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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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er dann erst recht nicht schlafen können.
    »Was ist eigentlich mit Sebastian Michalek?«, fragte Katharina nach einer Weile. Neben ihnen machte sich das Paar zum Aufbruch bereit.
    »Michalek?«, fragte Bosch. »Der hat die Chuzpe gehabt, seine Diplomarbeit bei uns einzureichen.« Er schüttelte den Kopf. »Über Michael Pacher. Kannst du dir das vorstellen? Der traut sich was. Ich hab die Betreuung natürlich abgelehnt. Müller-Troschke wird’s wohl machen.«
    »Müller-Troschke?«
    »Unser neuer Institutsvorstand. Salcheneggers Nachfolger.« Bosch schob sein Weinglas hin und her. »Kommt aus Berlin. Ein sehr fähiger Mann.«
    »Was? Ein Mann mit Doppelnamen?«
    Das hatte Bosch auch gewundert. In Österreich deutete ein Doppelname zumindest auf eine adelige Herkunft hin. Aber ob das bei Müller-Troschke nun der Fall war? »Schätze, das ist jetzt modern.«
    »Du hättest den Posten bekommen sollen«, sagte Katharina, stützte die Ellenbogen auf den Tisch und verschränkte die Hände unter dem Kinn. »Ja, der Meinung bin ich wirklich.«
    »Ach was.« Sollte er ihr gestehen, dass er sich nicht einmal beworben hatte? Ihre Anteilnahme rührte ihn. Aber er hasste den akademischen Betrieb nun mal. Er wollte frei, nicht nach Vorlesungsplan, arbeiten und seinen Zugang zur Kunst wiederfinden. Dann würde er auch wieder malen können. Vielleicht sollte er ein Sabbatical-Jahr nehmen. Gleich morgen würde er sich nach der Möglichkeit erkundigen.
    Katharina hatte sein langes Schweigen wohl missverstanden. »Weißt du, was du brauchst?«, fragte sie. »Urlaub.«
    »Urlaub …«
    Der Pianist spielte jetzt leise Weihnachtslieder in einer modernen Fassung. Bosch mochte eigentlich keinen Jazz. Aber bei Weihnachtsliedern fand er ihn nicht so unpassend. Es klang nicht mehr so süßlich und falsch. Bosch nahm einen Schokoladenkeks und schob ihn in den Mund. Vielleicht sollte er sich höflich verabschieden und heimgehen. Er wollte einfach nicht mehr an all das denken.
    »Dass du mit der kleinen Salchenegger keinen Kontakt mehr hast …?« Katharina hatte ein gewisses Talent für Fettnäpfchen, das musste man ihr lassen. Er hatte ja verstanden, dass Michi nicht auf Dauer in ihrem Elternhaus bleiben wollte. Aber es so schnell zu verkaufen und nach Wien zu ziehen, ohne auch nur Auf Wiedersehen zu sagen? Es kränkte ihn sehr, dass er am Ende doch kein Freund für sie gewesen war. Michi hatte mehr von ihrem Vater, als sie sich wünschen konnte.
    »Mit wem? Michi?«
    »Ja. Michi.«
    »Warum sollte ich?«
    »Na ja«, sagte Katharina. »Ich hatte immer das Gefühl, als wäre da … so ein gewisses Interesse vorhanden.«
    »Was?«, sagte Bosch. »Bei wem?« War seine, nun ja … seine Zuneigung so offensichtlich gewesen? Etwa auch für Michi? Dann hatte er sich auf jeden Fall lächerlich gemacht. Er spürte, wie ihm das Blut in die Wangen stieg, griff schnell nach seinem Rotweinglas und trank einen großen Schluck. Trotzdem, verabschieden hätte sie sich können.
    »Jetzt tu mal nicht so.« Katharina deutete mit dem Kinn zu dem Paar hinüber, das gerade zur Tür ging. »So wie du bei Frauen ankommst.«
    »Was soll denn das schon wieder heißen?«, fragte Bosch.
    Katharina seufzte. »Ich hab heute mit deiner Mutter telefoniert«, sagte sie. »Sie lässt dich grüßen.«
    Kannten diese Journalisten denn überhaupt keine Intimsphäre? Bosch nahm sich noch einen Zimtstern. Wenn sich das Gespräch ab jetzt nur noch um sein Privatleben drehte, würde er es beenden. Wahrscheinlich war das bei Katharina eine Berufskrankheit.
    »Ich hab ein Zimmer im Enzianhof für die Feiertage festgemacht«, sagte sie und faltete die Hände vor sich auf dem Tisch. »Und eigentlich wollte ich dich fragen, ob du nicht mitfährst. Ich könnte dich am vierundzwanzigsten gegen Mittag mitnehmen.« Sie deutete mit dem Kinn auf den Keks in seiner Hand. »Sag mal, musst du die ganze Dekoration auffressen?«
    Bosch legte den Zimtstern auf den Tisch zurück.
    »Nichts macht den Kopf so frei, wie ein Winterurlaub in klarer Bergluft«, sagte Katharina. »Und danach gehst du die Sache mit deiner Malerei noch mal ganz von Neuem an.«
    »Du verbringst den Heiligen Abend nicht bei deiner Familie?«
    »Nie. Warum? Du ja offensichtlich auch nicht.«
    Bosch steckte sich nun doch den Zimtstern in den Mund und rieb sich demonstrativ die Krümel von der Handfläche. Dann griff er zu seinem Weinglas. Das Verhältnis zu seiner Mutter und dem Rest der Sippe ging sie nun wirklich nichts an.

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