Salon der Lüste - 3
Abendgarderobe, hatte allerdings die Krawatte abgelegt. Offenbar neigte er dazu, sie häufiger zu verlieren.
Ivy richtete sich auf, als er die Tür schloss. Sie beide waren ganz allein im Cottage, und Ivys Atelier schien um ihn herum zu schrumpfen. Seine Präsenz füllte jede Ecke aus und umhüllte Ivy wie ein warmes, würzig-samtiges Cape. Das Bett in der einen Ecke, an das sie zuvor gar keinen Gedanken verschwendet hatte, wirkte auf einmal viel zu einladend, zu offensichtlich.
Wie war es möglich, dass sie so widersprüchliche Empfindungen hegte? Vielleicht lag es an ihrer früheren Schwärmerei oder an dem neuen weiblichen Verlangen. Auf jeden Fall überkam sie der Wunsch, mit Samt in dieses Bett zu steigen und Dinge zu tun, bei denen die Rouge-Mädchen erröten würden.
Er blickte sich in dem Cottage um, und seinen dunklen Augen schien nichts zu entgehen, weder die hell gestrichenen Wände noch die Lichter, noch die Spiegel, die sie benutzte, um ihre Motive zu beleuchten. Manche Photographen zogen »Blitze«
vor, doch Ivy mochte sanfteres Licht lieber. Zum Glück waren die trockenen Platten, die sie verwandte, lichtempfindlicher, so dass sie auch ohne grelle Beleuchtung anständige Bilder hervorbrachte.
»Ein recht interessantes Atelier, Miss Dearing.«
Innerlich schwoll sie an vor Stolz. »Danke.«
Er sah gelassen die Kostüme durch, die auf einem Rollständer hingen.
»Anscheinend gehen Sie der Photographie mit großer Leidenschaft nach.«
»Ja, das tue ich.« Das stand außer Frage. Sie liebte alles daran: das Motiv aussuchen, Kostüme und Requisiten wählen, die Aufnahmen entwickeln. jeder einzelne Schritt faszinierte sie.
Saints Augen strahlten, als er zu ihr sah. »Allmählich kommt mir der Verdacht, dass Sie von Natur aus leidenschaftlich sind.«
Sie erschauderte ein klein wenig. »Und mir kommt allmählich der Verdacht, Sie würden immerfort flirten, Mr. Saint.«
»Wie oft muss ich Sie noch bitten, mich nicht >Mister<, zu nennen? Es behagt mir nicht.«
Unweigerlich musste sie lachen. Es machte ihm nichts aus, von ihr als Schwerenöter bezeichnet zu werden; er störte sich lediglich daran, dass sie ihn »Mister« nannte.
»Ich bitte um Verzeihung, Saint. In diesem Fall müsstest du mich dann wohl auch mit Ivy anreden. « Angesichts ihrer ziemlich eindeutigen Phantasien von ihm waren Vornamen ohnehin angebrachter.
Ein Lächeln umspielte seine amorgleichen Lippen. »Gewiss. Also, wo wünschst du, dass ich posiere? Auf dem Bett vielleicht? Man sagte mir schon häufiger, ich hätte einen Schlafzimmerblick.« Sein Tonfall war scherzhaft, dennoch war Ivy versucht zu bejahen.
»Ja, zweifellos«, antwortete sie mit einem gezwungenen Lachen und zeigte in eine Richtung. »Genau dort hätte ich dich gern.«
Sie hatte einen Sessel bereitgestellt. Das Möbel war alt und abgewetzt, der weinrote Brokat teils rissig, so dass das Polster hervorlugte. Zwei Beine waren durchgebrochen, weshalb sie die beiden anderen hatte kürzer sägen lassen.
Normalerweise verhüllte sie den Sessel mit Stoff, doch für Saint ließ sie ihn, wie er war. Seine schäbige Eleganz passt irgendwie zu ihm. Es entbehrte nicht einer gewissen Poesie, ein altersloses Wesen mit einem Möbelstück zusammenzubringen, das seine Zeit überlebt hatte.
Saint zog die Brauen hoch, sagte aber nichts. Mit wenigen Schritten war er bei dem Stuhl, setzte sich und blickte zu Ivy auf. »Und jetzt?«
»Mach es dir bequem«, forderte sie ihn auf und begab sich hinter die Kamera. »Was würdest du tun, wenn du allein in deiner Wohnung wärst?«
Achselzuckend streifte er seine Schuhe und Strümpfe ab. Es folgten sein Gehrock und die Weste. Beides warf er auf das Bett hinüber. Als der Kloß in Ivys Hals sie zu ersticken drohte, hörte er auf.
»Du magst Kleidung nicht sehr, habe ich recht?«, fragte sie. Ein erbärmlicher Versuch, ihre Nerven zu beruhigen.
Saints Hände hingen lässig zwischen seinen gespreizten Knien, und ein breites Lächeln lag auf seinem Gesicht. »Nein.«
Die Pose war perfekt, denn Saint wirkte erstaunlich gelassen und offen. Vollkommen natürlich. Noch ehe er sich rühren konnte, drückte Ivy den Knopf, der das Objektiv öffnete, um ihn für immer zu bannen.
Nach ein paar weiteren Aufnahmen beschloss Ivy, das Motiv ein wenig zu verändern.
»Würde es dir etwas ausmachen, das schwarze Hemd anzuziehen? Ich denke, es könnte interessant aussehen, wenn du ganz dunkel gekleidet bist.«
»Ich glaube, du willst mich bloß
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