Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz
zurückgekehrt, als würde er um das Leben trauern, das er geführt hatte, bevor er zum Heiraten gezwungen worden war.
Das tat ihr weh.
Maryanne wandte sich von ihrem Mann ab. „Ich gehe davon aus, dass dir für solche Spiele alles viel zu wehtut.“
„Niemals, Liebste.“
Ihre Hand zitterte, als sie nach der Teekanne griff; eines der Hausmädchen, von denen ungefähr ein Dutzend in ihr Schlafzimmer und wieder hinausgeeilt waren, hatte ein Teetablett gebracht. Ihr Versuch, ihm eine Tasse Tee einzuschenken, endete damit, dass sie das Silbertablett überschwemmte. „Wie ungeschickt!“, murmelte sie.
Heimlich blinzelte sie die Tränen aus ihren Augen fort. Es waren Tränen der Erleichterung, nicht der Trauer über etwas verschütteten Tee.
Als sie ihn vom Pferd hatte fallen sehen, war ihr fast das Herz stehen geblieben. Wie eine Verrückte war sie die Treppe hinuntergerannt, obwohl ihr Kleid nur halb zugeknöpft und ihr Saum abgerissen war. Sie war zu Dash gelaufen, ohne sich um den Schnee, die Kälte und die Schicklichkeit zu kümmern. Sie hatte nicht einmal Angst gehabt, man könnte auch auf sie schießen! Stattdessen war da nur das Gefühl gewesen, ihr Herz könnte vor Angst um ihn zerspringen, bevor es ihr gelang, ihn zu erreichen.
War das Liebe?
Liebte sie Dash, der gleichzeitig ihr Ehemann und ein Fremder für sie war? Liebe, hoffnungslose Liebe tat furchtbar weh. Sie wusste das, weil sie lange genug ihre Mutter beobachtet hatte.
Maryanne legte unter dem geknoteten Gürtel ihres Morgenmantels die Hand auf den Bauch. Ganz egal, was geschah, selbst wenn Dash ihr das Herz brach, sie würde niemals ihrem Kind die Schuld daran geben. Niemals würde sie ihr Baby einen „Fehler“ nennen. Niemals würde sie ihr Kind anschauen und in seinem Gesicht ihre verlorenen Träume sehen.
„Es gibt kein besseres Mittel gegen jede Art von Krankheit als einen Orgasmus“, bemerkte Dash neckend hinter ihrem Rücken.
Um ein Haar hätte sie bei seiner Bemerkung die Teekanne fallen lassen. Nachdem sie mühsam die Fassung wiedergefunden hatte, schenkte sie endlich ein. Und dieses Mal floss der Tee in seine Tasse. „Wo warst du letzte Nacht?“
Sofort bereute sie ihre Worte. Wahrscheinlich fragten Ehefrauen so etwas nicht.
Das Bett knarrte. „Ich bin ins Dorf geritten.“
„Oh.“ In ihrer Hochzeitsnacht. Vielleicht hielt er sich dort eine Geliebte. Oder er war der Liebling der Barmädchen im örtlichen Gasthaus. „Um mich zu erkundigen, ob gestern irgendwelche rücksichtslosen Kutscher durch den Ort gefahren sind.“
Sie fuhr herum, und heißer Tee schwappte aus der Tasse auf ihr Handgelenk. „Verdammt!“, murmelte sie und eilte durchs Zimmer, um die Hand in die Schüssel mit dem abgekühlten Waschwasser zu halten.
Sofort war er auf den Beinen. „Ist alles in Ordnung?“
„Ich habe mich schon unzählige Male mit Tee verbrüht“, bemerkte sie, während sie ihre Hand im Wasser hin und her bewegte. „Es geht mir gut. Aber ich habe schon genug Kriminalgeschichten gelesen, um zu wissen, wonach du gesucht hast! Nach Beweisen, zum Beispiel einer Beschreibung des Kutschers, der uns von der Straße gedrängt hat. Warum versucht irgendjemand, dich zu verletzen, Dash?“
Sein warmer Körper presste sich von hinten gegen ihren, sie spürte seine harte Brust an ihrem Rücken und seine Lenden an ihrem Hinterteil. Als sie die Hand aus dem Wasser zog und sie trocknete, glitt sein Arm um ihre Taille.
„Ich habe in Sir Williams Auftrag gegen einen Peer ermittelt“, erklärte er. „Und gegen einige andere Männer, die in den Handel mit weißen Sklaven verwickelt sind. Ich vermute, einer von ihnen versucht, mir Angst zu machen, um mich von weiteren Nachforschungen abzuhalten.“
Sie wollte sich in seinen Armen umdrehen, doch er hielt sie zu fest an sich gepresst. „Wer?“, wollte sie wissen.
„Das spielt keine Rolle, Süße. Der Peer wird die Kutsche nicht selber gelenkt haben. Er wird auch nicht derjenige gewesen sein, der heute den Abzug betätigt hat.“
„Wenn du einen Feind hast, will ich wissen, wer es ist.“
Er liebkoste ihren Nacken, und sie stöhnte bei der warmen Berührung seiner Lippen leise auf. „Ich werde dich beschützen“, murmelte er.
„Sag es mir.“ Aus irgendeinem Grund war es ihr sehr wichtig, dass er sie in diese Sache einbezog. Sie zitterte vor Angst, er könnte ihr die Antwort verweigern. Warum? Schließlich wusste sie, dass ihr Ehemann wahrscheinlich nicht die Absicht hatte, sein
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