Salamitaktik
installiert bekam, und er die Bilder mit ein paar Klicks zum Laufen gebracht hatte. Als sie im Anschluss daran ihre Aufgaben für den Abend festlegten, hatte er sogar ein paar ganz gute Ideen eingebracht und damit Schlaichers Zuversicht, dass doch noch alles funktionieren würde, deutlich erhöht.
Schlaicher ging zur Rolltreppe, um nach unten zu fahren. Obwohl heute Abend die Ladies Night stattfand und dafür noch einiges an Aufbauarbeiten erledigt werden musste, war das Kaufhaus ganz normal geöffnet. Er hatte vorhin einen jungen Kerl beobachtet, der immer wieder um die Bügeleisen herumgeschlichen war â verdächtiger ging es kaum â, doch mit der Durchsage hatte er ihn aus den Augen verloren. Jetzt kam der vielleicht Zwanzigjährige mit einer Verkäuferin zurück und lieà sich tatsächlich beraten. Dabei sah er aus, als sei es ihm hochnotpeinlich, ausgerechnet bei den Bügeleisen zu stehen. Wahrscheinlich ein Kaufauftrag von der Frau Mama. Lieber wäre es ihm wohl gewesen, sich ein Stockwerk tiefer bei der Technik umzuschauen. Beim Runterfahren machte Schlaicher in eben dieser Abteilung Lutz aus, der wie gebannt auf das Regal mit PC -Zubehör starrte. Er verlieà die Rolltreppe und schlich sich an.
»Hey!«, rief er aggressiv, und Lutz schreckte heftig zusammen, bevor er ihn anschaute und erleichtert grinste.
»Hey, Chef, was geht, was steht?«
Schlaichers Blick blieb ernst. »Es sieht mir ein bisschen zu sehr danach aus, dass ich gehe und du stehst. Hast du die Durchsage nicht gehört?«
»Durchsage?«
» TF zwo zur 0, die 1?«, wiederholte Schlaicher fragend.
»Ãh.« Lutz begann, seinen Zettel aus der Hosentasche zu kramen, um die Codes zu entschlüsseln.
»Dazu haben wir jetzt keine Zeit«, sagte Schlaicher etwas zu laut. Zwei Kunden schauten verwirrt zu ihnen rüber. Leiser ergänzte er: »Komm einfach mit.«
»Okilidokili«, sagte Lutz. »Null Problemo. Aber klar doch, Chef.«
»Da sind Sie ja endlich«, herrschte Gampp sie an, als sie ihn am Haupteingang trafen. Neben den ein- und ausströmenden Kunden befanden sich fünf ausnehmend gut aussehende junge Frauen dort, keine älter als vielleicht dreiundzwanzig Jahre. Sie standen neben einem groÃen Stapel von Kisten und Kartons, die in der Nähe des Kosmetikbereichs von zwei Lagermitarbeitern aufgetürmt wurden, und packten Waren aus. Bei Gampp stand eine Frau, die die jungen Damen immer wieder mit kurzen, klaren Befehlen anwies, welche Kiste zuerst auszupacken war. »Schlaicher, das ist Emanuelle Lefèvre. Die Emanuelle Lefèvre. Ich denke, ich brauche nicht zu betonen, wie glücklich wir uns schätzen, sie heute Abend bei unserer Ladies Night als Ehrengast begrüÃen zu dürfen.« Er verbeugte sich vor der nun gewinnend lächelnden Frau.
Emanuelle Lefèvre sah blendend aus. WeiÃe Zähne blitzten zwischen vollen, sinnlichen Lippen hervor, die mit einem verführerisch roten Lippenstift bemalt waren. Ihre dunkelbraunen Augen waren groà und von beeindruckend dichten Wimpern umgeben. Schulterlanges Haar umspielte das schlanke Gesicht mit der bezaubernden Stupsnase. Ein beigefarbenes Kostüm, sehr auf ihre genau richtig gerundete Figur geschnitten, vervollständigte das Bild einer Vierzigjährigen, die locker für fünfunddreiÃig durchging. Da sie hohe Absätze trug, musste sie kaum aufschauen, als ihr Blick auf den von Schlaicher traf.
»Endlich ist jemand da«, sagte sie mit einer tiefen Altstimme und ergänzte befehlsgewohnt: »Sie passen hier auf, bis meine eigene Security da ist.« Ohne Schlaicher und Lutz eines weiteren Blickes zu würdigen, wandte sie sich an Gampp und setzte wieder ihr gewinnendes Strahlen auf.
Die wenigen Worte hatten genügt, um Schlaichers anfängliche Begeisterung ihr gegenüber nachhaltig zu trüben. Ihr Lächeln war nicht echt. Und auch der Rest ihrer Erscheinung verwirrte ihn, je länger er sie anschaute. Erst auf den dritten Blick wurde ihm klar, dass ihr Gesicht so faltenlos wie das einer Zwanzigjährigen war. Die glattgebügelte Stirn verlieh ihr etwas Puppenhaftes und lieà ihn an seiner ersten Alterseinschätzung zweifeln. Vor allem, als er ihre Hände betrachtete, wurde ihm klar, dass Emanuelle Lefèvre ganz sicher nicht fünfunddreiÃig Jahre alt war und die vierzig bestimmt auch schon seit einem Jahrzehnt
Weitere Kostenlose Bücher