Samantha Dyson 02 - Verhängnisvolle Jagd
sich zu befreien. Dann spürte er, dass sich das Seil um seine Beine etwas gelockert hatte. Cookie atmete so tief durch, wie es die von Rauch erfüllte Luft erlaubte. Jetzt bloß ruhig bleiben, vielleicht würden die Fesseln durchschmoren und ihn doch noch freigeben. Bestimmt würde bald die Feuerwehr anrücken, schließlich war das Gebäude mit Rauchmeldern ausgestattet. Er musste nur zusehen, dass er aus dem Raum kam, bevor er verbrannte oder erstickte. Sein Blick fiel auf die scharfen Scherben des Monitors, die Schreibtisch und Boden übersäten. Ja, das könnte funktionieren, er musste es nur versuchen.
22
Mit fahrigen Bewegungen sortierte William Ashtree die Post auf seinem Schreibtisch. Natürlich hatte seine Sekretärin das bereits erledigt, doch er musste sich mit irgendetwas beschäftigen, während er darauf wartete, dass Jacobs wieder auftauchte. Und Ashtree von den Höllenqualen erlöste, die er durchlitt, seit er tags zuvor die E-Mail gelesen hatte. Er stützte die Ellbogen auf die Mahagoniplatte und vergrub das Gesicht in den Händen. Wenn es Jacobs nicht gelang, die Sache vom Tisch zu bekommen, dann hatte er die ganzen Jahre umsonst gearbeitet. Nicht nur das – er wäre erledigt, Ende, aus.
Der Schweiß brach ihm aus allen Poren und ließ das Hemd unangenehm auf seiner Haut kleben. Abrupt erhob er sich und stieß um ein Haar mit dem Sessel die wertvolle Skulptur um, die hinter ihm stand. Er achtete kaum darauf, sondern eilte zu dem großen Panoramafenster. Blicklos starrte er auf die geschäftigen Straßen und die winzigen Menschen weit unter ihm. Offenbar wusste die Welt da draußen noch nichts von seinen Verfehlungen, sonst wäre schon längst die Pressemeute vor seinem Büro aufgetaucht, um ihn bei lebendigem Leibe zu verspeisen.
Seine Mundwinkel bogen sich nach unten. Bisher hatte er stets die Nähe der Presse gesucht, sie dazu benutzt, seine Anliegen und seine Karriere zu fördern. Nie hätte er gedacht, einmal selbst zum Opfer einer Hetzjagd durch die Medien zu werden – wenn es so weit kam. Aber als solches fühlte er sich schon jetzt. Was hatte er sich schon zuschulden kommen lassen? Sollte seine Karriere wegen eines toten Nashorns zu Ende gehen? Bisher hatte er ein vorbildliches Leben geführt, es hatte weder Skandale noch Klatschgeschichten in seinem Umfeld gegeben.
Hinter ihm ging lautlos die Tür auf. Erst als Jacobs ihn ansprach, schreckte der Senator auf. Ängstlich glitt sein Blick über Jacobs’ wie immer unbeteiligte Miene, Ashtrees Herz raste. »Nun?«
»Die Sache mit dem Erpresser ist erledigt, er wird Sie nicht mehr belästigen.«
Erleichtert atmete Ashtree aus. Seine Schultern sackten nach vorne. »Gut. Wie viel …«
»Das wollen Sie nicht wissen.«
Der Senator wischte sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Wie …«
»Alles, was Sie wissen müssen, ist, dass der Erpresser überzeugt wurde, die Videobeweise abzugeben und von einer öffentlichen Ausstrahlung abzusehen.«
Ashtree wurde bleich. »Es gibt ein ganzes Video?«
»Ich habe es mir nicht angesehen.« Jacobs hielt seinem Arbeitgeber die DVD hin. »Vielleicht sollten Sie es einfach vernichten.«
Der Senator dachte darüber nach, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, ich will sehen, was er gegen mich in der Hand hatte.«
Jacobs ging zu dem DVD -Player, der gegenüber der Sitzecke stand, und steckte die DVD hinein. Während Ashtree sich in den Sessel fallen ließ, schaltete Jacobs den Fernseher an und drückte die »Play«-Taste.
Ashtree zuckte zusammen, als er das Nashorn sah. Das Blut wich aus seinem Gesicht, während er beobachtete, wie das Tier zusammenbrach und er und seine Begleiter auf der Lichtung erschienen. Das Bild war zwar stellenweise etwas wackelig und verschwommen, aber dennoch war er darauf eindeutig zu erkennen. Wenn das Material an die Öffentlichkeit gelangt wäre, dann wären seine schlimmsten Befürchtungen Wirklichkeit geworden. Als der Film zu Ende war, saß er lange Zeit zusammengesunken in seinem Sessel.
Schließlich hob er den Blick. »Das war meine letzte Jagd. Wenn ich jemals Präsident werden will, dann kann ich mir eine solche Sache nicht mehr leisten.«
»Eine kluge Entscheidung.«
Ashtree machte eine unglückliche Miene. »Ich fürchte, meine Trophäensammlung muss auch verschwinden. Sollte die jemals entdeckt werden …«
Jacobs nahm die DVD aus dem Player. »Ich werde mich darum kümmern. Und den Film vernichte ich auf der Stelle.« Er ging zur Tür, drehte sich aber noch
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