Salambo
Schild aus Flusspferdhaut. Sie machten am FuÃe der Totenstadt an der Lagune Halt.
Als die Libyer vorgerückt waren, erblickte man an der Stelle, wo sie gestanden hatten, eine Masse Neger, die wie eine schwarze sich am Boden hinwälzende Wolke aussahen. Sie waren aus dem weiÃen und schwarzen Harudsch, der augylischen Wüste, ja selbst aus dem fernen Agazymba gekommen, einem groÃen Reich, das hundertundzwanzig Tagereisen und noch weiter südlich von den Garamanten lag. Mit ihren Schmuckstücken aus rotem Holz und ihrer schmutzigen schwarzen Haut glichen sie reifen Maulbeeren, die lange im Staube gerollt sind. Sie trugen Hosen aus Rindenfasern, Röcke aus getrockneten Gräsern und die Köpfe wilder, die Rachen aufsperrender Tiere. Indem sie wie Wölfe heulten, schwenkten sie Stangen, an denen Metallringe klirrten, und Kuhschwänze, die wie Wimpel an Stöcken flatterten.
Hinter den Numidiern, Maurusiern und Gätulern drängten die gelbfarbigen Männer aus den jenseits von Taggir gelegenen Zedernwäldern heran. Köcher aus Katzenfell hingen auf ihrem Rücken. Sie führten an Leinen riesige Hunde, die so groà waren wie Esel und nicht bellten.
Aber als ob Afrika noch nicht genügend Menschen gespendet und als ob man, um alle bösen Triebe zu versammeln, selbst der Hefe der Völker bedurft hätte, sah man hinter allen diesen noch blödsinnig grinsende Menschen mit Schafsprofilen, Elende, die durch widerliche Krankheiten entstellt waren, verkrüppelte Zwerge, Mischlinge von zweifelhaftem Geschlecht, Albinos, die mit roten Augen in die Sonne blinzelten. Sie stammelten unverständliche Laute und steckten die Finger in den Mund, zum Zeichen, dass sie Hunger hätten.
Der Wirrwarr der Waffen war nicht geringer als das Chaos der Trachten und Völker. Kein Mordwerkzeug fehlte, von den hölzernen Dolchen, den Steinbeilen und elfenbeinernen Dreizacken bis zu den langen, dünnen, sägeartig gezähnten Säbeln, die aus biegsamen Kupferstreifen gefertigt waren. Man schwang Säbel, die wie Antilopenhörner in mehrere Spitzen ausliefen, Messer, die an einem langen Strick befestigt waren, eiserne Triangel, Keulen und Kolben. Die Ãthiopier vom Bambofluss trugen kleine vergiftete Dolche im Haar versteckt. Manche hatten Steine in Säcken mitgebracht. Andere waren mit leeren Händen gekommen und fletschten die Zähne.
Ein unaufhörliches Wogen ging durch diese Massen. Dromedare, wie Schiffe über und über mit Teer bestrichen, rissen die Weiber um, die ihre Kinder auf dem Rücken trugen. Mundvorräte fielen aus Körben. Man trat auf Salzstücke, Säckchen mit gedörrtem Speck, verdorbene Datteln und Gurunüsse. Zuweilen sah man auf einer von Ungeziefer starrenden Brust an einer dünnen Schnur Diamanten, nach denen Satrapen gefahndet hätten, fabelhafte Steine, die ein Königreich wert waren. Die meisten wussten kaum, was sie eigentlich wollten. Ein rätselhafter Zauber, die Gier nach Neuem, trieb sie her. Nomaden, die noch nie eine Stadt gesehen, empfanden Furcht vor dem Schatten der Mauern.
Die Landenge war von der Menschenmenge völlig bedeckt, und diese breite Masse, aus der die Zelte hervorragten wie die Häusergiebel bei einer groÃen Ãberschwemmung, dehnte sich bis zu den ersten Zeltreihen des waffenstarrenden eigentlichen Söldnerlagers, das zu beiden Seiten des hohen Aquädukts planmäÃig aufgeschlagen war.
Die Karthager waren noch voller Entsetzen über das Erscheinen ihrer Feinde, da sahen sie schon, gleich Ungeheuern oder wandelnden Häusern, die von den tyrischen Städten geschickten Belagerungsmaschinen mit ihren Masten, Tauen, Hebeln, Hauben und Schutzschilden geradewegs auf sich zukommen: sechzig Lafettengeschütze, achtzig Schleudergeschütze, dreiÃig Steinschleudern, fünfzig Sturmkrane, zwölf gröÃere Widder und drei besonders schwere Ballisten, die Felsblöcke im Gewicht von sieben bis acht Zentnern schleudern konnten. GroÃe Menschenhaufen, gegen die Untergestelle der Maschinen gestemmt, schoben sie vorwärts. Bei jedem Schritt erzitterten sie. So gelangten sie vor die Mauern.
Es bedurfte jedoch noch mehrerer Tage, ehe man die Vorbereitungen vollendet hatte. Die durch ihre Niederlagen gewitzigten Söldner wollten sich nicht in nutzlosen Kämpfen opfern. Man hatte beiderseits keine Eile, wohl wissend, dass der Kampf furchtbar werden und mit Sieg oder
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