Samuel Carver 01 - Target
zu sagen hatte, äußerte ein beruhigendes »Vollkommen«, sodann ein enthusiastisches »Ausgezeichnet!« und gab der Rezeptionistin den Hörer zurück.
Er lächelte breit. »Vielen Dank für Ihre Hilfe. Man erwartet mich im sechsten Stock. Könnten Sie mir sagen, wo ich den Aufzug finde?«
Lord Crispin Malgrave gab keine eindrucksvolle Figur ab. Er trug einen Zweireiher mit Etonkrawatte und hatte das für die Oberschicht typische grau durchzogene, strähnige Haar und den rötlichen Teint, bei denen man an Jagdausflüge, Tontaubenschießen und Lachsbäche dachte. Doch die Fassade bekam Sprünge, und die Arroganz blätterte ab und ließ darunter die nackte Angst erkennen.
Carver war in Malgraves Büro geleitet worden. Die Assistentin war eine elegante Frau in den Fünfzigern, energisch, effizient und herrisch: Der Mann führte eine Bank und hatte trotzdem eine Nanny. Sie wachte über Carver, bis ihr Chef hereinkam, als fürchte sie, Carver könne einen Briefbeschwerer stehlen, wenn er sich selbst überlassen blieb.
Malgrave hastete in den Raum; er verströmte seine Angst aus allen Poren. Dann ließ er sich wie ein halb gefüllter Sandsack hinter seinen Mahagonischreibtisch in den Ledersessel fallen und sagte: »Danke, Maureen.« Er wartete kaum ab, bis sie hinausgegangen war, sondern platzte mit seiner Frage heraus. »Trench ist tot? Sind Sie sicher? Woher wissen Sie das?«
Carver beugte sich über den Schreibtisch und streckte ihm die Hand entgegen. »Guten Tag. Mein Name ist Samuel Carver.«
Malgrave rührte sich nicht. Er schien seine ganze Kraft zu brauchen, um seine Unterlippe im Zaum zu halten, die sich auf und ab bewegen wollte wie bei einem frisch gefangenen Fisch. Schließlich brachte er doch noch ein paar Worte heraus. »Aber auf dem Zettel stand …«
»Der Zettel war gelogen.«
»Was ist mit Trench?«
»Er ist tot. So viel ist wahr.«
Malgrave rechnete eins und eins zusammen und bekam heraus, wer der Nächste sein würde. Er richtete sich mit flehend ausgestreckten Händen und verzweifeltem Blick in seinem Sessel auf. »O Gott, nein, bitte nicht. Ich werde alles tun!« Er überlegte kurz. »Ich schulde Ihnen Geld. Natürlich! Ich werde Ihnen alles bezahlen. Drei Millionen Dollar. Zuzüglich Zinsen!«
Carver ließ ihn plappern. Sein Schweigen machte Malgrave noch überschwänglicher.
»Sehen Sie mich an«, sagte er, als Malgrave endlich verstummt war.
Der Banker tat es mit verwirrter Miene.
»Sehen Sie mich an«, wiederholte Carver. »Halten Sie den Mund und hören Sie zu. Ich will Ihr verfluchtes Blutgeld nicht. Und ich werde Sie auch nicht töten. Ich bin Soldat, kein Psychopath. Ich töte nur, wenn es keine Alternative gibt. Sie haben eine Alternative. Sie können mir etwas über die Russen erzählen.«
»Welche Russen?«
»Die in Paris, die Sie beauftragt haben, mich umzubringen.«
Malgrave schüttelte den Kopf. »Ich weiß nichts über sie, das schwöre ich.«
Carver war geneigt, ihm zu glauben. Malgrave hatte nicht die Nerven eines ausgefuchsten Lügners. Und seine Unkenntnis über die Russen deckte sich mit Trenchs.
»Na gut«, sagte Carver. »Was wissen Sie überhaupt?«
Malgrave wischte sich mit einem Taschentuch über die Stirn. »Der Vorsitzende sagte mir, er plane, die … Sie wissen schon … die Prinzessin. Die Sache gefiel mir nicht, ganz und gar nicht. Ich habe gegen den ganzen Plan schwere Einwände erhoben. Aber er sagte, es sei entscheidend für den Erhalt der Monarchie und außerdem, so vertraute er dem Konsortium an, würde das von außen finanziert; es kämen Millionen Pfund von einem ausländischen Hintermann. Das Geld wurde von Zürich telegraphisch überwiesen, anonym natürlich. Ich hatte keine Ahnung, von wem es kam. Sie sagen also, es waren Russen …?«
Er runzelte die Stirn. Seine Angst legte sich ein wenig, während er in Gedanken die Möglichkeiten durchging. »Aber warum sollten Russen …? Ich meine, welches Interesse könnten sie an ihrem Tod haben?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Carver. »Wenn ich die Kerle finde, werde ich sie bestimmt danach fragen. Da aber vorerst keiner zu wissen scheint, wer diese Russen sind, rufen Sie doch bitte Ihren Vorsitzenden an und vereinbaren ein Treffen mit ihm. Jetzt.«
»Aber das ist unmöglich.«
Carver öffnete seinen Aktenkoffer und nahm die Pistole heraus. »Hier ist die Alternative. Rufen Sie an. Sagen Sie ihm, Sie müssten ihn sprechen, persönlich, sofort. Wenn er fragt, warum, dann sagen Sie ihm,
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