Salon der Lüste - 3
halbnackt sehen«, erwiderte er grinsend und stand auf. Einhändig fing er das Hemd, das sie ihm zuwarf, und hängte es über die Sessellehne. Dann zog er sich ohne jede Scham sein weißes Leinenhemd über den Kopf.
Ivy hatte schon halbnackte Männer gesehen, sogar schon einige ganz nackte. Selbst wenn sie nicht mit achtzehn ihre Unschuld an einen verwegenen Schauspieler verloren hätte, wäre sie allein aufgrund ihrer Herkunft schon hinreichend mit der männlichen Anatomie vertraut gewesen.
Allerdings hatte sie noch nie einen Mann wie Saint gesehen.
Die erstaunliche Sonnenbräune, die ihr bisher schon in seinem Gesicht und an seinen Armen aufgefallen war, setzte sich über Brust und Bauch fort. Lange sehnige Muskeln wölbten sich unter seidig glatter Haut. Er war wie ein Mann gebaut, der, als er noch menschlich war, jeden seiner Muskeln benutzt hatte, um zu kämpfen und sich zu verteidigen.
Außerdem besaß er keinerlei Schamgefühl.
Vollkommen gelassen drehte er sich zu dem Sessel, um das andere Hemd aufzunehmen, wobei Ivys Blick wie automatisch zu den kleinen Grübchen auf seinem Rücken und von dort hinaufwanderte.
Links in seinem Nacken entdeckte sie eine Tätowierung, einen sehr schlicht gezeichneten Drachen, wie man sie etwa auf alten Runen sah. Und auf der gegenüberliegenden Schulter befand sich ein Brandzeichen in Form eines Kreuzes. Die beiden Male, im Verein mit seiner dunklen Schönheit, raubten Ivy den Atem.
»Warum ein Drache?«, fragte sie, während sie die Kamera einstellte.
Er hielt inne, das Hemd in der Hand. »Sie mögen Schätze«, antwortete er verhalten lächelnd.
»Und das Kreuz?«
Sein Lächeln erstarb. »Das wurde mir von der Kirche in der Hoffnung eingebrannt, damit den Teufel in mir auszutreiben. Wie du siehst, hat es nicht gewirkt.«
Ivy wusste nicht, was sie sagen sollte. Erstmals erfuhr sie von ihm etwas darüber, was er durchgemacht hatte und wofür er stand. jemand hatte ihm ein Kreuz eingebrannt, und weil einzig Silber einen Vampir dauerhaft vernarben konnte, musste es entsetzlich schmerzhaft gewesen sein.
Mit zitternden Fingern wartete sie auf den richtigen Moment.
Samt hob den Kopf und betrachtete sie über die Schulter hinweg. Im Profil, die dichten Locken als seitlicher Rahmen um die scharf geschnittene Nase und die weichen Lippenbögen, war er genau, wie sie ihn wollte. Ivy hielt den Moment fest.
Der Kameraverschluss klickte.
»Warum hast du das getan?«, fragte er, die Stirn gerunzelt und die Stimme tiefer als sonst.
»Es war perfekt«, antwortete sie ehrlich. »Das Bild schien mir dich exakt so zu zeigen, wie du wirklich einmal warst.«
»Wie ich wirklich war?«, wiederholte er, lachte spöttisch und zog sich das schwarze Hemd über. »Ich erinnere mich gar nicht mehr.«
»Doch, ich denke schon. « Sie wusste nicht, woher sie diese Gewissheit nahm, aber instinktiv war sie überzeugt, dass es stimmte. »Ich glaube, du versteckst deinen wahren Kern nur.«
»Und ich glaube, du redest zu viel«, konterte er beinahe bissig, also musste sie der Wahrheit gefährlich nahe gekommen sein. »Ich hatte dich davor gewarnt, mich zu etwas zu machen, das ich nicht bin.«
»Ich wollte nicht … «
Er kam so schnell auf sie zu, dass in der Bewegung seine Konturen verschwammen.
»Doch, das wolltest du.«
»Na gut.« Sie stand da, eine Hand auf ihrer Kamera, und sah ihm in die Augen.
»Ich wollte es. Warum willst du leugnen, wer du bist?«
Er starrte sie an. Inzwischen war er nur wenige Zentimeter von ihr entfernt. »Guter Gott, Frau, du weißt wahrlich, wie man einen Mann quält! «
Sie öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, doch im selben Augenblick lagen Saints Lippen auf ihren. Zugleich packte er ihre Schultern und riss sie grob an seine Brust. Seine Lippen waren warm und fest, gleichzeitig unglaublich weich, als sie sich auf ihren bewegten. Sie forderten. Sie flehten. Und kaum drang seine Zunge in ihren Mund ein, gab sie nach und erwiderte den Kuss voller Leidenschaft.
In einem seltsam graziösen Tanz, den er anführte, schritten sie rückwärts, bis Ivy an der Wand lehnte, Saints Körper dicht an ihren geschmiegt. Er hielt ihre Hüften fest, während er seine an ihr rieb. Später würde sie blaue Flecken haben, doch das scherte sie nicht. Sie fühlte sein hartes Glied, das ihr eine Nacht höchster Sinnlichkeit versprach. Zwischen ihren Schenkeln pochte die Vorfreude auf alles, was dieser Mann mit ihr tun könnte.
Sie war keine Frau, die sich wahllos hingab.
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