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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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weißt du doch.«
    Â»Nicht mal ein einziges kleines, kühles Bier?«
    Â»Was willst du von mir?«, plärrte Schönhorst ungehalten. »Ich habe hier total viel Arbeit liegen.«
    Â»Nur ein freundschaftlicher Anruf.« Schlageter legte auf.
    Â»Morgen, Chef«, begrüßte ihn Helbach, der jetzt, um Punkt neun Uhr, das Büro betrat. Für den Tag, der warm zu werden versprach, hatte er sich angemessen kurzärmelig gekleidet. Obwohl die Nächte teilweise recht kühl waren, spürte Schlageter bereits feuchte Stellen unter seinen eigenen Armbeugen. Schweiß war der klamme Begleiter der alten Männer. Wahrscheinlich lag das zu einem gewissen Teil auch daran, dass er heute früh beim Lüften gefröstelt und ein zusätzliches baumwollenes Unterhemd angezogen hatte. Mit Sicherheit jedoch war die innerliche Aufregung über das eben geführte Telefonat einer der Gründe für seine Hitzewallung. Schönhorst hatte auf sein Angebot mit dem Bier zuerst Ja gesagt. Erst danach war er eilig zurückgerudert. Ein Zeichen, dass er wieder trank? Hatte Schlageter sich das leichte Lallen vielleicht doch nicht nur eingebildet? Er hasste es, wenn er dermaßen im Dunkeln stocherte. Aber selbst wenn Schönhorst nüchtern gewesen war, blieb er doch ein nicht mal mittelmäßiger Arzt. Es war also nicht unwahrscheinlich, dass er gestern Abend im Krankenhaus etwas übersehen hatte. Man konnte ja nicht mal sicher sein, dass er richtig hingeschaut hatte. Schlageter stellte sich das so vor: Schönhorst wird für eine Leichenschau angefordert, als er sich gerade seinen abendlichen Pegel antrinkt. Klar, dass er keine Lust hat und schnell wieder zur Flasche zurück möchte. Wahrscheinlich putzt er sich vorher die Zähne und nimmt Mundwasser, damit niemand den Alkohol riecht, dann macht er sich auf den Weg. Im Krankenhaus findet er eine tote Frau vor und Ärzte, die ihm sagen, dass sie an den Folgen einer allergischen Reaktion gestorben ist. Er hebt kurz das Leichentuch, schaut sich die Frau an und füllt das Dokument aus. Und schon hat er genug verdient, um auf dem Rückweg an einer Tankstelle noch eine Flasche Schnaps zu besorgen und sich daheim wieder dem Trinken zu widmen.
    Natürlich konnte es auch sein, dass es bei der Leichenschau gar nichts zu finden gegeben hatte, musste Schlageter sich eingestehen, aber warum hatte er dann so ein mieses Gefühl? Daran war doch nur wieder dieser vermaledeite Testdieb schuld. Vielleicht wäre alles ganz anders gekommen, wenn nicht ausgerechnet Schlaicher in die Sache involviert gewesen wäre.
    Auch wenn es Schlageter gegen den Strich ging, machte er sich auf, um Danner einen Besuch abzustatten. Der Leiter der Polizeidirektion tippte in seinem Büro auf seinem tragbaren Computer herum und schaute erst nach dem Fertigschreiben des Satzes auf.
    Â»Ich arbeite gerade an meiner Rede für morgen Abend«, sagte er.
    Â»Ja, schön. Also, warum ich hier bin …«
    Â»Ich hoffe, nicht wegen unserer Gesprächs in der Küche.«
    Â»Sie wissen aber schon, dass Schönhorst die Leichenschau gemacht hat? Und auch, dass er der Staatsanwaltschaft mitgeteilt hat, eine Obduktion sei seiner Meinung nach nicht zwingend?«
    Â»Ja, das weiß ich. Aber ich weiß nicht, was Sie mir damit sagen wollen.«
    Schlageter ballte die Rechte zur Faust, spreizte seinen Daumen und den kleinen Finger ab, setzte den Daumen am Mund an und legte den Kopf in den Nacken. Dazu machte er Gluck-Geräusche.
    Als er die Hand wieder wegnahm und Danner anschaute, merkte er ihm seine Wut schon an.
    Â»Was Sie hier machen, ist üble Nachrede und Mobbing, und beides hat in meiner Direktion keinen Platz.«
    Â»Aber das weiß doch jeder! Rufen Sie den Staatsanwalt an und sagen Sie ihm, dass Sie trotzdem eine Obduktion ansetz…«
    Â»Das werde ich nicht tun«, unterbrach Danner ihn barsch. »Wenn ich darin einen Sinn sehen würde, vielleicht, aber es macht keinen Sinn. Zufällig ist Emil Schönhorst ein guter Bekannter von mir, und ich weiß, dass man seiner Expertise vollstes Vertrauen schenken darf. Sie gehen mir jetzt aus den Augen, sonst setze ich an Ihrem letzten Arbeitstag noch ein Dienstverfahren gegen Sie in Gang.«
    Â»Am vorletzten Tag«, brummte Schlageter beim Rausgehen.
    Helbach sagte kein Wort, als Schlageter ins Büro zurückkam und sich brütend auf seinen Stuhl fallen ließ. Er

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