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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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schien seine Stimmung zu erraten.
    Die ganze Direktion ist ein Sumpf, dachte Schlageter wütend und ärgerte ich über sich selbst. Eigentlich war es kein Wunder, dass zwei Nullen wie Schönhorst und Danner sich gut kannten. »Kein Grund, an Schönhorsts Expertise zu zweifeln.« So etwas konnte auch nur Danner sagen. Gerade bei Schönhorst gab es massenhaft Gründe zum Zweifeln. Aber auf ihn wollte ja niemand hören.
    Â»Chef? Kann ich die Wellenbrink-Akte wieder ins Archiv bringen?«
    Â»Jesus, Maria und Josef«, brauste Schlageter auf. »Bin ich in dieser Direktion denn nur von Idioten umgeben? Ich denke nach. Und Ihnen würde das ausnahmsweise auch mal ganz gut stehen!«
    Das hatte jetzt etwas schärfer geklungen, als Helbach es verdiente. Schlageter bemerkte dessen beleidigten Blick und schob schnell nach: »Es tut mir leid. Ich habe nicht Sie gemeint. Die Anspannung. Ja, die Akte kann weg. Ich habe nichts Neues gefunden.«
    Helbach verließ das Büro schweigend. Umso lauter war die hinter ihm zuschlagende Tür.
    Nur Idioten, dachte Schlageter. Und er machte sich vielleicht selbst auch zu einem, wenn er die Idee umsetzte, die ihm in diesem Moment kam.
    * * *
    Obwohl sie die Adresse gefunden hatten, war Irfans Stimmung mies. Zuerst sagte er ein paar Minuten gar nichts, dann begann er, auf Türkisch zu fluchen, und blickte dabei immer wieder mit einem herabwürdigenden Seitenblick auf Mario, der versuchte, sich auf dem Beifahrersitz so klein wie möglich zu machen.
    Dieser blöde Junge schien das Unglück nur so anzuziehen. Seine verdammte Kotzerei brachte alles durcheinander. Und blöderweise handelte es sich bei diesem Schlageter auch noch um einen Bullen. Wie es aussah, war er sogar eine Art Held, der Leben rettete und Politikern die Hand schüttelte. Irfan konnte sich kaum vorstellen, dass dieser Typ erfreut wäre, wenn er zurück in seine Wohnung kam. Und die alte Dame hatte sie gesehen …
    Sein Handy klingelte. Irfan zog es aus der Hosentasche und schaute aufs Display. Keine ihm bekannte Nummer. Er drückte das grüne Hörersymbol und hielt sich das Gerät ans Ohr. Er hatte mit einigen möglichen Anrufen gerechnet, doch dieser kam für ihn überraschend.
    Â»Hallo, hier Harry Mbene. Ich habe eine Postkarte!« Der Mann hörte sich an, als habe er im Lotto gewonnen.
    Â»Ah, Sie sind es.«
    Â»Wir können weitermachen mit den Fragen. Krieg ich dann die hundert Euro?«
    Â»Wer hat Ihnen denn die Karte geschickt? Und woher kommt sie?«
    Â»Ein Freund. Aus Frankfurt.«
    Endlich. Wenn sich der Absender der Karte mit diesem Schlaicher aus dem Notizbuch des Kommissars deckte, waren sie dem Koffer einen guten Schritt näher. Sollte der ominöse Fremde dann noch Onkel Umuts Würste behalten und nicht etwa schon angeschnitten haben, bestand vielleicht die Chance, dass er dem Jungen nichts antun musste und gleichzeitig Umuts Versprechen einfordern konnte, ihn und seine Familie in Zukunft in Ruhe zu lassen.
    Â»Wie heißt denn der Freund?«
    Â»Bekomme ich jetzt die hundert Euro?«
    Â»Wenn Sie mir sagen, von wem die Postkarte ist.«
    Â»Kommen Sie vorbei und bringen Sie das Geld mit«, sagte Harry Mbene. Irfan konnte sein breites Grinsen förmlich hören.
    Â»Alles klar. Wir haben gerade etwas Zeit. Ich denke, wir sind in ungefähr einer halben Stunde bei Ihnen.«
    Er schaltete das Handy gerade rechtzeitig wieder ab, bevor sie an eine Polizeikontrolle kamen, und dankte Allah im Stillen dafür, dass Mbene nicht eine halbe Minute später angerufen hatte. Und für das gelangweilte Gesicht des Beamten, der ihn weiterwinkte.
    Â»Ich mag deine Familie«, sagte er zu Mario.
    Der versuchte noch immer, so unauffällig wie möglich zu sein, und antwortete nur mit einem lang gezogenen »Hmm«.
    Â»Deine Großeltern erinnern mich an meine Großeltern. Wir haben sie früher immer in der Türkei besucht. Wenn die Sommerferien anfingen, fuhren wir mit einem vollkommen überladenen Auto los und blieben die ganzen sechs Wochen weg. Mein Opa war auch Bauer.«
    Mario sah jetzt etwas interessierter zu Irfan, wie der aus den Augenwinkeln bemerkte.
    Â»Er war genau so wie dein Großvater. Still und zurückhaltend, aber wenn man ihn brauchte, dann hat er ohne Zögern angepackt.«
    Â»Ja, das klingt nach Opa Georg«, sagte Mario vorsichtig und lächelte. Er wurde

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