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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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völliger Vernichtung enden musste.
    Karthago konnte lange Widerstand leisten. Seine breiten Mauern hatten eine Reihe vorspringender Bastionen; zur Abwehr von Stürmenden war das sehr vorteilhaft.
    Nach der Totenstadt zu war freilich ein Teil der Mauer eingestürzt, und in dunklen Nächten sah man durch die verfallenen Stellen die Lichter in den Hütten von Malka, die hie und da höher lagen als die Wälle.
    Hier hausten auch die von Matho vertriebenen Weiber der Söldner mit ihren neuen Gatten. Als sie ihre alten Männer wieder sahen, konnten sie nicht widerstehen. Sie winkten von weitem mit ihren Tüchern, kamen dann in der Dunkelheit an die Mauerlücken, um mit den Söldnern zu plaudern, und eines Morgens wurde dem Großen Rat vermeldet, dass sie allesamt entflohen waren. Die einen hatten sich zwischen den Steinen hindurchgezwängt, andere, beherztere, sich an Stricken hinab gelassen.
    Dann beschloss Spendius, einen Plan auszuführen, den er sich schon seit längerem zurecht gelegt hatte.
    Der Krieg, der ihn von Karthago ferngehalten hatte, hatte ihn bisher daran gehindert, und seitdem er wieder vor der Stadt lag, schien es ihm, als ob die Einwohner sein Vorhaben ahnten. Bald jedoch verminderten sie die Posten auf dem Aquädukt. Man brauchte die Leute zur Verteidigung der Mauern.
    Der einstige Sklave übte sich mehrere Tage lang im Bogenschießen, indem er auf die Flamingos am Haff jagte. Dann, an einem mondhellen Abend, bat er Matho, mitten in der Nacht ein großes Strohfeuer anzünden und gleichzeitig seine Leute ein lautes Geschrei erheben zu lassen. Begleitet von Zarzas ging er sodann am Ufer entlang, in der Richtung auf Tunis.
    In Höhe mit dem letzten freistehenden Bogen des Aquädukts bogen sie nach rechts und gingen stracks auf ihn zu. Das Terrain bot keine Deckung. Sie krochen bis an den Unterbau der Pfeiler.
    Die Posten oben auf der Plattform schritten ruhig auf und ab.
    Nun loderten in der Ferne hohe Flammen von den Strohfeuern auf und Trompeten erklangen. Die Posten glaubten, der Feind mache einen Sturmangriff, und eilten der Stadt zu.
    Ein einziger war zurückgeblieben. Er hob sich schwarz vom Himmel ab. Der Mond stand gerade hinter ihm, und der riesige Schatten des Mannes fiel weit über die Ebene, einem wandelnden Obelisken gleich.
    Die beiden Söldner warteten, bis der Posten schräg über ihnen stand. Da griff Zarzas nach seiner Schleuder. Doch aus Vorsicht hielt Spendius ihn zurück.
    â€žNicht doch! Das Schwirren der Tonkugel macht zu viel Lärm! Ich will es tun!“
    Er spannte seinen Bogen mit aller Kraft und stellte das untere Ende gegen die große Zehe seines linken Fußes. Dann zielte er. Der Pfeil flog ab.
    Der Mann fiel nicht herunter, aber er verschwand. „Wäre er verwundet, so würden wir ihn hören!“ meinte Spendius.
    Mit Hilfe eines Seiles und einem Haken, ganz wie das erste Mal, kletterte er nun eilig von Stockwerk zu Stockwerk hinauf. Als er oben neben dem Erschossenen stand, ließ er das Seil hinab. Der Balearier band einen Hammer und eine Hacke daran und kehrte in das Lager zurück. Die Trompeten waren verstummt. Alles war wieder ruhig. Spendius hatte eine der Steinplatten aufgehoben, war ins Wasser gestiegen und hatte den Gang über sich wieder geschlossen.
    Indem er die Entfernung nach der Zahl seiner Schritte berechnete, gelangte er zu einer bestimmten Stelle, wo er beim letzten Mal einen kleinen senkrechten Spalt in der Mauer bemerkt hatte. Dort arbeitete er drei Stunden lang bis zum Morgen ununterbrochen und fanatisch, wobei er durch die Fugen der Deckplatten mühsam Luft schöpfte, öfters von Atemnot befallen wurde und sich zwanzig mal dem Tode nahe glaubte. Endlich krachte es. Ein riesiger Steinblock stürzte, von Stockwerk zu Stockwerk fallend, hinab, und plötzlich ergoss sich ein Katarakt, ein voller Wasserstrom aus den Lüften hinab in die Ebene. Die durchbrochene Wasserleitung entleerte sich. Das war der Tod für die Stadt und der Sieg für die Barbaren!
    Bald darauf waren die Karthager alarmiert und erschienen auf den Mauern, den Häusern, den Tempeln. Die Barbaren stürzten laut jubelnd herbei. Wie rasend umtanzten sie den großen Wasserfall und tauchten im Übermaß ihrer Freude die Köpfe in die Fluten.
    Auf der Höhe des Aquädukts bemerkte man einen Mann in brauner, zerrissener Tunika. Die Hände in die Hüften gestemmt, beugte er sich

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