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Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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Sie zwang sich sogar zu einem glucksenden Lachen und sagte: »Ich freue mich schon darauf.«
    Sie hatte erwartet, dass Carver aufrecht und stolz hereinkommen würde, um mit Juri von Mann zu Mann zu verhandeln. Stattdessen wurde er wie ein Tier hereingeführt, mit entblößtem Körper, einen schwarzen Sack über dem Kopf. Sie hätte fast geweint. Sie zwang sich zu kalter Zurückhaltung, während er Schmerzen auszuhalten hatte, die seinen Körper von innen zerstören und seinen Verstand vernichten würden. Aber schließlich hatte sie den Raum verlassen können.
    Sie bewahrte Haltung, bis sie in ihrem Zimmer ankam. Sie rannte ins Bad und dämpfte ihr Schluchzen, bis sie die Tür ihres marmornen Zufluchtsortes hinter sich abgeschlossen hatte. Erst dann weinte sie um den Mann, um sich selbst und um die Liebe, die sie weggeworfen hatte.
    Sie ließ sich Badewasser ein, teils, damit das Weinen nicht zu hören war, aber auch als Vorwand für ihre Abwesenheit. Die Männer sahen es als selbstverständlich an, dass Frauen ein unbegrenztes Verlangen danach hatten, sich in Badeschaum und Duftöle zu tauchen. Aber Juri dürfte sie inzwischen schon vergessen haben. Sie hatte die Gehässigkeit in. seinen Augen gesehen, wenn er Carver anblickte, und wusste, was das bedeutete.
    Aliks lag in der Wanne, atmete den aufsteigenden Chanelduft ein und sah zu, wie ihre Haut in dem heißen Wasser krebsrosa wurde. Als sie irgendwann wieder aufstand, den Schaum an sich abgleiten ließ und nach dem dicken, weichen Handtuch griff, wusste sie, was sie zu tun hatte. Egal, was daraus folgen würde.

78
    Schukowski sprach in ein Telefon. Ein paar Sekunden später erschienen Kursk, Titow und Rutschew. Carver wurde in die Mitte einer fünfköpfigen Prozession gestellt. Kursk bildete die Spitze, mit einer Beretta 92. Er ging seitlich und zielte auf Carver, der von Rutschew am linken Arm festgehalten wurde. Titow ging dahinter mit der Fernbedienung des Elektroschockgürtels; Schukowski bildete den Schluss. Nur Dimitrow fehlte.
    So durchquerten sie das Wohnzimmer und betraten die Eingangshalle. Kursk bedeutete Carver anzuhalten. Dann ging er weit weg von der Haustür ans andere Ende zu einer gewöhnlich erscheinenden Holztür, die sich in der Nische unter der Haupttreppe befand. Doch das harmlose Aussehen trog. Als Kursk sie öffnete, bezeugte ein Ächzen, dass sie von viel soliderer Machart war: eine Barriere für Menschen und Geräusche.
    Ein weiteres Zeichen von Kursk befahl Rutschew, Carver herüberzubringen, auf den nach wie vor von vorn und hinten gezielt wurde: mit der Pistole und mit der Fernbedienung.
    Hinter der schweren Tür befand sich eine nackte Betontreppe, die in den Keller führte. Kursk ging bis nach unten, drehte das Gesicht zu den Wartenden und rief: »Okay!« Die anderen stiegen in den Keller hinunter. Die Treppe endete an einem schmalen Gang, in dem eine flackernde Neonröhre brannte.
    Carver erkannte das Gefühl an den nackten Fußsohlen. Er roch abgestandene Autoabgase. Hier unten musste die Garage sein, in der er angekommen war. Doch die war nicht der Bestimmungsort. Kursk führte die Gruppe durch eine dicke Stahltür in einen nackten, fensterlosen Raum.
    Die Wände waren strahlend weiß, ebenso der Fußboden, die Decke und die Innenseite der Tür. Carver erkannte den frischen Farbgeruch wieder. Das war der Raum, wo sie ihn zuerst gefangen gehalten hatten. Er sah sich um und entdeckte, dass ihm einige hervorstechende Besonderheiten entgangen waren.
    Die Kamera in einer Ecke der Decke zeigte auf das einzige Möbelstück, einen hochlehnigen Metallstuhl in der Mitte des Raumes. Er war an den Boden geschraubt und stand rechtwinklig zur Tür. An der Rückenlehne, den Armstützen und den Beinen waren Ledergurte befestigt, um den, der darauf saß, so zu fesseln, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. Aus einer Wandsteckdose schlängelte sich ein schwarzes Kabel zu einem Kopfhörer, der an einem Haken an der Rückseite der Stuhllehne hing. Auf einem zweiten Haken steckte eine Rolle Klebeband.
    Auch hier gab es Leuchtstoffröhren an der Decke. Dem Stuhl gegenüber war ein großer, flacher Kasten angebracht. Er hatte einen schwarzen Rahmen, doch die größte Fläche, die dem Stuhl gegenüberlag, war durchsichtig. Das Innere war weiß und mit Leuchtstoffröhren bestückt. Sie waren nicht eingeschaltet.
    In dem Raum war es nicht wärmer als zuvor. Carver spürte fröstelnd den Schweiß auf seiner Haut. Er war benommen von den Stromstößen.

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