SAM
gehorchen wollen. Rhys fängt mich auf, hält mich, während ich immer noch gegen diesen Druck in meinem Kopf ankämpfe. Dann plötzlich, durchzuckt es mich wie ein Blitz. Ein gleißend helles Licht blendet mich. Ich bäume mich auf und reiße meine Hände vor meine geschlossenen Augen, um mich zu schützen. Mein Körper gehört nicht mehr mir, wilde unkontrollierte Zuckungen durchfahren meine Glieder und eine eisige Kälte nimmt von mir Besitz. Ich stöhne laut auf, halte die Schmerzen in meinem Kopf nicht mehr aus und ergebe mich wimmernd meinem Schicksal. Und dann genauso unvorhersehbar und plötzlich … Ruhe und Dunkelheit. Die Schmerzen sind verschwunden. Ich fühle mich leicht, fast schwebend. Meine Augen sind immer noch geschlossen. Innerhalb von Sekunden fließen in atemberaubendem Tempo Unmengen von Gedanken und Bildern in mein Gedächtnis. Erinnerungen, Eindrücke und Empfindungen stürzen auf mich ein und scheinen mich wie eine schwere Last zu erdrücken. Ich schnappe nach Luft, halte mich an Rhys‘ Hand fest. Ich sehe fremde Gesichter und Orte, an denen ich noch nie war. Stimmen schwirren wie ein Bienenschwarm in meinem Kopf umher, sie reden durcheinander, werden lauter, dann wieder leise, manches ist nur ein unverständliches Flüstern. Dann wieder Bilder, grausame Szenen von Krieg, Tod und Verzweiflung, Hunger und Elend. Wie ein Sturm fegen die Bilder durch meinen Kopf, es ist eine Zeitreise durch die Jahrhunderte. Es ist ein einziges Chaos, ein Universum voller erlebter Geschichte scheint mich mitzureißen und zu verschlingen. Und dann, plötzlich, erneut Ruhe, Dunkelheit.
Es können nur Sekunden gewesen sein, aber mir kam es vor, wie eine halbe Ewigkeit, als ich spüre, wie mich ihr Gedankenstrom langsam loslässt und ich wieder Herrin meiner selbst bin. Ich öffne langsam meine Augen, räuspere mich und bringe meinen Körper wieder in eine aufrechte Position. Ich fühle mich erschöpft und müde. Die Kopfschmerzen sind immer noch da, aber sie sind inzwischen erträglich. Lylha dreht sich wieder zu uns und hebt den Kopf an. Es scheint, als würde sie lauschen, während ich immer noch damit beschäftigt bin, mich wieder zu sammeln.
„Geht, schnell, sie kommen!“, fordert sie uns plötzlich auf und drängt uns zu einem inzwischen geöffneten Spalt an der rechten Wand.
„Gib auf dich acht, Samantha. Alexander braucht dich, mehr als jemals zuvor. Balthasar hat einen Dämonen aus den Tiefen der Hölle heraufbeschworen. Er züchtet eine Arme unverwundbarer und gewissenloser Monster heran. Ihr müsst ihn aufhalten, sonst ist alles verloren!“, gibt sie mir flüsternd mit auf den Weg und an Rhys gewandt sagt sie leise: „Pass gut auf sie auf, mein tapferer Krieger. Sie trägt die Hoffnung bereits in sich.“
Rhys hält meine Hand fest umklammert und zieht mich durch den Spalt der Steinmauer und schon stehen wir auf einem kleinen Felsvorsprung und die eisige Kälte der Nacht umfängt uns. Der Wind hat zugenommen und reißt mit gierigen Händen an uns. Mit dem Rücken gegen die Felswand, tasten wir uns den Berg entlang und sehen auch schon die Lichter eines Fahrzeuges die schmale Straße erklimmen.
„Verdammt!“, entfährt es Rhys. Die Felswand ist glatt und ich halte mich krampfhaft an Rhys Hand fest. Wir pressen uns eng an die kalten Felsen und bewegen uns vorsichtig, Stück für Stück weiter. Erst jetzt nehme ich wahr, dass wir uns an einem Abhang befinden. Die Kirche steht auf einem Berg, der an der Rückseite steil abfällt. Obwohl ich mich an Rhys Hand relativ sicher fühle, schlägt mein Herz schnell gegen meine Brust und mein Atem geht stoßweise. Noch immer wirbeln die Gedanken über das, was eben geschehen ist, die Entscheidung über das Ende meines sterblichen Lebens, wild in meinem Kopf umher. Ich habe noch so viele Fragen, muss noch so viel wissen. Unser überstürztes Gehen hinterlässt ein Gefühl der Unvollkommenheit in mir. Was ist mit mir geschehen? Hat sie mir all ihr Wissen und all ihre Erfahrung geschenkt? Wie soll ich sie nutzen? Wie können mir ihre Gedanken helfen Alexander zu unterstützen und Balthasar zu vernichten? Es kostet mich enorme Anstrengung mich auf meine Schritte zu konzentrieren, so sehr bin ich mit den Geschehnissen der letzten Minuten beschäftigt. Eine unbedachte Bewegung und ich rutsche aus und stürze die Klippe hinab. Es kommt mir vor wie eine kleine Ewigkeit, als wir endlich um die Kirche herum sind und den kleinen Vorplatz erkennen, auf dem
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