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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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Feldherren geschickt hatte, waren nicht zurückgekehrt. Jetzt aber kamen Flüchtlinge an, die von Hannos Niederlage berichteten.
    Hamilkar begab sich unverzüglich auf einen erhöhten Punkt, um sich über die neue Lage zu vergewissern. Er sah Hannos Lager in Brand, aber ein Windstoß trieb den Rauch auseinander und machte ihm den Blick frei bis zu den Mauern von Karthago. Er glaubte sogar Leute zu erkennen, die auf der Plattform des Eschmun-Tempels Ausschau hielten. Dann wandte er den Blick mehr nach links und erkannte am Ufer des Haffs die dreißig riesigen Kreuze.
    Die Barbaren hatten sie nämlich, um den grausigen Eindruck zu erhöhen, aus aneinander montierten Zeltmasten errichtet, und so ragten die dreißig Leichen der Alten hoch in den Himmel. Auf ihrer Brust schimmerte etwas wie weiße Schmetterlinge. Es war das Gefieder der Pfeile, die man von unten auf sie abgeschossen hatte.
    An der Spitze des höchsten Kreuzes glänzte ein breites goldenes Band. Es hing auf die Schulter des Gekreuzigten hinab. Der Arm fehlte der Leiche auf dieser Seite. Hamilkar hatte Mühe, Hanno zu erkennen. Die schwammigen Knochen des Gerichteten waren an den Eisennägeln nicht fest hängen geblieben. Teile seiner Gliedmaßen hatten sich losgelöst, und so hingen am Kreuz nur unförmige Bruchstücke, Tierresten ähnlich, die sich Jäger an ihre Türen zu nageln pflegen.
    Das Heer Hamilkars war angesichts dieses unerwarteten Unglücks wie betäubt. Es hörte nicht auf Hamilkars Befehle.
    Matho benutzte diese Untätigkeit, sich nunmehr gegen die Numidier zu wenden. Naravas bemerkte den Ausfall Mathos rechtzeitig. Wohl war er mit seinen Reitern und Elefanten nach Südwesten vorgerückt, um Hamilkar den Rücken zu decken. Mehr aber tat er nicht. War es aus Hinterlist gegen Hanno oder aus Beschränktheit? Man hat es nie erfahren.
    Jetzt geriet er mit Matho ins Gefecht. Die numidischen Elefanten rückten an. Aber die Söldner machten sich Fackeln und rückten, sie schwenkend, in die Ebene vor. Die mächtigen Tiere scheuten und rannten nach rückwärts in den Golf, wo sie um sich schlugen und sich gegenseitig töteten oder unter der Last ihrer Panzer ertranken.
    Auch seine Reiterei setzte Naravas in Bewegung. Die Söldner warfen sich jedoch mit den Gesichtern auf den Boden, und als die Pferde auf drei Schritt heran waren, sprangen sie ihnen unter die Bäuche und schlitzten sie mit Dolchstößen auf. Als Barkas endlich herbeikam, war bereits die Hälfte der Numidier gefallen.
    Erschöpft, wie sie waren, vermochten die Söldner Hamilkars Truppen keinen Widerstand mehr zu leisten. Sie zogen sich daher in guter Ordnung nach dem Berg der Heißen Wasser zurück. Der Sufet war so klug, sie nicht zu verfolgen. Er gab die Belagerung von Tunis auf und wandte sich nach der Makar-Mündung.
    Die Kadaver der numidischen Elefanten trieben, vom Winde geführt, am Gestade des Golfes hin, wie schwarze schwimmende Inseln. Um den Krieg mit Nachdruck zu unterstützen, hatte Naravas seine Wälder erschöpft. Er hatte die jungen und die alten Tiere, die Männchen und die Weibchen genommen. Diese kriegerische Kraft seines Reiches erholte sich nie wieder.
    Das karthagische Volk hatte die Elefanten von weitem umkommen sehn und war untröstlich darüber. Männer jammerten auf den Straßen und riefen ihre Namen wie die verstorbener Freunde: „Ach, der Unbesiegbare! Der Sieg! Der Blitz! Die Schwalbe!“ Am ersten Tag sprach man von ihnen mehr als von den gefallenen Bürgern. Doch am nächsten Tage erblickte man die Zelte der Söldner am Berg der Heißen Wasser. Da wurde die allgemeine Verzweiflung so groß, dass sich viele, vor allem Frauen, kopfüber von der Akropolis hinabstürzten.
    *
    Hamilkars Pläne kannte keiner. Er lebte einsam in seinem Zelt. Nur ein kleiner Knabe war um ihn. Niemand aß mit den beiden, nicht einmal Naravas. Gleichwohl zeigte ihm der Feldherr seit Hannos Niederlage ungewöhnliche Höflichkeit. Der Numidierfürst begehrte zwar nichts sehnlicher, als Hamilkars Schwiegersohn zu werden, aber er war trotzdem misstrauisch.
    Des Marschalls scheinbare Untätigkeit verdeckte in der Tat schlaue Machenschaften und Absichten. Durch allerhand Kunstkniffe gewann er die Dorfältesten und die Söldner wurden gejagt, vertrieben und umstellt wie wilde Tiere. Wenn sie in ein Gehölz kamen, begann es zu brennen,

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