Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
Vom Netzwerk:
zu schwitzen. Die Alte führte sie doch vor!
    Â»Jetzt nehmen Sie doch endlich Platz«, forderte Alfons laut und wies auf die Sitzgruppe.
    Mario und Irfan rückten sich je einen Stuhl zurecht und setzten sich, worauf Irfan sagte: »Sie haben es sehr schön hier.«
    Wenn er gedacht hatte, Hilde Wiesenkamp damit ablenken zu können, lag er falsch. Sie setzte sich ihm gegenüber und hatte den Kopf – immer noch mit der dunklen Brille über den Augen – in seine Richtung gewandt. Auch Alfons Mezger nahm Platz.
    Â»Also, wo war noch einmal Apulien?«
    Mario sah Irfan an, dass der keine Ahnung hatte. Wahrscheinlich konnte er froh sein, mit dem Namen der italienischen Region überhaupt richtig zu liegen. Bevor er eine falsche Antwort geben konnte, sagte Mario darum: »Ganz unten im Stiefel.«
    Â»Ja, genau«, bestätigte Irfan. »Aber kommen wir doch wieder zu Ihnen. Frankfurt ist ja weit weg. Vielleicht schickt Ihnen da ab und zu mal jemand eine Postkarte?«
    Â»Eine Postkarte«, wiederholte Hilde.
    Â»Worum geht es denn?«, wollte Alfons Mezger wissen.
    Hilde legte den Schreibblock vor sich auf den Tisch und orientierte sich mit einem kurzen Griff an die Ringbindung. Sie notierte ein paar Worte, die sie Alfons zeigte.
    Â»Postkarten aus Frankfurt?« Er lachte. »Eine Blinde bekommt ziemlich selten Postkarten geschickt«, erklärte er.
    Â»Das stimmt nicht ganz«, widersprach Hilde, ohne sich zu bemühen, dass Alfons verstand, was sie sagte. »Auch eine blinde Frau freut sich, wenn sie eine Postkarte bekommt. Man muss sie mir nur vorlesen.«
    Â»Bekommt der Herr Mezger denn vielleicht öfter Postkarten?«, fragte Irfan, weil das Thema gerade gut zu funktionieren schien.
    Â»Worum geht es hier wirklich, meine Herren?« Hilde Wiesenkamp schlug nun einen strengen Ton an.
    Mario spürte, wie ihm vor Aufregung fast schon wieder schlecht zu werden drohte. Aber Irfan brachte die Situation zum Glück recht schnell unter Kontrolle, indem er aufstand und sagte: »Ich denke, wir brauchen Ihre und unsere Zeit nicht weiter zu beanspruchen.« Auch Alfons Mezger stand auf. Irfan reichte ihm die Hand und sagte zu Hilde Wiesenkamp: »Es ist schade, dass wir bei Ihnen allem Anschein nach auf einer falschen Spur sind. Aber es gibt ja wirklich eine ganze Reihe von Wiesenkamps. Ich danke Ihnen, auch im Namen meines Klienten.«
    Mario stand auch auf. »Ja, adieu.«
    Hilde Wiesenkamp sagte nichts, sondern schrieb etwas in ihren Block, doch die Reaktion von Alfons Mezger darauf bekamen sie nicht mehr mit, weil sie zuerst das Zimmer der alten Dame und dann die ganze Seniorenoase eilig verließen.
    Â»Die war uns ja wohl über«, sagte Mario, als sie im Wagen saßen. Das Unwohlsein hatte sich zum Glück wieder gegeben. Irfan war offensichtlich sauer. Er sagte kein Wort, bis sie wieder auf dem Birktalerhof angekommen waren, wo er sich in sein Zimmer verzog.
    * * *
    Wenn doch nur diese blöde Pensionierung nicht wäre. Nach drei Telefonaten hatte Kommissar Schlageter die Suche nach einem Partyservice genervt aufgegeben. »Zu kurzfristig«, war ihm von allen Seiten geantwortet worden, als er das Datum und die Menge der Portionen meldete. Während er danach die Wellenbrink-Akte wieder und wieder durchgeblättert hatte, ohne zur geringsten Erkenntnis zu kommen, hatte er überlegt, notfalls selbst dafür zu sorgen, dass es bei seinem Abschied etwas zu essen gab. Chili con Carne vielleicht. Eine seiner Spezialitäten. Das schmeckte und machte satt. Extra viel Chili rein – und schon reichte auch eine etwas kleinere Menge pro Person. Bis jetzt war er sich aber immer noch nicht sicher, ob das eine gute Idee war. Helbach scharwenzelte schon den ganzen Tag um ihn herum wie eine Glucke um ihr einziges Küken und ließ sich auch von Schlageters schlechter Stimmung nicht den Mut nehmen. Er war ein guter Mann. Nicht unbedingt ein brillanter Kopf wie er selbst, aber was Helbach an kriminalistischem Gespür, an Instinkt fehlte, machte er durch sein Organisationstalent, seinen Fleiß und sein fotografisches Gedächtnis wett. Zudem hatte sich die Polizeiarbeit in den letzten Jahren massiv verändert. Typen wie Schlageter selbst waren wie Dinosaurier – zum Aussterben verurteilt. Früher hatte es zwar auch ständig Neuerungen gegeben, die die Ermittlungsmethoden der Altvorderen auf den Kopf stellten, aber

Weitere Kostenlose Bücher