SAM
triumphierend auf. Ich habe keine Ahnung woher ich den Mut nehme mich an sie zu wenden, als ich mit kratziger Stimme sage: „Du hast ihn verflucht. Du hast ihn gequält, du hast ihn unendlich leiden lassen. Bist du wirklich so stolz darauf?“
Ihr Gesicht verwandelt sich von einer Sekunde zur anderen in eine einzige wütende Fratze. Ihre Augen sind blutunterlaufen, ihre Pupillen schwarz und ihr Mund ist weit aufgerissen und sie droht laut knurrend mit einem Gebiss, auf das jeder Säbelzahntiger stolz gewesen wäre. Ich werde halb wahnsinnig vor Angst und klammere mich an Rhys Arm, der nichts, aber auch rein gar nicht tut, um mich vor ihr zu schützen. Er starrt Lylha nur unbewegt an. Toller Bodyguard!
„Ich musste es tun, du naives, dummes Ding“, schnarrt sie mich an und schleicht wie eine Raubkatze um mich herum. „Ich muss meine geliebten Kinder doch schützen. Sie brauchen einen Anführer. Einen Vampir, der sie in dieses neue Zeitalter führt. Alexander ist dieser Vampir: Er ist stark, mutig, ehrgeizig und furchtlos.“ Sie macht eine kleine Pause, um dann zischend fortzufahren: „Die Zeit ist gekommen um neue Wege zu gehen. Die alten, glorreichen Zeiten der Vampire sind vorbei. Viele unserer Art vegetieren nur noch dekadent vor sich hin. Wir sterben aus, sind nicht mehr in der Lage uns fortzupflanzen.“ Sie scheint sich wieder beruhigt zu haben als sie leise fortfährt: „Unsere Gesellschaftsform ist gescheitert und Balthasar ist sich dessen bewusst. Er will mit einem letzten Aufbäumen der Reinrassigen eine Schreckensherrschaft anführen und alles vernichten, was ihm im Weg steht.“ Sie wendet sich ab und geht zu dem Tisch um eine Rolle Papier in die Hände zu nehmen. Das Papier ist ganz offensichtlich sehr alt, wirkt wie Pergament und ist vergilbt. Lylha schaut auf die Schriftrolle und ein kaum hörbares Seufzen entgleitet ihr. Oh, mein Gott, hält sie womöglich wirklich die Alten Schriftrollen in ihren Händen? Mein Herz schlägt schneller gegen meine Rippen und ich halte unwillkürlich den Atem an. Langsam entrollt sie das Papier und wirft einen Blick darauf, so als wolle sie sich das, was darauf niedergeschrieben steht, einprägen.
„Es wird Zeit….“, sagt sie mit ihrer sanften Mädchenstimme und geht auf den Kamin zu. Sie nimmt eines der Blätter und wirft es vollkommen unerwartet in die Flammen vor ihr. Ich schnappe nach Luft, trete einen Schritt vor, um sie davon abzuhalten noch mehr von den Alten Schriften zu vernichten. Rhys hält mich an der Hand fest. Ich sehe ihn verständnislos an, doch er schenkt mir nur einen finsteren Blick, der soviel heißt wie: „Reize sie nicht noch einmal“ und schüttelt kaum merklich den Kopf. Ich kann mir ein verständnislosen Schnaufen nicht verkneifen, als Lylha auch schon fortfährt.
„Balthasar muss aufgehalten werden“, stellt sie mit kalter Stimme fest. „Nur mit Alexander und dir hat unsere Art noch die Möglichkeit zu überleben. Du bist die letzte Auserwählte, meine einzig legitime Nachfolgerin. Alexander und du, ihr werdet eine neue Epoche begründen.“ Erneut blickt sie auf die Schriftrollen und wirft ein weiteres Blatt ins Feuer. Mit einem leisen ppfff zerfällt es sofort zu Asche. Jahrhunderte alte Geschichte und Tradition …. vernichtet! Endgültig! Jetzt werden wir nie mehr erfahren, was darin geschrieben stand.
„Die Schriften dürfen niemals in die Hände Balthasars gelangen. Ihre Geheimnisse sollen für ewig in den Flammen verschlossen bleiben“, flüstert sie leise. Ich löse mich von Rhys und gehe mit weichen Knien einige Schritte auf sie zu: „Aber wie sollen wir eine Chance gegen Balthasar haben, wenn du das, was uns vielleicht helfen könnte ihn zu vernichten, verbrennst?“ Meine Stimme klingt aufgebracht und doch auch eine Spur ängstlich. Ich glaube zu spüren, wie mächtig dieses Mädchen ist. Sie ist der Ursprung der Vampire und die Mutter aller Auserwählten.
„Ich werde schwächer, Samantha. Alles was unsere Rasse ausmacht, habe ich Alexander geschenkt. In ihm sind alle übernatürlichen Fähigkeiten unserer Art vereint. Und Du,“, sie sieht mich nun direkt an, „dir werde ich all mein Wissen und meine Macht anvertrauen. Es wird der Tag kommen, an dem du auf ewig an der Seite Alexanders unsere Art anführen wirst. Aber…“, sie macht eine kurze Pause um ihren folgenden Worten mehr Gewicht zu verleihen. Ihre Augen sind fest auf mich gerichtet, brennen sich in die meinen. „Du wirst einen hohen
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