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Salz auf unserer Haut

Salz auf unserer Haut

Titel: Salz auf unserer Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benoîte Groult
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wandert er über Georges Lippen, als wollte er sie von der Berührung mit seinem Glied reinwaschen.
»Ich fühle mich allein da oben ohne dich, ich spür' dich so gern überall. Bist du mir auch nicht böse?« wiederholt er besorgt. »Mir ist es so viel lieber zum Schluß«, fügt er hinzu und macht es sich zwischen Georges Schenkeln bequem, wo er sich eigens sein Etui geschaffen hat, und sie schließt es über ihm. Keine furchige Einwucherung mehr, keine bizarre Auswucherung, nur noch zwei glatte, ausgefüllte, einander angeglichene Körper. Er bewegt sich nicht in ihr. »Du hast mir nicht gesagt, ob du mir böse bist«, fragt er scheinheilig, sein Feingefühl in diesen Dingen verleugnend.
»Ich werde dir doch nicht gerade jetzt sagen, daß ich es anders mag! Ich habe so große Lust auf dich, daß es mir nicht gelingt, von der Stellung Nummer eins wegzukommen!«
Er lacht vor Freude. Sie lacht vor Freude, ihm Freude zu machen. Sie lachen darüber, daß sie das kindliche Geheimnis der Freude des andern kennen. Ein Geheimnis, dem man sein Leben lang nachlaufen kann, denkt George.
Er setzt sich wieder in Bewegung, sehr langsam, und ihre Zähne stoßen aneinander, wenn sie sich küssen, weil sie auch dann noch lächeln, trotz des Ernstes ihrer Lust.
Und während der kurzen Zwischenpausen fragt sich George, wie sie es schaffen soll, das Spiel von vorn zu beginnen. Zumal Gauvains Vorrichtung äußerst beeindruckend wirkt, auch nach Gebrauch. Sie hat es ihm einmal gesagt, als er nackt durchs Zimmer ging. »Solange du in der Nähe bist, ist keine Aussicht auf die Ruhestellung. Jedenfalls nie ganz. Das ist fürchterlich!«
Er bricht in schallendes Kindergelächter aus. »Und sobald ich darüber rede, siehst du…«
Er betrachtet sein Anhängsel mit dem gerührten Blick, den man für sein eigenes, unerzogenes Kind übrig hat. Er ist auf naive Weise stolz zu gefallen und empfindet keinerlei Verlegenheit. Seine Schamhaftigkeit liegt anderswo. Er weiß, daß es bei ihm nicht am Körper fehlt.
»Unglaublich. In die Tropen mußte ich reisen, um dich nackt herumspazieren zu sehen und das Anomale an dir zu entdecken! Beziehungsweise das Animale!«
Sie ergreift Gauvains Geschlecht, hält es in der Hand, prüft sein Gewicht.
»Sogar wenn er leer ist, wiegt er noch… ich weiß nicht… zweihundertfünfzig Gramm?«
Sie mag es, ihm zu schmeicheln, dummes Zeug zu reden, sich vor ihm niederzuknien wie Lady Chatterley, die er nicht kennt, vor »the devine engine«. Sogar ein wenig Lügen macht ihr Spaß, damit er sich noch leidenschaftlicher gibt, kurz, sich wie ein einfältiges Lustobjekt zu verhalten und jener kleinen Neigung zu ordinärer Schlüpfrigkeit, die sie bisher an sich nicht kannte, freien Lauf zu lassen. Auch dafür liebt sie Gauvain: für diese unbekannte George, die er heraufbeschwört und die sich plötzlich nicht mehr verdrängen läßt. Eine Person, die abends nicht mehr liest, damit sie sich schneller seinen Liebkosungen hingeben kann, die sich in ihrer Kleidung seinen Sexualkriterien anpaßt, die ihm seine Plumpheiten, seine Fehler, alles, was sie bei einem anderen gehaßt hätte, verzeiht, nur wegen der Sinneslust, die sie von ihm erwartet, wegen dieses unvernünftigen, dieses nicht zu rechtfertigenden Begehrens. Aber in wessen Namen nicht zu rechtfertigen? Wozu die allgemeine Besessenheit, die Sexualität zu verstehen, wie man die Mathematik versteht? Die Sexualität hat keine andere Bedeutung als sich selbst. All dies ist weder seriös noch wünschenswert, sagt sich George, sobald die Anstandsdame in ihr die Oberhand gewinnt. Allein romantische Umstände konnten dieses Feuer erhalten. Schließlich hatten sie noch nie zehn Tage zusammen verbracht, man konnte nur hoffen, daß eine bessere Kenntnis des anderen, die Wiederholung (notwendigerweise eintönig, fügt die Anstandsdame hinzu) der gleichen Gesten dem Zauber ein Ende bereiten würden; übrigbleiben würde dann eine vornehme Sehnsucht, die einigermaßen vereinbar wäre mit der beiderseitigen Lebensführung. Allmählich müßte es doch möglich sein, zwei Stunden zu verbringen, ohne Verlangen nach diesem Kerl zu haben, sagt die Anstandsdame. Man müßte aufhören, ihn mit schmutzigen Hintergedanken anzugaffen. Aber Gnädigste, selbst in der Nacht werde ich von der geringsten Bewegung seines Körpers wach, wie soll ich verhindern, daß Schlaf sich in Wollust verwandelt, ähnlich wie auf den alten Stichen, wo der Flügel des Vögleins allmählich zum Segel wird, ohne

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