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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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schuldete ihm nichts. Wenn es ihr half, würde sie ihn opfern. Ob sie sich damit ihr Überleben erkaufen konnte, war eine andere Frage.
    Er drehte sich in exakt dem gleichen Moment zu ihr um, in dem sie sich ihm zuwandte. Sie hob das Gesicht und fand seine Lippen. Er küßte sie sanft zurück. Für einige Zeit taten sie nichts anderes. Es war ein sehr berührender Kuß, zärtlich und beinahe – nur beinahe – keusch. Ihre Lippen waren weich und warm.
    Der Wagen schlingerte, und die Bewegung riß sie auseinander. Er verließ die Straße und fuhr nun auf einem schmalen, holprigen Weg, der stetig bergab führte. Beide stemmten sie ihre Füße gegen den gegenüberliegenden Sitz, um sich mehr Halt zu verschaffen.
    Er fragte sich, wer sie denunziert hatte. Herausfinden würde er es nie.
    Sie schwiegen. Es gab nichts zu sagen. Sie küßten sich nicht noch einmal. Die holprige Straße warf sie auf ihren Sitzen hin und her, und sie hätten sich schnell die Zähne ausgeschlagen bei dem Versuch, sich noch einmal näher zu kommen.
    Ein außerordentlicher Kuß, Udolf sann immer noch darüber nach. Sanft und innig, erwartungsvoll und unschuldig. So schätzte er sie gar nicht ein – und sich selbst auch nicht. Er mochte wilde Leidenschaft. Er ging gern ein wenig zu weit mit jedem Kuß, den er gab.
    Dieser war anders gewesen.
    „Warum hast du mich geküßt?“
    „Ich wollte etwas Schönes haben, woran ich nachher denken kann.“
    Er schluckte und lächelte verlegen.
    „Danke“, sagte er. „Das war auf alle Fälle schön. Zumindest für mich – sehr schön.“
    „Ist es das nicht immer, wenn du ein Mädchen küßt?“
    Sie schwiegen wieder, und Udolf fragte sich zum ersten Mal, was sie von ihm denken mochte. Eine seltsame Frage, die er sich bei Damenbekanntschaften noch nie gestellt hatte. Er ging schlichtweg immer davon aus, daß sie ihn mochten. Er war groß, gutaussehend, adrett – besonders in Uniform –, amüsant und ein leidenschaftlicher Liebhaber. Er liebte die Liebe, nicht notwendigerweise einzelne Damen. Er brach Herzen und zog weiter. Nur einmal hatte er sich tiefere Gefühle erlaubt und war gescheitert. Cérise hatte mit ihm gespielt und ihn dann fallen gelassen. Er hatte ihr nie vergeben.
    Doch diese Überlegungen brachten ihn nicht weiter. Wenn ihm nicht bald ein Ausweg einfiel, würde seine Haltung Cérise gegenüber zusammen mit seinen sterblichen Überresten irgendwo verscharrt. Gleich neben dem Mädchen.
    Sie entfernten sich von Ischl, fuhren zurück ins Ausseer Land. Wohin es ging, wußte er nicht, doch er nahm an, daß man sie zum Anführer des Komplotts brachte. Über den Mann hatte er mehr herausfinden wollen. Jetzt erhielt er die Gelegenheit dazu. Ob er auch Gelegenheit haben würde, sein Wissen weiterzumelden, war eine andere Frage.
    Der Pfad führte durch einen Bergwald. Noch heftiger wurden sie auf ihren Sitzen hin und her geworfen, doch im Vergleich zu dem, was sie erwartete, war dies nur eine mindere Unbequemlichkeit.
    „Falls es dir gelingt wegzulaufen, dann lauf. Zögere nicht. Lauf nach Ischl. Verlaß das Land auf kürzestem Weg. Warte nicht … auf irgendwen“, murmelte er.
    Sie nickte.
    Nach einer Weile sah sie ihm ins Gesicht.
    „Ich habe Angst“, sagte sie.
    Er auch. Doch so etwas sagte man nicht zu einer jungen Dame. Hausangestellten. Frau. Er war Chevauleger, mutig und waghalsig, kühn und draufgängerisch. Diesen Mut würde man nun auf den Prüfstand stellen. Sie würden ihn töten. Die Frage war nur, wie schnell.
    Zu Pferd hätte er entkommen können. Er hätte sich für Tempo statt Tarnung entscheiden sollen. Zu spät. Ein Heldentod für die Pflicht.
    Sie starb vergebens.
    „Wenn sie dich fragen, dann sag, du wärst von deiner Herrschaft weggelaufen, um zum Theater zu gehen. Ich habe dir Geld geboten, damit du mich nach Ischl begleitest“, zischte er. „Du hast das angenommen, weil es deinen Plänen entgegenkam.“
    „Sie werden mich für eine Cocotte halten“, wisperte sie zurück.
    „Das werden sie ohnedies.“ Sie würden denken, was immer sie wollten.
    „Ich wäre lieber deine Ehefrau.“
    „Deine Überlebenschancen sind aber besser, wenn sie glauben, daß du nichts mit mir zu tun hast.“
    Die Kutsche schwankte bedenklich, und sie fielen fast vom Sitz.
    Sie schwiegen, und der Wagen ruckelte weiter. Er sah ihr ins Gesicht, versuchte, sich jede Einzelheit ihrer unglaublichen Schönheit einzuprägen. Ihre Augen standen leicht schräg, die Iris war groß und grün. Die

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