Salambo
zornig. Der einzige Verräter sei der GroÃe Rat. Dies Söldner seien sie mit dem Ende des Krieges frei geworden. Des weiteren übertrieb er ihre Tapferkeit und alle die Vorteile, die man daraus ziehen könne, wenn man sie durch Geschenke und Vorrechte wieder für die Republik gewinnen könne.
Da sagte Magdassan, ein alter Statthalter in den Provinzen, indem er seine gelben Augen rollte: âWahrlich, Barkas, du bist durch deine vielen Reisen ein Grieche oder ein Lateiner geworden, ich weià nicht was! Was redest du von Belohnungen für diese Leute? Besser, dass zehntausend Barbaren zugrunde gehen als ein einziger von uns!â
Die Alten nickten beifällig und murmelten: âJawohl, wozu so viel Rücksichten? Barbaren findet man immer!â
âUnd entledigt sich ihrer auch ganz bequem wieder, nicht wahr? Man lässt sie im Stich, wie ihr es in Sardinien getan habt. Man benachrichtigt den Feind einfach von dem Weg, den sie einschlagen müssen, wie bei jenen Galliern in Sizilien, oder man schifft sie auch wohl mitten im Meer aus. Auf meiner Heimfahrt habe ich das Felseneiland gesehen, noch ganz weià von ihren Gebeinen!â
âWelch ein Unglück!â meinte Kapuras schamlos.
âSind sie nicht hundert Mal zum Feinde übergegangen!â schrien die anderen.
âWarum rieft ihr sie denn, euren Gesetzen zuwider, nach Karthago zurück? Und als sie dann in die Stadt gekommen sind, arm und in groÃer Menge, inmitten all eurer Reichtümer, da kommt euch nicht einmal der Gedanke, sie durch die geringste Teilung zu schwächen! Ihr entlasst sie mit Weib und Kind, allesamt, ohne auch nur eine einzige Geisel zurück zu behalten! Dachtet ihr, sie würden einander morden, um euch den Schmerz zu ersparen, eure Schwüre zu halten? Ihr hasst sie, weil sie stark sind! Mich, ihren Marschall, hasst ihr noch mehr! O, ich merkte das soeben wohl, als ihr meine Hände küsstet. Ihr musstet euch sehr beherrschen, um nicht hineinzubeiÃen.â
Wären die Löwen, die drauÃen im Hofe schliefen, mit Gebrüll hereingestürzt, der Lärm hätte nicht furchtbarer sein können. Da erhob sich der Oberpriester Eschmuns, steif, die Knie gegeneinander gepresst, die Ellbogen an den Körper gedrückt und die Hände halb geöffnet.
âBarkas!â sprach er. âKarthago bedarf deiner. Du musst den Oberbefehl über die punischen Streitkräfte gegen die Barbaren annehmen!â
âIch weigere mich!â entgegnete Hamilkar.
âWir werden dir volle Gewalt geben!â riefen die Häupter der Syssitien.
âNein!â
âOhne jede Ãberwachung! Volle Selbständigkeit! Du bekommst so viel Geld, wie du forderst! Alle Gefangenen! Die ganze Beute! Vier Quadratfuà Land für jeden feindlichen Leichnam!â
âNein, nein! Weil es unmöglich ist, mit euch zu siegen!â
âEr hat Furcht!â
âWeil ihr feig, geizig, undankbar, kleinmütig und unbesonnen seid!â
âEr will die Söldner schonen!â â âUm sich an ihre Spitze zu stellen!â fügte irgendeiner hinzu. âUnd über uns herzufallen!â versetzte ein andrer.
Aus dem Hintergrunde aber brüllte Hanno: âEr will sich zum König machen!â
Da sprangen sie alle auf, warfen die Sitze und die Fackeln um. Dolche zückend, stürzten sie nach dem Altar. Doch Hamilkar griff in seine Ãrmel und zog zwei breite Messer hervor. Vorgebeugt, den linken Fuà vorgesetzt, stand er mit zusammengepressten Zähnen und flammenden Augen da, unbeweglich unter dem goldenen Kandelaber, und blickte sie trotzig an.
Aus Vorsicht hatten sie also alle Waffen mitgebracht! Das war ein Verbrechen! Erschrocken blickten sie sich gegenseitig an. Doch da alle schuldig waren, beruhigte man sich rasch, und einer nach dem anderen wandte dem Sufeten den Rücken und stieg, wütend über die Demütigung, wieder hinab. Zum zweiten Mal wichen sie vor ihm zurück. Eine Weile blieben sie so stehen. Etliche hatten sich an den Fingern verletzt und führten sie zum Munde oder wickelten sie behutsam in den Saum ihrer Mäntel.
Man wollte eben allgemein aufbrechen, da hörte Hamilkar die Worte: âPfui! Er tut es aus Rücksicht auf seine Tochter! Er will sie nicht betrüben!â
Und eine andere lautere Stimme schrie: âOhne Zweifel, denn sie wählt sich ja ihre Liebhaber unter den Söldnern!â
Einen
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