Salambo
blaue Lederschuhe und befahl Taanach: âGeh und sieh unter den Myrtenbäumen nach, ob da nicht ein Mann mit zwei Pferden wartet!â
Kaum war Taanach zurück, so stieg Salambo die Galeerentreppe hinunter.
âHerrin!â rief ihr die Amme nach.
Salambo wandte sich um und legte einen Finger auf den Mund, zum Zeichen, dass sie schweigen und sich nicht rühren solle.
Taanach schlich leise an den Schiffsschnäbeln vorüber an das Geländer. Im Scheine des Mondes bemerkte sie unten in der Zypressenallee einen gigantischen Schatten, der schräg zur Linken von Salambo hinhuschte. Das musste ein Vorzeichen des Todes sein!
Taanach lief in das Zimmer zurück. Dort warf sie sich lang hin, zerriss ihr Gesicht mit den Fingernägeln, raufte sich das Haar und stieà ein lautes, gellendes Geheul aus.
Dann aber kam ihr der Gedanke, man könne sie hören. Da wurde sie still und schluchzte nur noch ganz leise, den Kopf in die Hände und die Stirn auf den Boden gepresst.
***
Kapitel 11
Im Zelt
Der Mann, der Salambo führte, ritt mit ihr in der Richtung nach der Totenstadt, erst bergauf, über den Leuchtturm hinaus, dann durch die langgestreckte Vorstadt Moluya mit ihren abschüssigen Gassen. Der Himmel begann hell zu werden. Balken aus Palmenholz, die aus den Mauern herausragten, zwangen sie bisweilen, sich zu bücken. Obwohl die beiden Pferde im Schritt gingen, glitten sie doch oft aus. So gelangten sie endlich an das Tevester Tor.
Die schweren Torflügel standen halb auf. Die beiden ritten hindurch. Dann schloss sich das Tor hinter ihnen.
Zuerst zogen sie eine Zeitlang am Fuà der Festungswerke hin. Auf der Höhe der Zisternen angelangt, nahmen sie die Richtung nach der Taenia, einer schmalen Nehrung aus gelbem Sand, die den Golf vom Haff trennt und sich bis nach Rades erstreckte.
Kein Mensch war zu sehen, weder in Karthago, noch auf dem Meer oder in der Ebene. Die schiefergraue Flut brandete leise, und der leichte Wind, der mit dem Schaum spielte, jagte weiÃe Flocken meerwärts. Trotz aller ihrer Kleider und Schleier fröstelte Salambo in der Morgenkühle. Die Bewegung und die frische Luft betäubten sie. Dann aber ging die Sonne auf. Bald brannte sie ihr auf den Hinterkopf und machte sie schläfrig. Die beiden Pferde trotteten im Pass nebeneinander her. Ihre Hufe versanken lautlos im Sand.
Als sie den Berg der HeiÃen Wasser hinter sich hatten, wurde der Boden fester. Nun ritten sie in flotterer Gangart weiter.
Obwohl es die Zeit des Ackerns und Säens war, dehnten sich die Felder, soweit der Blick reichte, doch öde hin wie eine Wüste. An einzelnen Stellen lagen Haufen von Getreide unordentlich da. Anderswo fielen die Körner aus überreifen Ãhren. Am hellen Horizont hoben sich Dörfer in losen, zackigen, schwarzen Umrissen ab.
Hin und wieder standen rauchgeschwärzte Mauerreste am Rand des Weges. Die Dächer der Hütten waren eingestürzt, und im Innern sah man Topfscherben, Kleiderfetzen, allerlei Hausrat und Gegenstände zerbrochen und kaum noch kenntlich umher liegen. Oft kroch ein in Lumpen gehülltes Wesen mit erdfahlem Antlitz und flammenden Augen aus den Trümmern hervor, lief aber schleunigst wieder davon oder verschwand in irgendeinem Loch. Salambo und ihr Führer machten nirgends Halt.
Verödete Ebenen folgten einander. Weite Flächen hellgelben Bodens waren strichweise mit Kohlenstaub bedeckt, der hinter den Hufen der Pferde aufwirbelte. Bisweilen kamen sie auch an friedsamen Stätten vorüber, wo ein Bach zwischen hohen Gräsern rann; und wenn sie am anderen Ufer wieder hinauf ritten, riss Salambo feuchte Blätter ab, um sich die Hände damit zu kühlen. An der Ecke eines Oleandergebüsches machte ihr Pferd einmal einen groÃen Satz vor dem Leichnam eines Mannes, der am Boden lag.
Der Sklave setzte sie sofort wieder auf ihrem Sattelkissen zurecht. Er war einer von den Tempeldienern, ein Mann, den Schahabarim gelegentlich für gefährliche Aufgaben gebrauchte.
Der Sicherheit halber lief er fortan zu Fuà zwischen den Pferden neben Salambo und trieb die Tiere mit dem Ende eines um den Arm geschlungenen Lederriemens an. Mitunter entnahm er einem an seiner Brust hängenden Körbchen kleine Kügelchen, die aus Weizen, Datteln und Eidotter bereitet und in Lotusblätter gewickelt waren. Er reichte sie Salambo während des Gehens, ohne ein Wort zu sagen.
Gegen Mittag kreuzten
Weitere Kostenlose Bücher