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Salz auf unserer Haut

Salz auf unserer Haut

Titel: Salz auf unserer Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benoîte Groult
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gesehen hat, wundert sie sich über den Himmel, der am Horizont bleiern wirkt, während er die Insel mit glühendem Blau überwölbt, und über das Wasser, das die Farbübergänge spiegelt. Wie anders ist der verschleierte Himmel des Senegal mit dem allzeit leeren und dunstigen Horizont! Beide lehnen sie sich an die Balustrade der Terrasse und tun so, als wären sie von der Landschaft beeindruckt, aber verstohlen nähern sich ihre Körper, und sobald sich die Arme berühren, durchläuft jene Welle, die bedingungslose Kapitulationen ankündigt, ihre Adern. Der trennende Berg von Abwesenheit beginnt zu schmelzen, aber Gauvain wagt es noch nicht, diese Frau neben ihm an seine Brust zu reißen und sie wegzutragen, mit der einzigen Absicht, sie aufzuspießen. Und diese Frau wagt es nicht, ihre Lippen im Ausschnitt des grauenvollen Palmenhemdes auf das weiche Vlies seiner Brust zu setzen oder ihre Hände über die schmalen Hüften gleiten zu lassen, die sie noch immer so anrühren an diesem kraftvollen Körper. Sie stehen nebeneinander und hören der steigenden Flut zu, in der sie zu ertrinken wünschen. Schon schweben sie, und ihre Beine tragen sie nicht mehr. Gauvain dreht sich als erster um, geht zurück in die Kühle des Zimmers. Er schlägt den Bettüberwurf und das obere Laken zurück: Das Bett liegt vor ihnen, eine unbefleckte Insel, eine weiße Landkarte, auf der sie Länder und Kontinente eintragen werden. Gegenseitig ziehen sie sich aus, fast rücksichtslos und ohne die Lippen voneinander zu lösen, sie lassen die Hände an den Rippen und den Schenkeln entlanggleiten, dabei tun sie so, als würden sie sich für die Einbuchtung des Kreuzes, die Rundung der Pobacken interessieren, geben sich immer ungehemmter den erotischen Streifzügen hin, die sie unaufhaltsam aufeinander zuführen, das erkennen sie an den Zuckungen, die sich ihrer bemächtigen, an den Zuckungen des Geschlechts, das sie gleich erreichen werden, um es nicht wieder zu verlassen. Dann werfen sie sich aufs Bett, erforschen sich genauer, erkennen sich, ergreifen voneinander Besitz, mit Gesten, die noch auf köstliche Weise indezent sind, wie bei einem jungen Liebespaar. Mit einem inneren Lächeln findet George die dicht angewachsenen Zwillingskugeln von Gauvain wieder, sie würde sie unter tausend wiedererkennen… oder sagen wir unter sieben oder acht anderen. Sie knuddelt sie sanft, eher aus Höflichkeit, bevor sie sich auf das konzentriert, was sie wirklich interessiert. Nach dem etwas zweifelhaften Berührungsreiz der Hoden scheint der Penis ehrlicher, normaler beschaffen. Während sie ihn betastet, wundert sie sich einmal mehr über seine Konsistenz: Er ist nicht hart wie Holz, nicht einmal wie Kork, in seiner Härte und Zartheit zugleich ist er nur vergleichbar mit einem anderen Penis im gleichen Stadium der Vorfreude.
    Sie erforscht ihn lediglich mit dem Daumen und dem Zeigefinger, klimpert ein bißchen an ihm herunter und wieder herauf, lächelt jedesmal, wenn er leicht zurückschwingt. Er ist glatt wie der Stamm einer Kokospalme und merkwürdig gebogen, wie dieser Baum es manchmal auch ist, und hellbeige, keineswegs bläulichrot. Es gefällt ihr, daß der Begriff »Schwellkörper« nicht auf ihn paßt. Der runde Kopf erinnert sie, jetzt, wo er sich von seinem Häubchen befreit hat, an jenen ähnlich gewölbten Spazierstockknauf in Stahlhelmform, den ihr 1944 ein genesender Soldat im Lazarett von Concarneau geschnitzt hatte. Sie drückt diesen Knauf in ihrer Handfläche und vergnügt sich einen Augenblick mit dem Gedanken, daß sein ungestümes Vordringen gehemmt werden oder gar unmöglich sein könnte, wo sie doch manchmal Probleme hat, auch nur einen Tampon in das enge Röhrchen einzuführen! Er ist eine Nummer zu groß für sie, das ist ganz klar. »Hätten Sie nicht das gleiche Modell eine Nummer kleiner?« flüstert sie ihm ins Ohr. »Dieses paßt nie und nimmer…«
    Anstatt zu antworten, legt er noch einen Zoll zu, der Schuft. Gleichzeitig genießt sie seine Angst, seine wachsende Hast, denn Gauvain ist hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, sie seinerseits zu liebkosen, und der vulkanischen Begierde, sofort und auf der Stelle in ihr zu explodieren.
    Liebevoll, heldenhaft beginnt er nun mit der Annäherung; mit seinen Fingern, allen fünfen, beschreibt er Kreise um diese weibliche Scham, die plötzlich, sowohl für ihn wie für sie, zum Mittelpunkt der Welt wird, zu einem Ozean, in dem man versinkt und stirbt. Sie hält mit jeglicher

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