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Samuel Koch - Zwei Leben

Samuel Koch - Zwei Leben

Titel: Samuel Koch - Zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fasel
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mich. Wenn mich die Hektik des Alltags zu überwältigen drohte, fand ich dort wieder zur Ruhe. Es war schon sehr eindrücklich, wie die Anwesenheit der Familie Koch eine Atmosphäre der Liebe und Geborgenheit in unsere Abteilung brachte. Dies wurde auch des Öfteren von verschiedenen Arbeitskollegen bemerkt und thematisiert.
Ich hörte Samuel nie murren oder schimpfen. Bestimmt hat er auch negative Emotionen gehabt, aber die hat er nie gezeigt. Er ließ sich trotz seiner schweren Situation nie hängen. Wir redeten oft über die schlimmen Ereignisse, doch am Schluss blieb immer die Zuversicht.
Samuel war immer freundlich und offen. Was mich sehr erstaunt hat, war sein Interesse am Befinden jeder einzelnen Person. Egal wer in sein Zimmer trat und ihn fragte, wie es ihm ging – nach kurzer Antwort blieb seine Rückfrage nie aus: "Und wie geht es dir heute, Damaris?" Das beeindruckte mich sehr. Er interessierte sich in seiner schweren Situation noch wirklich für andere. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sein Freundeskreis so groß ist. Es verging kaum ein Tag, an dem er nicht von irgendeinem Freund oder Bekannten Besuch bekam.
Die Präsenz und der Zusammenhalt seiner Familie und seiner Freunde beeindruckten allgemein!

9. Die Welle des Mitgefühls
    â€žIch weiß, du durchleidest jetzt gerade die schlimmste Zeit deines Lebens. Also werde ich versuchen, es dir hier so angenehm wie möglich zu gestalten!“ Diesen Satz hörte ich von Karl-Heinz, einem Intensivpfleger in Nottwil, und er war nicht nur so dahingesagt.
    Karl-Heinz und die anderen Intensivpfleger waren Menschen, die mit Einsatz und Engagement alles taten, um zu helfen, was angesichts der Schwere der Verletzungen und der Schmerzen leider nicht sehr viel sein konnte.
    Der Satz steht beispielhaft für die Zuwendung, die meine Familie und ich in den nächsten Monaten erlebten. Eine Welle des Mitgefühls schwappte über uns herein. Eine Welle, natürlich mit ausgelöst dadurch, dass über 10 Millionen Menschen live dabei gewesen waren, als ich stürzte. Wäre ich beim Obstbaumschneiden in einem schwäbischen Schrebergarten von der Leiter gekippt und hätte mir exakt die gleiche Verletzung zugezogen, hätten nicht so viele Hähne nach mir gekräht.
    Vom Interesse der Menschen bekam ich in den ersten vier Wochen nicht viel mit. Dazu war ich einfach zu wenig anwesend. Natürlich erzählten mir meine Eltern von Anrufen, E-Mails, Briefen und Besuchen von lieben Freunden ebenso wie von fremden Menschen. Es tat gut zu spüren, dass ich nicht allein war.
    â€žSelbst in dieser Situation verließ unseren Sohn sein typischer Humor nicht“, erinnert sich mein Vater. „Als sein Opa ihm im Januar mitteilte, dass er selbst überraschend ins Krankenhaus müsse, bedankte sich Samuel: ,Lieber Opa, das finde ich sehr solidarisch. Wäre aber nicht nötig gewesen.‘“
    Einen Besuch habe ich in besonderer Erinnerung. Oft erschienen Leute spontan in der Klinik und wollten mich besuchen. Die Schwestern und Pfleger kamen dann immer zu mir und fragten, ob ich denjenigen kannte und ob er einen Termin hatte. So war es auch an diesem Tag; Chris war gerade da. Plötzlich streckte ein Pfleger den Kopf zur Tür herein und sagte: „Samuel, unten ist ein gewisser Eberhard Gienger und fragt, ob er dich besuchen darf. Kennst du ihn oder sollen wir ihn wegschicken?“
    Ob ich Eberhard Gienger kannte?! Und ob! Der Mann ist die Kunstturn-Ikone, war 1974 Weltmeister im Reckturnen und ist heute Sportbeauftragter im Deutschen Bundestag. Ihm ist sogar das gelungen, was für jeden Turner die höchste Weihe ist: Ein Turnteil wurde nach ihm benannt, der Gienger-Salto. Allerhand verrückte Sachen hat er auch angestellt, wie zum Beispiel ein Reck unter einem Flugzeug anzubringen und daran zu turnen. Legendär ist auch sein Fallschirmabsturz, den er wie durch ein Wunder mit Hunderten Brüchen überlebte.
    Und nun stand diese lebende Legende also unten an der Rezeption und wollte mich sehen. Und zwar ganz ohne Pressekonferenz und Medienpräsenz. Natürlich bat ich ihn herauf und erlebte einen lustigen Nachmittag mit ihm voller wilder Geschichten. Zum Abschied schenkte er mir einen Gutschein für einen Tandem-Fallschirmsprung, auf den er mich mitnehmen wollte – er sah kein Problem darin, das in meinem Zustand hinzukriegen. Den Gutschein hoffe ich eines Tages einlösen zu

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