Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz
sollte sie einen solchen Haushalt führen?
Heute würde sie sich nach der örtlichen Hebamme erkundigen.
Sie füllte ihre Tasse erneut mit Schokolade und trug sie zum Fenster. Während sie das köstliche Getränk schlürfte, legte sie ihre Fingerspitzen an die kühle Fensterscheibe und bewunderte erneut das funkelnde Weiß dort draußen.
Eine dunkle Gestalt löste sich aus einer Baumgruppe. Es war ein Gentleman, der einen schwarzen Mantel und einen schwarzen Hut trug und einen riesigen schwarzen Wallach ritt.
Es war Dash. Dash, der einen freigeschaufelten Pfad entlangritt. Sie presste ihre ganze Hand an die Scheibe, als könnte sie ihn auf diese Art berühren. Als könnte er dann spüren, dass sie am Fenster stand und auf ihn wartete.
Rasch stellte sie ihre Schokolade zur Seite und öffnete das Fenster, um ihn zu rufen. Ein Hauch der eisigen Winterluft drang durch den Stoff ihres Morgenmantels. Ihre Nippel richteten sich auf, und sie schnappte erschrocken nach Luft.
Peng!
Der laute Knall ließ sie erstarren. Der Knall eines Gewehrschusses.
Dashs Pferd stieg auf die Hinterbeine, hob sich als scharfer schwarzer Umriss vom blau beschatteten Weiß des Schnees ab.
Dann stürzte Dash zu Boden!
13. KAPITEL
Was war passiert, verdammt noch mal?
Dash stützte sich auf den Arm und zuckte zusammen, als er ein heftiges Pochen in seinem Kopf verspürte. Er spuckte den Schnee aus und wischte sich mit dem Handschuh das Gesicht ab, um es von den Flocken, die ihm an Wimpern und Nase klebten, zu befreien.
Wenigstens hatte er sich nicht das Genick gebrochen, doch wo war sein Pferd?
Ohne auf den ziehenden Schmerz in seiner Brust zu achten, wandte er sich um und erspähte in einiger Entfernung Beelzebub, der versuchte, durch den Schnee zu galoppieren. Mist, das Vieh würde sich mit Sicherheit ein Bein brechen. Dash versuchte, auf die Füße zu kommen, doch der Schmerz nagte an ihm, ihm wurde schwindelig, und vor seinen Augen verschwamm das Meer von Weiß, das ihn umgab.
Er musste Beelzebub einfangen. Musste von hier weg.
Stöhnend fiel er seitlich zurück in den Schnee.
Gewehrschuss.
Es konnte ein weiterer folgen.
Zitternd atmete er im Liegen ein und aus. Das erste Mal war er mit sechs Jahren angeschossen worden. Von einem verantwortungslosen Wilddieb. Sein Bein war von der Kugel gestreift und das Hosenbein aufgeschlitzt worden. Ein ziemlich schrecklicher Unfall. Es hatte die Gefahr bestanden, dass ihn ein Wundbrand dahinraffte.
Damals hatte er nicht gewusst, dass es sein Onkel gewesen war, der den Abzug betätigt hatte.
Wenigstens war sein Onkel ein schlechter Schütze.
War wieder das Gleiche passiert wie damals? Ein Mann auf einem Pferd vor einer weiten schneebedeckten Fläche konnte für einen erfahrenen Schützen kein schwer zu treffendes Ziel sein. Oder war der Schuss absichtlich danebengegangen?
Mühsam schaffte er es, sich hinzuknien. Seine Stiefel waren voll Schnee und hingen bleischwer an seinen Beinen. Er fiel nach vorne, er konnte sich abstützen, indem er die Hände in den Schnee stemmte.
Wartete der Schütze auf die Gelegenheit zu einem weiteren Schuss, oder war er nach dem ersten, fehlgeschlagenen Versuch geflohen?
„Dash!“
Maryanne lief mit gerafften Röcken vom Haus aus auf ihn zu. In ihrer Eile hatte sie die Glastür hinter sich offen stehen lassen. Trotz der eisigen Kälte trug sie nichts über dem Reise-kleid, das sie schon am Tag zuvor getragen hatte. Ihr offenes Haar flatterte im Wind wie ein Umhang aus brauner Seide.
Ihr Gesicht war ebenso weiß wie die verschneite Rasenfläche vor seinem Haus, ihre Augen waren vor Schreck und Angst geweitet, und ihre Lippen fest zusammenpresst. War sie in Sorge, dass er verletzt worden sein könnte, oder fassungslos, weil er es nicht war?
Dann funktionierte sein Gehirn plötzlich wieder. „Geh zurück ins Haus!“, brüllte er ihr entgegen. „Sofort!“
Aber sie lief immer noch auf ihn zu.
„Maryanne, geh sofort in das verdammte Haus zurück!“, wiederholte er mit donnernder Stimme, wahrend er sich auf die Füße kämpfte.
Sie stolperte, als sie in ihren Pantoffeln durch den tieferen Schnee lief, und fiel mit einem Aufschrei nach vorn. Eine weiße Wolke stäubte auf, als sie mit dem Gesicht voran in einer Schneewehe landete. Und als sie gleich darauf ihren Kopf hob, waren ihre Wangen und ihre Lippen noch weißer, weil Eiskristalle an ihnen klebten.
Angesichts ihrer verdatterten Miene musste Dash sich das Lachen verkneifen. Konnte er wirklich
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