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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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auf mich?«
    Mario wollte etwas sagen, doch Irfan kam ihm zuvor: »Ich habe meine Recherchemöglichkeiten. Datenbankabfragen und Sonstiges.«
    Hilde begann, etwas auf ihren Block zu schreiben. Mario reckte den Hals, um zu lesen, was sie schrieb, aber außer einer sehr krakeligen Handschrift konnte er nichts erkennen. Die zu entziffern, schien Alfons Mezger hingegen nicht schwerzufallen. Er nickte kurz für sich und sagte dann bestätigend zu Hilde Wiesenkamp: »Das ist interessant.«
    Â»Mir ist etwas frisch. Vielleicht gehen wir besser hinein«, sagte sie und stand auf.
    Â»Dir ist kühl?«
    Sie nickte.
    Mario und Irfan übernahmen die Tassen und die Kanne, während sich Hilde mit ihrem Block von Alfons am Arm führen ließ. Unterwegs fragte sie nach dem Namen von Marios Eltern. Da Mario auf die Schnelle nichts anderes einfiel, nannte er die Namen seiner Großeltern, Georg und Helene. Hilde Wiesenkamp schüttelte bei beiden Namen den Kopf.
    Â»Wir glauben auch eher«, ging Irfan wieder dazwischen, »dass die Verwandtschaft weitläufiger sein müsste. Haben Sie denn Verwandte in der Frankfurter Region?«
    Â»Nicht dass ich wüsste«, antwortete Hilde.
    Mario registrierte, wie gut die beiden Alten miteinander zurechtkamen. Es musste total eigenartig sein, wenn man nicht sehen konnte, was der andere machte, und gleichzeitig wusste, dass derjenige einen selbst nicht hörte. Genauso schwierig musste es für Alfons Mezger sein. Nichts zu hören war ja schlimm genug, aber sich mit einer Dame zu unterhalten, die ihren Gesprächspartner nicht sehen konnte … Trotzdem schienen die beiden einen effizienten Weg der Kommunikation miteinander gefunden zu haben. Mario beobachtete, dass Alfons Hilde kleine Zeichen mit der Hand an ihrem Arm gab. Hilde schien diese zu erwidern, während sie sich dem Haupteingang der Seniorenoase annäherten.
    Â»Darf ich Sie in meine kleine Wohnung bitten?«, fragte Hilde und drückte wieder die Hand von Alfons.
    Â»Zu dir?«, fragte der und fügte nach einem weiteren Zeichen hinzu: »Alles klar, Hildchen.«
    Â»Nenn mich nicht immer Hildchen«, sagte sie, und Mario stellte belustigt fest, dass sie es nur sagte, weil sie wusste, dass Alfons es nicht hören konnte.
    Â»Die Tassen und die Kanne können Sie auf einen der Wagen stellen«, riet ihnen Hilde, was Irfan und Mario auch folgsam umsetzten. Offenbar standen hier unten stets Tablettwagen herum, um das benutzte Geschirr einzusammeln.
    Sie nahmen die Treppe in den ersten Stock.
    Â»Kann ich Ihnen etwas anbieten?«, fragte Hilde, als sie in ihrer Wohnung waren. Ein paar alte Möbel befanden sich darin, in der Mitte des Raumes stand ein großer Tisch, teilweise waren die Schränke fest in die Wände eingebaut. Zwei Türen führten in angrenzende Räume.
    Â»Nein danke, wir wollten Ihnen keine Umstände machen«, sagte Mario.
    Alfons hatte Hilde in dem Moment losgelassen, in dem sie das Zimmer betraten. Daran, dass die alte Dame die Stühle nun sicher umging, ohne anzustoßen, sah Mario, dass sie schon recht lange hier wohnte und alles seine penible Ordnung hatte, damit sie sich auch ohne zu sehen zurechtfinden konnte.
    Â»Dann setzen Sie sich doch. Wissen Sie, was eigenartig ist? Sie klingen gar nicht so, als würden Sie aus der Frankfurter Ecke kommen. Sie klingen eher wie jemand, der hier unten aufgewachsen ist.«
    Vielleicht lag es daran, dass die alte Frau nichts sehen konnte. Auf jeden Fall schien ihr Gehör ziemlich gut zu sein. Mario hatte eigentlich gedacht, unverfälschtes Hochdeutsch gesprochen zu haben.
    Â»Ja, da liegen Sie tatsächlich richtig«, antwortete Irfan für Mario. »Herr Wiesenkamp ist in dieser Region aufgewachsen, lebt aber mittlerweile in Frankfurt.«
    Â»Und Sie helfen anderen Menschen, ihren Stammbaum zu erstellen?«, fragte sie jetzt. Sie lächelte dabei, aber Mario hatte das schlechte Gefühl, dass sie von einer Blinden durchschaut worden waren und das selbst nur noch nicht eingesehen hatten.
    Irfan bejahte kurz.
    Â»Und davon kann man leben?«
    Â»Na ja, reich werden kann man davon nicht«, erwiderte Irfan.
    Â»Woher aus Italien kommt denn Ihre Familie? Sie können Ihre eigene Ahnenreihe dann sicherlich ganz weit zurückverfolgen, oder?«
    Â»Ã„h, ja, aus Apulien.«
    Â»Wo genau ist das noch mal?«
    Mario spürte, wie seine Hände langsam begannen

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