SAM
verzogenen Lippen hervor. Ich spüre ihren eisigen Atem in meinem Nacken: „Dich! Und ihn!“, zischt sie.
„Ich habe ihn seit dem Brand nicht mehr gesehen“, stöhne ich hervor, denn sie hat den Druck gegen die Wand erhöht. Ich weiß natürlich genau, wen sie mit ihn meint.
„Du bist eine erbärmliche Lügnerin! Dein ganzes Haus riecht nach ihm. Also erspar mir deine Märchen.“ Sie wirbelt mich mit unglaublicher Leichtigkeit herum und packt mich an der Kehle, so dass ich röchelnd versuche Luft zu bekommen. Mein Herz hämmert wild gegen meine Brust. Ich sehe in ihre kalten, schwarzen, hasserfüllten Augen. Sie hat die Lippen leicht zurückgezogen, um ihre langen spitzen Zähne zu entblößen. Plötzlich hält sie kurz inne, als höre sie etwas. Ihre Augen weiten sich und blicken mich erstaunt an. Dann verfinstert sich ihr Gesicht wieder und sie wirft mich mit einem tiefen, kehligen Grollen mit aller Wucht gegen die gegenüberliegende Badezimmertür. Ich schlage heftig mit der Schläfe gegen die Türklinke und bemerke nur noch, wie alles um mich herum schwarz wird.
Ich komme zu mir. Ich habe schreckliche Kopfschmerzen. Langsam versuche ich die Augen zu öffnen. Ich liege auf einem kalten Steinboden, es ist dunkel um mich herum. Es riecht modrig, feucht. Ein Keller oder ein Verlies, geht es mir durch den Kopf. Ich bleibe still liegen und lausche. Als ich glaube mir sicher zu sein, dass ich alleine bin, beginne ich mich aufzurichten. Mein Schädel brummt und mir wird sofort schrecklich schwindelig, als ich mich auf meine Arme stütze. Nicht nur mein Kopf scheint zu platzen vor Schmerz, auch der Rest meines Körpers ist arg angeschlagen.Die letzten Sekunden, bevor ich das Bewusstsein verlor, kommen langsam und schleppend zurück in meine Erinnerung. Madelaine! Mein Herz beginnt erneut zu rasen und Angst breitet sich in mir aus. Wo bin ich? Was ist mit mir passiert, nachdem ich bewusstlos wurde?Ich komme endlich in eine sitzende Position und schließe die Augen, um dem Schwindel entgegenzuwirken. Nach einigen Sekunden öffne ich erneut die Augen und versuche mich umzusehen, meine Umgebung zu erkunden.Es fällt so wenig Licht hier hinein, dass ich Konturen nur erahnen kann.Dort scheint eine Treppe zu sein. Es ist alles, was ich ausmachen kann. Mein Atem geht schnell und ich beginne zu frieren.Hilfe! Ich brauche Hilfe! Ich sitze auf dem Boden, die Knie angewinkelt an meinen Körper gezogen und versuche die stechenden Kopfschmerzen zu verdrängen und einen halbwegs klaren Gedanken zu fassen. Ich taste vorsichtig um mich herum. Eine Armlänge entfernt scheint eine Wand zu sein. Ich spüre das kalte Gemäuer unter meinen klammen Fingern. Langsam und überaus vorsichtig rutsche ich zu der Wand, um mich beim Aufstehen abstützen zu können.Aber aus dem Vorhaben wird nichts. An aufstehen ist nicht zu denken, mit solch einer Kraft trifft mich das schwindelige Gefühl wieder. Panik! Ich muss mir bei dem Fall gegen die Türklinke eine Gehirnerschütterung oder ähnliches zugezogen haben. Ich habe Angst. Was wird sie mit mir machen, wenn sie zurückkommt. Tränen rinnen über mein Gesicht und mein Schluchzen klingt laut und unnatürlich.Verzweiflung macht sich in mir breit. Sie war so stark, ich hatte nie auch nur ansatzweise eine Chance gegen sie. Plötzlich höre ich Stimmen, von über mir. Und Schritte.Mein Herz überschlägt sich fast. Ich halte den Atem an und drücke mich ängstlich an die Wand.Rechts über mir, dort, wo ich die Treppe vermute, höre ich, wie ein Schlüssel in einem Türschloss herumgedreht wird, die Tür sich laut quietschend öffnet und ein Lichtspalt in die Dunkelheit fällt.
„Bring sie nach oben, ich habe keine Lust mich schmutzig zu machen“, gibt eine männliche Stimme schroff Anweisungen. Mit vor Angst geweiteten Augen sehe ich, wie eine Gestalt die Treppe hinunter kommt. Ein Mann. Auf der letzten Stufe bleibt er stehen und verweilt. Ich halte die Luft an und verhalte mich ganz still, in der Hoffnung, er bemerkt mich nicht. Dann jedoch kommt er mit gezielten Schritten auf mich zu, greift meinen Arm und zieht mich hoch. Ich schreie auf, unter der Brutalität, mit der er mich greift und unter dem Schmerz, der wie ein Blitz durch meinen Kopf fährt. Taumelnd folge ich dem Mann, dessen Gesicht ich bisher nicht erkennen konnte. Er ist groß und ein Berg von einem Mann. Er schleift mich mehr oder weniger die Treppe hinauf und ich muss die Augen schließen bei dem hellen Licht, das mich hier
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