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Samuel Carver 04 - Collateral

Samuel Carver 04 - Collateral

Titel: Samuel Carver 04 - Collateral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Cain
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Bauplänen mit TW/SK bezeichnet, woraus sich schnell der Name Twisk entwickelte. Sie hatte eingebaute Sprengkammern, mit denen die Straße im Falle einer chinesischen Invasion unpassierbar gemacht werden konnte, und verlief durch Hongkongs wildeste und spektakulärste Landschaft, wo man am Tai Mo Shan, dem höchsten Berg der Gegend, vorbeikam. Auf ihren gut sechs Kilometern Länge stieg sie von Meeresspiegelniveau bis in eine Höhe von dreihundertfünfundsechzig Metern, um dann wieder hinabzuführen. Sie wand sich in etlichen Haarnadelkurven zwischen den Bergen durch und mündete am Ende in eine Stadtautobahn zwischen den Hochhäusern des modernen Tsuen Wan.
    Bis Carver auf die Route Twisk kam, hatte er die Lücke zwischen sich und Mabeki auf anderthalb Minuten reduziert. Er wollte Sichtkontakt, bevor sie in das Labyrinth der Stadt zurückkehrten. Nach dem Signal von Zalikas Handy zu urteilen, fuhr Mabeki achtzehnhundert Meter vor ihm. An der ersten Steigung, die halbwegs gerade gewesen war, hatte er es auf achtzig gebracht, dann abgebremst, als es in vier Haarnadelkurven hineinging, darunter die engste von allen. Er fuhr eigentlich eine annehmbare Geschwindigkeit, aber das genügte ihm nicht. Es blieb ihm nichts anderes übrig: Er musste die Strecke hinaufrasen.
    Voraus war der dreieckige Gipfel des Tai Mo Shan zu sehen, der sich wie eine große grau-grüne Pagode gegen den klaren blauen Himmel abhob. Zu beiden Seiten der Straße standen Schattenbäume, was Carver kurz an Südfrankreich erinnerte: eine sanfte Kurve nach rechts, ein hübsches gerades Stück, dann eine schnelle Schikane und wieder streng geradeaus. Hinter ihm waren zwei Motorräder, leistungsstarke dem Aussehen nach, doch vor ihm war die Straße gnädigerweise frei. So konnte er die Ideallinie fahren und die Kurven schneiden, ohne groß die Bremse zu benutzen, und ließ Getriebe und Gaspedal die Arbeit machen.
    Er glitt durch die erste Haarnadelkurve und eine Gerade hinauf, die knapp zweihundert Meter lang war, bevor er zum ersten Mal die Handbremse betätigen musste, als er sich dem ersten Abschnitt einer engen S-Kurve näherte. Der Wagen rang um Bodenhaftung, während Carver das Gaspedal unten hielt, das Steuer drehte und das Heck ausbrechen ließ, sodass es ihn um die Kurve trug. Dasselbe in der nächsten Kurve, und dann war er auf dem dritten Abschnitt der doppelten Haarnadel, fuhr um den Scheitelpunkt, ließ sich nach rechts auf die Gegenfahrbahn und mit ausbrechendem Heck durch die Außenseite der Kurve tragen.
    Und dort kam ihm bergab ein Bus entgegen, der direkt auf ihn zuhielt.
    Carvers erste Reaktion war nicht Erschrecken, sondern Belustigung. Der Bus war ein Dennis-Dart-Eindecker, der tapfere alte Getreue zahlloser öffentlicher Verkehrsbetriebe auf den britischen Inseln. Und der würde ihm nun auf einer Bergstraße in Hongkong das Lebenslicht ausblasen.
    Carver sah das entsetzte Gesicht des Fahrers, als der begriff, dass ihm ein Wagen auf seiner Spur entgegenraste. Von dem Bus kam ein empörtes Quietschen, als er heftig abbremste. Aber ein Dart-Bus ist neun Meter lang und wiegt leer sieben Tonnen. Daher ist er an einem steilen Gefälle naturgemäß schwer zu zügeln. Der Fahrer hatte außerdem eine Kurve zu bewältigen. In die bog er jetzt ein und schnitt Carvers Bahn, sodass dem der Fluchtweg auf die linke Straßenhälfte versperrt war.
    Carver musste in der Sekunde eine Wahl treffen: hart auf die Bremse treten und beten, dass der Wagen zum Stillstand kam oder schlimmstenfalls mit dem Bus bei nicht tödlicher Geschwindigkeit zusammenstieß, oder genauso hart aufs Gaspedal treten auf die minimale Chance hin, den Bus komplett zu verfehlen.
    Er tat beides.
    Zuerst riss er die Handbremse hoch, um die Schnauze des Wagens drastisch zu verlangsamen. Das Heck jedoch behielt seinen Schwung und schwenkte herum, bis der Honda quer zur Fahrbahn stand.
    Der Bus ragte dicht über Carver auf, nur eine Armeslänge entfernt. Unwillkürlich ließ er das Steuer los und hielt sich schützend die Hände vor den Kopf. Als auch der Bus herumschwenkte, konnte Carver die Passagiere entsetzt schreien sehen. Er konnte es ihnen nicht verdenken. Er war ebenfalls versucht zu schreien. Er hatte nur nicht die Zeit dazu.
    Er löste die Handbremse und trat aufs Gas. Die Vorderräder fassten, und der Wagen schoss vorwärts auf die andere Straßenseite ... und auf die zwei Motorräder zu, die hinter ihm den Berg hinaufgefahren waren.
    Carver riss das Steuer nach rechts,

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