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Salambo

Salambo

Titel: Salambo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustave Flaubert
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mich geliebt, wie ihr den da geliebt habt, so wäre jetzt eitel Freude in Karthago! Wie oft hab ich euch um Hilfe angerufen! Und stets habt ihr mir das Geld verweigert!“
    â€žWir brauchten es selber!“ erklärten die Syssitienvorstände.
    â€žUnd als meine Lage zum Verzweifeln war, als wir den Urin unserer Maultiere tranken und an den Riemen unserer Sandalen nagten, als ich am liebsten Soldaten aus dem Erdboden gestampft und die Asche unserer Toten zu Heerhaufen verwandelt hätte, da rieft ihr die Schiffe zurück, die mir noch geblieben waren!“
    â€žWir durften nicht alles aufs Spiel setzen“, entgegnete Baat–Baal, der im darischen Gätulien Goldminen besaß.
    â€žWas tatet ihr indessen hier in Karthago, in euren Häusern, hinter euren Mauern? Es wohnen Gallier am Po, die ihr ermuntern solltet, Kanaaniter in Kyrene, die herbeigeeilt wären. Und während die Römer Gesandte an Ptolemäos schicken ...“
    â€žJetzt rühmt er uns die Römer!“
    Irgendjemand anders schrie ihm zu: „Wie viel haben sie dir bezahlt, damit du sie verteidigst?“
    â€žDas frage die Ebenen von Brutium, die Trümmer von Lokri, Metapont und Heraklea! Ich habe alle ihre Bäume verbrannt, alle ihre Tempel geplündert, und bis zum Tod der Enkel ihrer Enkel ...“
    â€žDu deklamierst wie ein Schulmeister der Redekunst!“ rief Kapuras, ein berühmter Kaufherr. „Was willst du denn eigentlich?“
    â€žIch sage, man muss entweder klüger oder gefürchteter sein! Wenn ganz Afrika euer Joch abschüttelt, so geschieht es, weil ihr schwächliche Herrscher seid, nicht imstande, das Joch jemandem fest in den Nacken zu drücken! Agathokles, Regulus, Scipio ... irgendein verwegener Mann braucht nur zu landen, und schon hat er das Land erobert. Und wenn sich die Libyer im Osten mit den Numidiern im Westen verbrüdern, wenn die Nomaden von Süden und die Römer von Norden kommen ...“ Ein Schrei des Entsetzens erhob sich. „Ja, dann werdet ihr an eure Brust schlagen, euch im Staube wälzen und eure Mäntel zerreißen! Dann hilft das alles nichts! Ihr werdet doch fort geschleppt werden, um in der Subura 2 die Mühlen zu drehen und auf den Hügeln von Latium Wein zu lesen.“
    Sie schlugen sich mit den Händen auf den rechten Schenkel, um ihre Entrüstung auszudrücken, und die Ärmel ihrer Gewänder blähten sich wie die großen Flügel erschrockener Vögel.
    Immer noch auf der höchsten Stufe am Altar stehend, fuhr Hamilkar in heiligem Feuer bebend und drohend fort. Er erhob die Arme, und die Strahlen der hinter ihm lodernden Flammen schossen aus seinen Fingern wie goldene Pfeile. „Ihr werdet eure Schiffe verlieren, eure Landgüter, eure Wagen, eure Hängebetten und eure Sklaven, die euch die Füße massieren! Die Schakale werden in euren Palästen hausen, der Pflug wird eure Gräber umwühlen. Man wird nichts mehr hören als den Schrei der Adler über Haufen von Ruinen! Du wirst fallen, Karthago!“
    Die vier Oberpriester streckten ihre Hände aus, um den Fluch abzuwehren. Alle waren aufgesprungen. Doch der Meer-Sufet stand als priesterliches Oberhaupt unter dem Schutz der Sonne und war unverletzlich, solange ihn der Staatsgerichtshof der Hundert nicht verurteilt hatte. Vom Altar ging ein heiliges Grauen aus. Sie wichen zurück. Hamilkar hatte aufgehört zu reden. Starren Blickes, im Gesicht bleich wie die Perlen seiner Tiara, stand er tief atmend da, fast erschrocken über sich selbst. Sein Geist verlor sich in düstere Visionen. Von seinem erhöhten Standort erschienen ihm all die Fackeln auf den ehernen Trägern wie eine mächtige Flammenkrone, die auf den Fliesen lag. Schwarzer Qualm wirbelte daraus empor und reckte sich in das Dunkel des Daches. Eine Weile war die Stille so tief, dass man das Rauschen des Meeres in der Ferne hörte.
    Dann begannen die Alten einander zu befragen. Ihr Eigentum, ja ihr Dasein war durch die Barbaren bedroht. Aber man konnte diese ohne Hilfe des Sufeten nicht niederwerfen. Das war trotz allen Stolzes schließlich maßgebend. Man nahm Hamilkars Freunde beiseite. Es gab selbstsüchtige Versöhnungen, geheime Abmachungen und feierliche Versprechen. Aber Hamilkar wollte auf keinen Fall mehr mit der Regierung zu tun haben. Alle beschworen ihn. Man flehte ihn an. Als gar das Wort „Verrat“ von neuem fiel, da wurde er

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