Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz
glauben, dass jemand sie dafür bezahlt hatte, ihn zu vernichten? Durch den tiefen Schnee stapfte er auf sie zu. Aber seine störrische Frau stand bereits wieder auf den Füßen, als er bei ihr ankam.
Während er durch den Schnee gegangen war, hatte er ein perfektes Ziel abgegeben. Der Schütze musste fort sein, sonst hätte er die Gelegenheit genutzt. Ein Blick in Maryannes weit aufgerissene Augen zeigte ihm, dass er sie beruhigen, ihr die Angst nehmen musste.
Er zwang sich zu einem gelassenen Ton. „Maryanne, meine Süße, du wirst noch erfrieren.“
„Bist du verletzt?“, erkundigte sie sich atemlos.
„Ein bisschen durchgerüttelt von dem Sturz, aber der Schnee ist weich, wie du selbst festgestellt haben wirst.“
„Ich hatte solche Angst!“, stieß sie hervor.
Über ihr Gesicht rann in großen Tropfen der geschmolzene Schnee. Mit den Daumen wischte Dash sie zärtlich von ihren Wangen. Sein Instinkt trieb ihn, sie in seine Arme zu nehmen und in die Sicherheit des Hauses zu bringen, aber die Logik gewann die Oberhand. Wenn sein Angreifer ihn tot sehen wollte, hatte er mehr als genug Zeit für einen zweiten Schuss gehabt.
Aus der Ferne hörte er die Rufe seiner Stallknechte. Einer von ihnen schrie erleichtert auf. Sie hatten wohl Beelzebub eingefangen, und der jubelnde Ruf zeigte ihm, dass sein Wallach unverletzt war.
„Lass uns ins Haus gehen und dich wieder aufwärmen, Liebste.“
Sie nickte und leckte sich mit der Zungenspitze die Eiskristalle von der Oberlippe. „Aber warum sollte jemand auf dich schießen? Ich verstehe nicht …“
„Ein Unfall.“
„Nein, das kann nicht sein. Warum sollte jemand mitten im Winter einen Gewehrschuss quer über deinen Rasen abfeuern? Es gibt hier nichts zu jagen.“
„Dann war es eben ein Scherz.“ Trotz der Schmerzen an seiner Hüfte, am Rücken und im Nacken legte Dash den Arm um Maryannes Taille und hob sie hoch. „Ich werde dich über die Türschwelle tragen, geliebtes Weib. Und dann werden wir dir trockene Kleider besorgen.“
„Wie kannst du nur in so einem Augenblick den Kavalier spielen?“, wunderte sie sich. „Du hättest getötet werden können.“
„Mir ist aber nichts passiert, Liebste. So leicht wirst du mich nicht los, das verspreche ich dir. Ich habe schon in der Vergangenheit bewiesen, dass ich mehr Leben habe als eine Katze.“
Ihre Augen umwölkten sich, und sie zog die Brauen zusammen. „Ich … Ich will dich nicht loswerden. Glaubst du etwa, das ist es … ist es, was ich will?“
„Nein, Süße. Natürlich nicht. Nun sei still. Ich muss mich konzentrieren, während wir durch den Schnee gehen, sonst lasse ich dich am Ende noch fallen.“
Er presste sie gegen seine nassen Kleider, und sein vom Schnee durchnässter Mantel flatterte um sie beide herum. Er winkte die Diener, die besorgt herbeigeeilt waren, fort und trug er Maryanne durch die offene Tür in den sonnendurchfluteten, aber eiskalten Wintergarten. Auf Befehl der Haushälterin stoben die neugierigen Hausmädchen sofort auseinander, um im Schlafzimmer ihrer Herrin das Feuer zu schüren und heißes Wasser nach oben zu bringen.
„Ich bin durchaus in der Lage zu laufen“, protestierte Maryanne, doch sie zitterte in seinen Armen, und er ignorierte ihre Worte und eilte zur Treppe.
Konnten ein Sturz in den Schnee, das eisige Wetter und die Angst um ihn ihr Kind gefährden?
„Du musst dich ausruhen. Du bist derjenige, der gestürzt ist! Ich werde mich auf dich setzen, um dich zu zwingen, dass du still liegst, oder …“ Mit strenger Miene musterte Maryanne ihren dickköpfigen Ehemann, der auf ihrem zerwühlten Bett lag.
„Oder?“, erkundigte er sich prompt.
„Oder ich fessele dich an die Bettpfosten!“
„Ist das ein Versprechen, Liebste?“
Da war Dashs freches Grinsen wieder, und sie seufzte erleichtert auf, obwohl ihr Herz im selben Moment jenen sehnsüchtigen Sprung tat, den sie inzwischen nur zu gut kannte. Wann immer er sie auf diese Weise anlächelte, begann sie zu beben, ihre Nippel wurden hart, und ein … Gefühl des Lebendigseins erfüllte sie vom Kopf bis zu den Zehen.
Sie verstand, was da mit ihr passierte. Schließlich hatte sie genügend Beschreibungen in den Büchern ihrer Autorinnen gelesen. Es war Verlangen – starkes, feuriges, verzehrendes Verlangen.
Er war jetzt nackt, aber zuvor hatte er wieder seine schwarzen Sachen angehabt. Am Hochzeitstag hatte er nicht das übliche Schwarz getragen. Doch nun war er zu dieser Gewohnheit
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