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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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zum Packen der Widder „Wölfe“ hießen und die bedeckten Gänge „Weinlauben“, so nannten sie sich selbst die „Lämmer“, oder sie scherzten, es gehe „zur Weinlese“. Beim Spannen der Onager riefen sie: „Los! Schlag mal tüchtig aus!“ und zu den Skorpionen: „Stich mal feste!“ Diese Späße – immer dieselben – hielten ihren Mut aufrecht.
    Doch die Geschütze vermochten keine Bresche in die große Mauer zu schlagen. Sie bestand eigentlich aus zwei Mauern, mit Erde dazwischen. Man zerstörte zwar die oberen Teile, doch die Belagerten besserten sie immer wieder aus. Matho befahl, Holztürme zu bauen, ebenso hoch wie die steinernen der Stadtbefestigung. Man warf Rasenstücke, Balken, große Steine, ganze Karren Sand samt ihren Rädern in den Graben, um ihn möglichst rasch zu füllen. Und noch ehe er ganz zugeschüttet war, wogte eine ungeheure Menge von Barbaren mit einem Male von der Landenge her und brandete gegen den Fuß der Mauern, wie ein überschäumendes Meer.
    Man brachte Holzleitern, Strickleitern und Fallbrücken, die Sambuken heran. Diese bestanden aus zwei Mastbäumen, von denen sich an Tauen und Leitrollen eine bewegliche Brücke herabsenkte. Man brachte eine Reihe solcher Sturmbrücken an die Mauer heran und ließ die Brücken im geeigneten Moment auf die Zinnen fallen. Die Söldner stiegen sodann einer hinter dem anderen mit Waffen in der Hand die schräge Brücke hinauf. Kein Karthager zeigte sich. Schon waren die Vordersten ziemlich nahe den Zinnen, da belebten sich diese und spien gleich Drachenschlünden Feuer und Rauch aus.
    Sandmassen flogen herab und drangen den Sturmkolonnen zu Füßen der Mauer durch die Ritzen der Rüstungen. Siedendes Steinöl floss über die Kleider, flüssiges Blei rann über die Helme und brannte Löcher ins Fleisch. Ein Funkenregen spritzte in die Gesichter, und leer gewordene Augenhöhlen schienen mandeldicke Tränen zu weinen. Männern, die mit Öl begossen worden waren, brannten die Haare. Sie begannen zu laufen und steckten die anderen auch in Flammen. Man erstickte sie, indem man ihnen von weitem blutgetränkte Mäntel überwarf. Manche, die unverwundet aussahen, blieben unbeweglich und steifer als Pfähle mit offenem Munde und ausgestreckten Armen stehen.
    Mehrere Tage hintereinander wurde der Sturm immer wieder erneuert. Die Söldner hofften durch ein Übermaß von Kraft und Kühnheit zu siegen.
    Hier und da sprangen Männer auf die Schultern der anderen, bohrten eiserne Stäbe in die Steinfugen, benutzten sie als Sprossen zum Hinaufklettern, wobei sie einen zweiten und dritten einbohrten. Dadurch gelangten sie, durch die vorspringende Mauerkrone über ihnen geschützt, allmählich empor. Doch aus einer gewissen Höhe stürzten sie rettungslos herab. Der große Graben war bald bis über den Rand mit Leichen gefüllt. Unter den Füßen der Lebenden lagen Verwundete, Tote und Sterbende bunt durcheinander. Zwischen herausquellenden Eingeweiden, verspritztem Hirn und Blutlachen starrten halb verkohlte Stümpfe wie schwarze Flecken. Arme und Beine ragten halb aus Leichenhügeln hervor, wie Pfähle in einem ausgebrannten Weinberg.
    Da man mit den Sturmleitern und Fallbrücken nichts ausrichtete, begann man die Tollenonen zu gebrauchen, Gerüste mit einem langen Kran, der einen großen viereckigen Korb dirigierte, in dem dreißig Mann samt ihren Waffen Platz finden konnten.
    Matho wollte in den ersten dieser Sturmkrane steigen, der bereit war; aber Spendius hielt ihn zurück.
    Die Bedienungsmannschaft drehte an der Winde. Der Korb schwebte langsam in die Höhe. Die Soldaten darin duckten sich eng aneinander, bis ans Kinn versteckt. Nur die Helmfedern sahen hervor. Als der Korb 15 Meter hoch in der Luft schwebte, drehte er sich, dann senkte er sich ein wenig, wie ein Riesenarm, der auf seiner Hand eine Schar von Zwergen trägt, und setzte schließlich den mit Menschen gefüllten Korb oben auf der Stadtmauer ab. Die Soldaten stürzten sich auf die Gegner - und kehrten niemals zurück.
    Flugs wurden auch die übrigen Tollenonen aufgestellt. Doch um die Stadt zu erobern, hätte man hunderte mehr haben müssen. Man gebrauchte sie nun auf eine mörderische Weise. Äthiopische Bogenschützen stiegen in die Körbe und wurden hochgezogen. Nachdem man die

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