Salon der Lüste - 3
ihre Existenz.
Ich will nichts als das, was du mir zu geben bereit bist.« Was keine List war, sondern sie meinte es vollkommen ernst.
Umso erstaunter war sie, als er sie traurig anlächelte. »Vertrau mir, das möchtest du nicht. Wir beide nicht.«
Sprachlos starrte Ivy ihm nach, während er sich umdrehte und hinausging. Er ließ sie einfach stehen, obgleich sie sich nicht von ihm zurückgewiesen fühlte. Vielmehr war es, als hätte sie ihn abgewiesen.
Ganz England könnte nicht genug Whisky aufbieten, um Saint in einen Rausch zu versetzen. Und der einzige Mann, der stark genug war, dass er sich mit ihm prügeln könnte, um seine Wut auszutoben, steckte Gott weiß wo. Mithin blieb nur noch ein Laster übrig, und die Ironie des Schicksals wollte es, dass es exakt jenes war, welches ihm seinen gegenwärtigen Zustand eingehandelt hatte.
Er hätte sie nehmen sollen, hätte sie über den Stuhl lehnen und … Die Vorstellung ließ ihn aufstöhnen.
Im Atelier hatte er vor Verlangen nach ihr gebebt, hatte gebebt, weil er sie so sehr begehrte und ihr Wonne bereiten wollte. Wieder einmal hatte er einen Beweis seiner Schwäche erbracht, seiner unendlichen Blödheit, wenn es um Frauen ging. Gegen sie war er machtlos, konnte sich schlicht nicht schützen. Nun, er versuchte es ja nicht einmal. Erst vor wenigen Tagen hatte er beschlossen, sich von ihr fernzuhalten, und er hatte jämmerlich versagt.
»Vorerst« hatte ihn gestoppt, Gott sei Dank. Letztlich hätte sie mehr als Sex gewollt. Alle Frauen wollten mehr. Verdammt, er würde mehr wollen, und nochmals würde er sich dem Schmerz nicht aussetzen, vor allem nicht, weil er lange genug in London bliebe, um echte Gefühle zu entwickeln. Das würde sein Herz nicht aushalten.
Für hoffnungslose Romantiker war Unsterblichkeit ein veritabler Fluch.
Einst hatte er es genossen, sich zu verlieben. Er hatte den Gefühlstaumel und die frohlockende, unbeherrschte Leidenschaft gemocht, bevor er wieder verschwand. Nie hatte er sich den bitteren Konsequenzen stellen müssen. Bis er Marta begegnete. Vor ihr hatte er nie wahren Verlust durchlitten. Dann jedoch musste er mitansehen, wie sie starb, und wusste, dass er sie nicht retten konnte.
Liebe in ihrer dauerhaften Form war etwas, das er nie kennenlernen würde, und nachdem er jene bezaubernde Frau verloren hatte, brachte er einfach nicht mehr den Mut auf, sich mit weniger als ewiger Liebe zufriedenzugeben.
Er musste Ivy fernbleiben, unbedingt! Kein Flirten mehr, keine nächtlichen Treffen.
Er hatte eine Aufgabe zu erledigen, und diese würde er schnellstmöglich hinter sich bringen, damit er London bald wieder verlassen konnte.
Deshalb stand er nun bei Priscilla Maxwells Stadthaus in Kensington und blickte sich nach einer geeigneten Einstiegsstelle um. Drinnen unter ihren persönlichen Sachen fand sich vielleicht ein Hinweis auf ihren Mörder - eine vage Hoffnung zwar, doch die einzige, die ihm blieb.
Er war im kleinen Garten hinter dem Haus. In der Dunkelheit und vollständig schwarz gekleidet, würde ihn niemand sehen. Er trug noch das Hemd, das Ivy ihm gegeben hatte. Eine zarte Note ihres Duftes haftete an dem Stoff, den einzuatmen ihm die Haut kribbeln machte.
Ein Sprung war alles, was er brauchte, um auf den Balkon zu gelangen und sämtliche Gedanken an Ivy zu verdrängen.
Er glitt mit einer dünnen Feile zwischen die beiden Glastüren, worauf der Riegel sofort nachgab. Die Türen schwangen auf, und Saint betrat einen Raum, der Priscilla Maxwells Schlafzimmer gewesen sein musste.
Die Polizei war schon dort gewesen, aber das machte nichts. Saint hatte absichtlich gewartet, bis sie mit ihrer Durchsuchung fertig waren, denn er wollte keinen Zusammenstoß mit den Behörden riskieren. Sie wussten nichts von der Verbindung zum Maison Rouge, und selbst wenn sie darauf kamen, würden sie nicht nach denselben Dingen suchen wie Samt.
Natürlich war er nicht sicher, wonach genau er suchte, doch das wüsste er, wenn er es fand.
Priscillas Schlafzimmer war sehr rüschig und rosa gehalten. Auf der Tapete prangten handgemalte kleine rosa Blumen, passend zum Muster des Teppichs und der Polstermöbel. Das große Himmelbett zierte ein dünner Baldachin über vier Pfosten.
Eigentlich handelte es sich eher um ein Zimmer für ein junges Mädchen denn für eine erwachsene Frau. Womöglich hatte die Schauspielerin sich das Traumschlafzimmer ihrer Kindheit geleistet.
Wie traurig! Es war traurig, dass sie sich an solche Träume geklammert
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