Salamitaktik
Türen versehen war. GroÃe Fenster ermöglichten es, aus den Räumen nach unten ins Lager zu schauen. Schlaicher ging am ersten Fenster vorbei, hinter dem zwei gelangweilt wirkende Männer an gegenüberstehenden Schreibtischen saÃen und in ihre Computertastaturen hackten. Einer blickte auf und nickte ihm grüÃend zu, bevor er sich wieder in den Stapel Papiere vertiefte, die er offenbar mit Angaben im Computer verglich. Durch das zweite Fenster brauchte Schlaicher gar nicht mehr zu schauen, denn schon an der Tür fand er den Namen »Emanuelle Lefèvre«. Darunter stand »Büro«, was eigentlich ziemlich offensichtlich war. Schlaicher klopfte an die Tür und trat auf ein undefinierbares Geräusch von drinnen hin ein.
Das Büro machte im Gegensatz zu dem der beiden Männer eben einiges her. Während die an recht einfachen Industrieschreibtischen gesessen hatten, thronte die Lefèvre hinter einem modernistischen Ungeheuer, auf dem ein Apple-Computer stand. An einer der Wände lenkte ein Showregal den Blick des Besuchers auf die unterschiedlichen Produkte der Kosmetiklinie. Ãberall sonst hingen Plakate mit Werbung für »Jeune«, auf denen auch die Lefèvre zu sehen war, die aber eher an die gestrige erinnerte als an die, die jetzt hinter dem Schreibtisch saÃ. Sie wirkte viel älter, das Haar schien spröder zu sein, und ihre Augen blickten müde aus dem fast faltenfreien Gesicht.
»Sie?«, war ihre BegrüÃung, die ungläubig, überrascht und entsetzt zugleich klang, auf jeden Fall aber nicht nach freudigem Wiedersehen.
»Guten Tag. Bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie stören muss«, sagte Schlaicher.
»Hat Gampp Sie geschickt?«
»Nein, ich komme auf eigene Faust.«
»Wieso? Ich habe überhaupt keine Zeit für Sie.«
»Ich nehme an, Sie können sich vorstellen, warum ich hier bin.«
»Ich weià nicht im Geringsten, was ein Kaufhausdetektiv hier bei mir im Büro zu suchen hätte. Oder wollen Sie mir unterstellen, ich hätte etwas mitgehen lassen?«
»Das liegt mir fern«, sagte Schlaicher und schaute auf den freien Stuhl vor Lefèvres Schreibtisch. Sie schien seinen Blick wahrzunehmen, bot ihm aber keinen Platz an.
Schlaicher ging dennoch auf den Stuhl zu.
»Ich bin so frei«, sagte er, was Emanuelle Lefèvre mit einem erneuten: »Ich habe keine Zeit für Sie«, quittierte.
Wenn sie es so eilig hatte, konnte er auch gleich ohne Umschweife auf den Grund seines Besuches kommen: »Kann es sein, dass Sie gestern Abend während der Show einen Anruf bekommen haben?«
»Ich wüsste nicht, was Sie das angeht. Wie kommen Sie denn darauf?«
»Mein Job ist es, genau zu beobachten. Und bei Ihnen ist mir aufgefallen, dass Sie kurz vor der Präsentation zusammengezuckt sind und mit der Hand in Ihre Tasche fuhren.«
»Ich weià nicht, was Sie meinen. Und ich weià auch nicht, was das Ganze hier soll. Ich wünsche Ihnen dennoch einen schönen Tag.« Sie setzte ihr gewinnendes Lächeln auf. Im Zusammenhang mit einem Rausschmiss fand Schlaicher es aber eher abstoÃend.
»Kurz danach haben Sie die Frau aus der Menge ausgesucht und sind selbst im Personalbereich verschwunden«, erwiderte er ungerührt.
»Wie ich meine Show gestalte, kann Ihnen doch wohl egal sein.« Zwar lächelte Sie noch leicht, doch aus ihren Augen schienen Blitze zu schieÃen.
»Ich wundere mich nur, weil Sie die Behandlung doch sonst immer an sich selbst ausführen lassen.«
Sie antwortete nicht, sondern blickte ihn nur abwartend an.
»Und ausgerechnet dieses Mal«, fuhr Schlaicher fort, »suchen Sie eine Frau aus und verschwinden während des Höhepunktes Ihrer eigenen Show.«
»Was wollen Sie von mir?«, fragte sie nun scharf.
»Was glauben Sie?«, fragte er zurück.
»Ich glaube, dass Sie sich ziemlich viel herausnehmen und jetzt gehen sollten, weil ich sonst dafür sorgen werde, dass man Sie hinausbringt. Ich werde auÃerdem Herrn Gampp Bericht erstatten.«
»Tun Sie das«, sagte Schlaicher wenig beeindruckt und blieb sitzen. »Ich frage mich nur, ob auch etwas passiert wäre, wenn Sie anstelle von Tamara Brockmann auf der Liege gelegen hätten.«
Emanuelle Lefèvre griff zu ihrem Smartphone und strich ein paarmal über dessen Oberfläche, bevor Sie es ans Ohr hielt. Was machte sie jetzt? Trommelte sie
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