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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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schnelle Aufrichten half. Mario blickte in Irfans entsetzte Augen, und eine halbe Sekunde später war es vorbei mit dem Wunsch, keine Spuren zu hinterlassen.
    Irfan sprang gerade noch rechtzeitig zur Seite, was der Teppichboden naturgemäß nicht konnte. Mario presste sich die in den Handschuhen steckenden Hände vor den Mund, doch der Geruch nach dem Talkumpuder machte die Sache nicht besser. Den zweiten Schwall konnte er trotzdem so lange im Mund behalten, bis er das Badezimmer erreicht und die Klobrille hochgeklappt hatte. Er fühlte sich hundeelend, wie er da mit dem Kopf in einer fremden, nicht gerade frisch geputzten Kloschüssel steckte.
    Mario wischte die Toilette mit der Bürste nach, bevor er sich selbst reinigte. Irfan war ihm nicht gefolgt, sondern durchsuchte bereits lautstark ein anderes Zimmer. Mario dachte, dass es ihm jetzt wohl nicht mehr darauf ankam, vorsichtig zu sein. – Warum auch? Dafür war es zu spät.
    Trotzdem überraschte ihn das Chaos, das Irfan in dem kleinen Büroraum angerichtet hatte. Der Boden war voll mit Papieren und hastig durchgeschauten Ordnern. Gerade brach er mit einem Schraubenzieher und bloßer Gewalt eine Schublade des Holzschreibtisches auf, was ein knackendes Geräusch verursachte, als das Holz um das Schloss herum splitterte.
    Â»Scheiße, jetzt passt alles zusammen«, sagte er. Irfan war stinksaurer, saurer noch als der unangenehme Geruch, der sich langsam, aber sicher in der Wohnung verbreitete.
    Â»Was ist?«
    Irfan funkelte ihn böse an, dann nahm er ein Päckchen aus der Schublade, aus dem zwei Patronen auf den Tisch fielen, bevor er die offene Seite mit der Hand schließen konnte. Munition.
    Â»Der Typ ist ein Bulle«, sagte er, legte die Patronenschachtel auf den Tisch und hielt Mario ein Foto aus der Schublade unter die Nase. Darauf waren zwei junge Männer zu sehen, die an einem Polizeiwagen lehnten. Nicht nur, dass das Bild schwarz-weiß war, auch die Tatsache, dass es sich bei dem Streifenwagen um einen Käfer handelte, zeigte Mario, dass es ein altes Bild war.
    Â»Hast du im Wohnzimmer noch was anderes gefunden als diese Schokolade?«, fragte Irfan.
    Â»Nein, aber wahrscheinlich waren deshalb die Polizeinotizen angestrichen.«
    Irfan kramte einen Stapel Papier aus der zweiten, offenen Schublade. Es handelte sich um Lohnzettel, die nicht nur bewiesen, dass Polizisten im Gegensatz zu Irfan selbst lächerlich unterbezahlt sein konnten, sondern auch, dass es sich bei diesem Hanspeter Schlageter um einen Kommissar handelte.
    Mario wandte sich einem weiteren Büroschrank zu, den Irfan offensichtlich noch nicht ausgeräumt hatte. Direkt in der ersten Schublade fand er ein Fotoalbum und darunter einen Stapel von Briefen und Postkarten sowie noch nicht einsortierte Fotos. Dieser Schlageter schien bei der Polizei ein hohes Tier zu sein. Auf einem Bild nahm er eine Auszeichnung entgegen, auf einem anderen schüttelte er mit unwirschem Gesichtsausdruck dem früheren Ministerpräsidenten Günther Oettinger die Hand.
    Â»Ich habe hier Postkarten gefunden«, sagte Mario, und Irfan war sofort an seiner Seite. Er nahm sich einen Stapel heraus und fing an, ihn durchzublättern:
    Â»Schau bei den anderen nach, ob irgendwas aus der Frankfurter Ecke dabei ist. Scheiße. Warum musst du nur ständig kotzen? Du stinkst erbärmlich.«
    Mario schwieg, ging die restlichen Postkarten durch und schaute bei den Briefen auf die Absender. Aus Frankfurt war nichts dabei. Doch da, ein Brief aus der Nähe der Römerstadt. Er sagte: »Offenbach! Das passt zu dem Wochenticket.«
    Â»Gib her!«
    Irfan nahm ihm den Brief ab, dessen Umschlag säuberlich mit einem Messer geöffnet worden war. Albert Maria Schlaicher lautete der Absender. Irfan zog den Brief heraus, der vor ein paar Monaten geschickt worden war, und las:
    Â»Sehr geehrter Herr Schlageter,
    es ist mir ein dringendes Anliegen, mich nochmals bei Ihnen für Ihre Unterstützung zu bedanken. Wir alle wissen, dass die Geschichte sehr böse hätte ausgehen können. Es war nicht zuletzt Ihrem rechtzeitigen Erscheinen und beherzten Eingreifen zu verdanken, dass die Lage nicht noch weiter eskalierte und es keine weiteren Toten mehr zu beklagen gab. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen dafür danken kann, und hoffe, Sie erfreuen sich an der beigefügten Skulptur, einer Schildkröte von Theodor Semmelhag, einem renommierten

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