und Wiener (Letzterer war ein bekannter und geschätzter Wissenschaftler, außerdem Vater des Nobelpreisträgers Norbert Wiener, des Begründers der Kybernetik) nicht anerkennen wollen oder sie vielleicht schlicht und einfach fürchten, geht deutlich aus der Zensur hervor, der ihre Arbeiten zum Opfer fielen. Ein besonders offensichtliches Beispiel ist die vollständigste, kritische Ausgabe der Germania , die angesehene Teubneriana ( Germania. Interpretiert, herausgegeben, übertragen, kommentiert und mit einer Bibliographie versehen von Allan A. Lund , Heidelberg 1988). Der renommierte Philologe Lund listet im gewaltigen bibliographischen Apparat nahezu die gesamte einschlägige wissenschaftliche Literatur auf: Hunderte von Büchern, Artikeln und Texten zum universitären und sogar schulischen Gebrauch, in zahlreichen Sprachen. Die einzigen Titel, die bei Lund fehlen, sind ausgerechnet die – offensichtlich unbequemen – Arbeiten von Ross, Hochart und Wiener; eine veritable intellektuelle Gewalttat. Und mit dem Phänomen der Gewalt hat der deutsche Wissenschaftler sich beschäftigt, da er der Verfasser eines Werkes über die Rezeption von Tacitus’ Germania im Hitlerregime war ( Germanenideologie im Nationalsozialismus: Zur Rezeption der Germania des Tacitus im Dritten Reich , Heidelberg 1995).
Die Frage der Echtheit des Tacitus-Textes ist ein regelrechtes Tabu, bei dem unklar ist, ob man es auf eine militante Auffassung der Philologie oder andere, unsichtbare ideologische Zwänge zurückführen soll.
Auch die Datierung des Hersfelder Kodex (9. Jahrhundert), der aus guten Gründen als Archetyp aller handschriftlichen Kopien der Germania gilt, löst das Problem nicht. Man hat behauptet, einer der Beweise für die «antike Qualität» der Germania sei die Tatsache, dass Rudolf von Fulda in seinen auf das 9. Jahrhundert zurückgehenden Annales daraus zitiert (es ist das einzige Zitat aus so alter Zeit). Um diesen Beweis anzuzweifeln, muss man sich nicht unbedingt so radikalen Thesen anschließen wie denen des deutschen Wissenschaftlers Heribert Illig ( Das erfundene Mittelalter , Düsseldorf 1996; ders. Wer hat an der Uhr gedreht? , München 2000, außerdem zahlreiche Publikationen in Fachzeitschriften), der nach einer minutiösen interdisziplinären Forschungsarbeit zu dem Schluss kommt, das 7. 8. und 9. Jahrhundert seien reine Erfindung, weshalb er vorschlägt, sie aus der offiziellen Chronologie zu streichen. Es genügt schon, sich vorzustellen (doch seltsamerweise hat es keiner je getan), dass jemand die Stelle der Germania , die bei Rudolf von Fulda zitiert wird, aus dessen Annales entnommen haben könnte, statt umgekehrt. Das Zeugnis Rudolfs jedenfalls klärt nichts, bedenkt man, dass dem Mönch aus Fulda, wie schon seinem Lehrer Rabanus Maurus zahlreiche schwerwiegende Fälschungen zur Last gelegt werden. Dazu werfe man einen Blick in das große, sechsbändige Werk, in dem die Beiträge des ersten (und letzten) großen Kongresses über Fälschungen im Mittelalter 1968 in München gesammelt sind: Fälschungen im Mittelalter. Internationaler Kongreß der Monumenta Germaniae Historica, München 16.-19. September 1986 , Hannover 1990, Bd. III. S. 100, 104, 337ff.
Die Teutschen
Wer mehr über Diebold Lauber, seine Werkstatt und die dort gedruckten Werke erfahren will (oder den gehörnten Moses sehen möchte, den Salai in den Papieren Burkards findet), kann die ausgezeichnete Webseite konsultieren, die anlässlich einer Ausstellung über Lauber und die Scriptoria im deutschsprachigen Raum von der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg erstellt wurde ( http://www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fach info/www/kunst/digi/lauber/).
Die Informationen über die Aktivitäten der deutschen Bankiersfamilie Fugger in der Papststadt während der Jahre Alexanders VI. treffen alle zu, wie man nachlesen kann bei A. Schulte, Die Fugger in Rom 1495-1523 , Leipzig 1904. Wie Schulte zeigt (S. 21), ereignete sich in den Geschäftsbeziehungen, die die deutsche Familie zum Vatikan unterhielt, zwischen 1499 und 1501 etwas Ungewöhnliches. Zu jener Zeit wurde über das große Darlehen für den Krieg Alexanders VI. gegen die Türken verhandelt, gleichzeitig jedoch verschwanden die Rechnungen über die finanziellen Transaktionen mit dem Heiligen Stuhl: Die entsprechenden Papiere aus diesen Jahren fehlen im vatikanischen
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