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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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wenn sie aus einer Quelle tranken, war sie vergiftet. Man vermauerte die Höhlen, in denen sie nachts lagerten. Die Nomadenstämme, ihre früheren Verbündeten, die bisher auf ihrer Seite gestanden hatten, wurden jetzt die Verfolger der Söldner. Man bemerkte bei diesen Banden stets karthagische Rüstungen.
    Viele Barbaren hatten im Gesicht rote Flechten. Man munkelte, das sei durch die Berührung von Hannos Leib entstanden. Andere bildeten sich ein, es wäre die Strafe dafür, dass sie Salambos Fische gegessen hätten. Doch weit entfernt, Reue darüber zu empfinden, sannen sie auf noch abscheulichere Frevel, um die punischen Götter noch mehr zu beschimpfen. Man hätte sie am liebsten ausgerottet.
    So zogen die Barbaren drei Monate lang an der Ostküste hin und dann über die Sellumer Berge hinaus bis zum Rande der Wüste. Man suchte einen Zufluchtsort, gleichviel wo. Nur Utica und Hippo-Diarrhyt waren treu geblieben. Doch beide Städte wurden von Hamilkar belagert. Deshalb zog man schließlich auf gut Glück wieder nach Norden, ohne die Straßen zu kennen. Das lange Elend hatte die Köpfe schwachsinnig gemacht. Man empfand nichts mehr als eine immer wachsende Erbitterung. Eines Tages waren die Söldner wieder in den Schluchten von Kobus, abermals vor Karthago.
    Nun wurden die Scharmützel häufiger. Das Kriegsglück war wechselhaft. Doch Freund wie Feind war derart erschöpft, dass man auf beiden Seiten anstatt dieser kleinen Kämpfe eine große Schlacht herbeiwünschte. Man sehnte sich nach der letzten Entscheidung.
    Matho hatte Lust, diesen Vorschlag dem Marschall persönlich zu überbringen. Aber einer seiner Libyer übernahm das Wagnis. Als man ihn abziehen sah, waren alle überzeugt, dass er nie wiederkäme.
    Er kehrte noch am selben Abend zurück.
    Hamilkar nahm die Herausforderung an. Man sollte sich am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang in der Ebene von Rades treffen.
    Die Söldner wollten wissen, ob Hamilkar noch etwas gesagt hätte, und der Libyer berichtete weiter:
    â€žAls ich vor ihm stehen blieb, fragte er mich, worauf ich noch wartete. Ich antwortete: ‚Dass man mich tötet!‘ Da erwiderte er: ‚Nein! Geh! Du stirbst morgen mit den anderen!‘“
    Diese Großmut verwunderte die Barbaren. Viele waren entsetzt darüber, und Matho bedauerte, dass der Bote nicht getötet worden war.
    *
    Matho hatte noch dreitausend Afrikaner, zwölfhundert Griechen, fünfzehnhundert Kampaner, zweihundert Iberer, vierhundert Etrusker, fünfhundert Samniter, vierzig Gallier und eine Schar Naffurs, das waren heimatlose Banditen, die er im Dattelland aufgetrieben hatte, insgesamt siebentausend zweihundert und neunzehn Soldaten, aber darunter keine einzige vollständige Kompanie. Die Truppen hatten die Löcher ihrer Harnische mit den Schulterblättern von Vierfüßlern geflickt und ihre Panzerstiefel durch Sandalen aus Lumpen ersetzt. Kupfer- und Eisenstücke beschwerten ihre Röcke. Ihre Panzerhemden hingen in Fetzen herab, und zwischen den Haaren ihrer Arme und Gesichter liefen die Narben wie Purpurfäden.
    Der Zorn ihrer toten Gefährten beseelte sie und vermehrte ihre Kräfte. Sie fühlten dunkel, dass sie Diener eines Gottes waren, der in den Herzen der Unterdrückten waltete, und hielten sich für die heiligen Werkzeuge der allgemeinen Rache. Auch versetzte sie die maßlose Perfidie der Punier in Schmerz und Wut, und ganz besonders die Silhouette Karthagos am Horizont. Man schwur sich gegenseitig, bis in den Tod füreinander zu kämpfen.
    Man tötete Lasttiere und aß soviel wie möglich, um sich zu stärken. Dann schlief man ein. Manche beteten zu irgendeinem Sternenbild.
    Die Karthager kamen vor den Barbaren in der Ebene an. Sie hatten die Schildränder mit Öl bestrichen, damit die Pfeile besser abglitten. Die Infanterie, die langes Haar trug, schnitt es sich aus Vorsicht über der Stirn ab. Hamilkar ließ um die fünfte Stunde alle Feldkessel umwerfen, denn er wusste, dass es sich mit überfülltem Magen nicht gut fechten lässt. Sein Heer zählte vierzehntausend Mann, das Doppelte des Barbarenheeres. Trotzdem hatte er nie eine ähnliche Unruhe empfunden. Wenn er unterlag, so war die Republik verloren, und er selbst musste am Kreuz sterben. Siegte er hingegen, so konnte er über die Pyrenäen, Gallien und die Alpen nach Italien gelangen, und das

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