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Salz auf unserer Haut

Salz auf unserer Haut

Titel: Salz auf unserer Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benoîte Groult
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abreisen.«
»Dieser Aufenthalt auf den Seychellen mit dir ist die schönste Erinnerung meines Lebens. Aber ich…«
»Es ist mir unangenehm, dich darum zu bitten«, fährt Gauvain schnell fort, ohne mir Zeit zu lassen, Einwände anzubringen, »weil die Reise wahnsinnig teuer ist, ich weiß. Aber seit Juli gibt es einen internationalen Flughafen, es ist nicht mehr so umständlich. Und wir könnten bei Conan wohnen, erinnerst du dich an ihn?
Er macht 'ne Art Entwicklungshilfe dort, seitdem die Inseln unabhängig sind. An Ort und Stelle wirst du überhaupt keine Unkosten haben, ich lade dich ein, solange du willst. Aber natürlich ist die Reise teuer, klar. Wenn du kämst«, fügt er noch hinzu, »wär' das unser zwanzigster Jahrestag, weißt du das? Das könnten wir auf der Raguenès feiern, da täten wir uns wie zu Hause fühlen!«
Nach zwanzig Jahren fünfzehntausend Kilometer zurücklegen für das Geschlechtsorgan des Herrn Lozerech! Eine teure Angelegenheit! sagt die Anstandsdame.
Ja, eine so teure Angelegenheit, daß es alles plötzlich keinen Sinn mehr macht. Ich weiß nicht mehr, woran ich bin, aber Gauvain hat seine Hand auf meine gelegt, eine dieser großen, umständlichen Hände, mit denen er nie weiß wohin und die immer so deplaziert wirken, außer an Bord und auf mir.
»Es ist wirklich kompliziert, die Reise dauert vierundzwanzig Stunden, oder? Aber wenn mein Buch sich gut verkauft, kann ich vielleicht eine Lösung finden, ich könnte ja um einen Vorschuß vom Verlag bitten. Im Sommer fährt Loïc mit seinem Vater in Ferien, da wäre ich vollkommen frei. Also, ich werde mich mal wegen der Preise erkundigen, vielleicht gibt es Charterflüge, mal sehen, ich sage dir dann Bescheid…«
Gauvain hat mein Zögern registriert. »Versuch zu kommen«, sagt er, »ich bitte dich darum.«
Diese schlichten Worte wühlen mich auf. Er war bereit, mir alles zu geben, und hat nie etwas von mir verlangt, und nun braucht er mein Ja, jetzt, hier, sofort. Seine Hilflosigkeit, die so selten sichtbar ist, erschüttert mich. Wenn ich Gauvain weiterhin liebe, dann gehorche ich einem sehr reinen Gefühl, scheint mir, denn nur eine echte Liebe kann erklären, daß die Hindernisse uns nie entmutigen. Es wäre so unendlich viel leichter, einen gebildeten, eleganten Mann zu lieben, der frei über seine Zeit verfügt, in Paris lebt, reich und intelligent ist!
Seitdem er mein Versprechen zu kommen sorgfältig in seinem Herzen verstaut hat, ist unsere Beziehung wieder leicht geworden. Wir fahren im Auto nach Paris zurück wie ein Paar, das das Leben für einige Zeit trennen wird, das aber seiner Zukunft ganz sicher ist. »Zu unserem Jahrestag machen wir ein ganz tolles Fest«, verspricht er. »Das können die dort. Und wir nehmen Youn mit, meinen Stellvertreter, wenn es dir recht ist, der kennt alle guten Adressen auf der Insel. Ich hab' ihm von uns erzählt. Er hat auch eine Freundin in Lorient, ein Mädchen, das er seit langem liebt. Aber seine Frau ist in einer Irrenanstalt, da kann er sich nicht scheiden lassen.«
Ganz flüchtig, aber nicht ohne Unbehagen, frage ich mich, was ich täte, wenn Lozerech Witwer würde. Die vernachlässigten Ehefrauen wissen nicht, daß sie manchmal die Bedingung für eine andere Liebe sein können, manchen Ehemännern liefern sie ein bequemes Alibi, andere bewahren sie vor allzu konsequenten Abenteuern, und zum Schutz gereichen sie denen, die die Wahrheit in Verzweiflung stürzen würde. Ich habe es auch Marie-Josée zu verdanken, dem, was sie ist und dem, was sie nicht ist, daß ich Gauvain lieben kann, ohne ihn ein zweites Mal verletzen zu müssen. In einem Auto, vor allem wenn es klein ist, entsteht die Sicherheit des Mutterleibes wieder. Wir machen es uns gemütlich in einer von der Welt abgeschlossenen Zelle, und die Landschaft scheint sich um uns herum zu bewegen. Wie jedesmal, bevor wir uns trennen, versuchen Gauvain und ich uns zu beruhigen über diese Liebe, die uns sogar in den Augenblicken der heftigsten Lust nicht ihr widersprüchliches Gesicht vergessen läßt.
»Hast du übrigens bemerkt, daß unsere Hütte auf der Insel von Raguenès eingestürzt ist? Heute könnten wir uns nicht mehr dahin flüchten. Wenn man bedenkt, daß wir jetzt vielleicht nicht zusammen hier wären, wenn diese Mauern damals schon nicht mehr gestanden hätten!«
»Für mich war das Vorsehung, das wird mir keiner ausreden!« verkündet Gauvain, der vermutlich auf einem viel zu unsicheren Element lebt, als daß er dem

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