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Salz auf unserer Haut

Salz auf unserer Haut

Titel: Salz auf unserer Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benoîte Groult
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schlecht« oder »Diesmal hat's uns bös erwischt«: Solche Sätze bringen schon ein Höchstmaß an Kommunikation und werden mit nachdenklichem »Ach ja! Das kann man wohl sagen!« beantwortet, wonach jeder einen Augenblick des Schweigens einlegt und seiner eigenen Erfahrung nachhängt.
    Aber an jenem Abend auf der Insel von weiland Gabriel de Choiseul, Duc de Praslin, ist der mit vier Glas Punsch beschwerte Lozerech nicht mehr Lozerech. Er ist ein Mann geworden, der endlich etwas von dem nach außen dringen läßt, was er in seinem tiefsten Innern verwahrt. Und das ist noch schlimmer als die Liebe. Bestürzender, denn mit einer Frau reden hat mit nichts Ähnlichkeit, was er bisher getan hat. Das Harte auszusprechen, das gelingt ihm gerade noch. Aber gestehen, was er liebt, das ist, als ob ihm Gewalt angetan würde. Auch George ist ein wenig betrunken, die Tabletten, der Alkohol… und das beruhigt ihn. Sie werden ihre Hütte zum Abendessen nicht verlassen, wegen des Knöchels. Und während sie sich satt essen an exotischen Früchten, hört Gauvain nicht mehr auf zu erzählen: das Fischen vor Dakar oder an der Elfenbeinküste, das Abenteuer einer jeden neuen Ausfahrt, die Aufregung, wenn man auf eine Fischbank stößt, das Wasser, das zu brodeln anfängt, wenn die Fische nach oben kommen, die starke Bambusangel, die man schnell ergreifen muß, die Abspritzrampe, die dem Thunfisch die Horde von Besessenen verbergen soll, die sich alle, vom Bordmechaniker bis zum Schiffskoch, für die große Jagd bereit machen. Und dann der Augenblick, der so brutal ist wie die Liebe, ja, das hat er gesagt, so brutal wie die Liebe, wo jeder mit einem Ruck aus der Hüfte seinen Thunfisch oder seinen Bonito, die beide bis zu zwanzig Kilo wiegen können, an Bord heraufholt; die Gier der Tiere, die Aufregung der Männer, das Blut auf dem Ölzeug, das unaufhörliche Schlagen des Fisches an Deck, die Haken ohne Widerhaken, damit der Fisch schneller abgenommen werden kann, und dann schnell die Leine zurück ins Wasser…
    George hat früher schon bemerkt, daß Gauvain jedesmal, wenn er von seinem Beruf erzählt, bretonische Ausdrücke verwendet und einen stärkeren Akzent hat. Es macht ihm Spaß, ihr seine Geheimsprache, seinen Berufsjargon, zu erläutern, ihr von den aufgespürten Thunfischschwärmen oder von dem Rogen zu erzählen, der verwendet wird, um die Köder zu fangen, Sardellen, die wiederum den Thunfisch anlocken, von diesen ganzen Vorbereitungen auf die große Konfrontation. Ja doch, das bedeutet mehr Arbeit als das Treibnetz, die Haken müssen unentwegt mit neuem Köder bestückt werden. Es läuft ziemlich viel schief, weil alles so schnell gehen muß, und manchmal saust ein Mann über Bord, aber das gehört dazu, sonst wäre es langweilig. Seine Augen glänzen. In seinem Blick erkennt man die Achtung vor dem Gegner, diesem großen Räuber, dem Thunfisch. »Ein wunderbares Tier, das sich zu verteidigen weiß, das solltest du mal sehen! Ich hab' es erlebt, daß dreizehn Mann in weniger als einer halben Stunde dreihundert Fische hochhievten. Und zwar keine Winzlinge!«
    Sie sagt: »Das muß ein grandioser Anblick sein!«
Und er antwortet: »Ja, toll…«
    Grandios ist nicht Bestandteil seines Vokabulars. »Aber das ist alles zu Ende, sozusagen!« schließt er mit dem für Seeleute typischen Fatalismus. »Die Reeder entscheiden alles, sie wechseln die Schiffe und die Mannschaften aus, wie es ihnen gerade paßt. Wir sind weniger als nichts wert. Diese Art von Fischerei ist überholt. Mit den Perlon-Ringwaden, die die Amis mittlerweile einsetzen, sammeln sie zehn Tonnen am Tag ein. Wir, wir können froh sein, wenn unser ganzer Fang zehn Tonnen hat. Tja, damit ist Schluß«, sagt er mit abwesendem Blick. Plötzlich ist er weit weg von George. Er hat für sich allein geredet.
    »Du würdest aber auf einem Schleppnetzfischer viel mehr verdienen, oder? Und es wäre komfortabler, eine weniger harte Arbeit.«
    »Ja, mehr verdienen würde man schon, klar, aber…«
    Er spricht den Satz nicht zu Ende. Er kann sie nicht in Worte fassen, seine Nostalgie, sein Heimweh nach der handwerklichen Fischerei, wo der einzelne noch einen Wert darstellte, den einzigen, echten, bevor die Radaranlagen den Riecher des Kapitäns ersetzten und die Elektronik an die Stelle von Mut und Erfahrung trat. »Mit dreizehn habe ich schon Thunfisch gemacht. Damals war's auch noch echter Thunfisch, der hatte nix zu tun mit ihrem roten Zeugs…«
    Mit dieser Art des

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