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Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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möglich sterben. Sie haben meine Frau gefickt. Es spielt keine Rolle, wie oder warum. Wenn sich nämlich herumspricht, dass Sie das getan haben und mit dem Leben davongekommen sind, würden meine Freunde und meine Feinde – die in vielen Fällen identisch sind – das als Schwäche meinerseits ansehen. Doch wenn sich Geschichten über Ihre Folterung in Russland verbreiten, wenn die Männer bei ihren Wodkaflaschen sitzen und sich erzählen, was mit dem Mann passiert ist, der sich mit mir angelegt hat, wenn sie sehen, dass meine Frau mir sklavischer ergeben ist als je zuvor – nun, dann wissen sie, dass Juri Schukowski nicht mit sich spaßen lässt.«
    Er drehte sich zu Titow um und gab eine Reihe von Anweisungen, die wieder einmal ein höhnisches Grinsen auf dessen hageres Totenkopfgesicht brachten. Titow schob sich die Fernbedienung in die Hosentasche, trat an den Stuhl und stieß Carvers Kopf gegen die hohe Lehne. Er legte ihm einen Riemen um die Stirn und zog ihn so stramm, als solle sich das Leder in den Schädelknochen drücken. Ein zweiter Riemen wurde Carver über den Mund gelegt und so straff befestigt, dass er erstens geknebelt wurde und zweitens bei der kleinsten Bewegung, zu der er noch imstande war, starke Schmerzen litt, da ihm die lockeren Zähne und der angebrochene Kiefer gequetscht wurden.
    Jetzt bekam Carver Angst, wirkliche Angst. Es war kein Fluchtversuch gewesen, als er sich mit dem Sprung auf Schukowski gestürzt hatte. Er hatte nur eine Situation herbeiführen wollen, wo er als geschlagener Mann dastehen und um seine Chance der Rettung betteln konnte: die Beschäftigung mit dem Laptop. Er war bereit gewesen, jede Strafe hinzunehmen, die Schukowski austeilen mochte. Für diesen einen Zweck war ihm jedes Mittel recht gewesen.
    Doch diesmal tat er nicht so als ob. Seine Angst war vollkommen echt. Er hatte einmal eine Fernsehsendung über einen britischen Kriegsgefangenen gesehen, der vorgab, verrückt zu sein, damit die Deutschen ihn ans Rote Kreuz übergaben. Doch als er endlich freikam, war es für ihn zu spät gewesen. Er war tatsächlich verrückt geworden. Aus der Täuschung war Realität geworden.
    Carver war wie dieser Gefangene. Als ihm die Handschellen abgenommen und die Arme an die Stuhllehnen geschnallt wurden, leistete er keinerlei Widerstand. Er wollte Schukowski und seinen Männern keinen Grund liefern, auf den weißen Knopf zu drücken, der ihn restlos erniedrigt und ihm die Kraft geraubt hatte. Schon die Vorstellung, wie er sich in den Fesseln winden würde, der Gedanke an die Schmerzen genügten, dass ihm der Schweiß ausbrach. Die letzten Riemen wurden festgezogen, ohne dass jemand einen Elektroschock auslöste. Fast weinte er vor Dankbarkeit.
    Titows Bewegungen wirkten geübt. Seine sonstige Nervosität war der Ruhe eines Mannes gewichen, der tiefe Zufriedenheit aus seiner Arbeit bezog. Doch er hatte seine Aufgabe noch nicht zur Gänze erledigt. Zuerst griff er hinter den Stuhl nach dem Kopfhörer und setzte ihn Carver auf. Es kam kein Laut heraus; er dämpfte nur die übrigen Geräusche, als würde man sich die Finger in die Ohren stecken.
    Als Nächstes nahm Titow das Klebeband vom Haken. Er zog einen kurzen Streifen von der Rolle und riss ihn mit den Zähnen ab, beugte sich herunter und drückte Carvers Lider herab.
    Sobald Carver begriff, was Titow tat, schloss er die Augen. Sein Wärter sollte merken, dass er kooperierte. Er legte das größtmögliche Wohlverhalten an den Tag.
    Carver spürte die klebrige Haftung des Bandes am rechten Lid, dann wurde es ruckartig nach oben gezogen und an der Stirn festgedrückt. Das Auge war jetzt weit geöffnet. Er konnte nicht blinzeln.
    Titow tat das Gleiche mit dem anderen Lid.
    Dann trat er einen Schritt zurück, stellte sich direkt vor Carver und nahm das schreckliche schwarze Kästchen aus der Hosentasche. Das hielt er mit der linken Hand vor sein grinsendes Gesicht, streckte den rechten Arm vor sich aus und hob den Zeigefinger.
    Er blickte auf die Fernbedienung. Dann drehte er den Kopf und schaute auf seinen Zeigefinger.
    Titow zwinkerte.
    Carver hörte gedämpft das Gelächter der anderen. An seinem Blickfeldrand konnte er Dimitrow und Rutschew sehen, die sich vor Lachen bogen.
    Doch das war Carver egal. Seine Aufmerksamkeit galt Titows Finger, der langsam und demonstrativ eine Spirale in der Luft beschrieb, die sich auf die Fernbedienung und den leuchtend weißen Knopf zubewegte.
    Carver riss die Augen noch ein bisschen weiter

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