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Samuel und die Liebe zu den kleinen Dingen

Titel: Samuel und die Liebe zu den kleinen Dingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesc Miralles
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nicht zu der Studentin passte, die ich kannte.
    »Das wird nicht nötig sein, die hast du ja schon sicher«, lachte ich. »In ein paar Tagen werden die Noten ausgehängt.«
    Offenbar war sie etwas angetrunken, jedenfalls stürzte sie sich auf mich und gab mir einen schmatzenden Kuss auf die Wange, der mir den Atem verschlug. Glücklicherweise kam in diesem Moment der Kellner und rettete mich vor einem Erstickungsanfall.
    »Drei Aquavit auf Eis«, sagte der Typ namens Rubén. Wie selbstverständlich bestellte er für die ganze Runde, ohne vorher auch nur nachzufragen.
    »Auf den Erfolg meiner Freundin müssen wir an stoßen.«
    Bevor er die Getränke brachte, erkundigte sich der Kellner: »Wollen Sie den Aquavit Linie?«
    »Natürlich«, erwiderte Rubén beinahe beleidigt. »Was ist das mit der Linie?«, fragte die Studentin. »Was ist Aquavit?«, fragte ich.
    Rubén lachte selbstzufrieden, da seine Bestellung so viel Interesse geweckt hatte. Dann erklärte er in lehrerhaftem Ton: »Aquavit ist ein norwegischer Schnaps, den ich hier einmal mit einem Freund getrunken habe. Es gibt zwei Arten: den normalen und den Linie-Aquavit, der viel teurer ist, weil er erst einmal um die Welt fährt, bevor er abgefüllt wird. Der Schnaps reift im Lagerraum eines Schiffs, das den Äquator überquert. Erst wenn er zweimal die Äquatorlinie gekreuzt hat, bekommt er das offizielle Etikett.«
    »Ein wahrer Schnaps von Welt«, lachte die Studentin mit den blauen Augen.
    Als der Kellner uns die drei kleinen Gläser hinstellte sagte ich: »Die spinnen, die Norweger.«

GESPRÄCHE MIT DEM INGENIEUR
    Glücklicherweise machte El Ascensor um halb drei zu, sodass nicht mehr allzu viele Runden bestellt werden konnten. Genug allerdings, um meinen Kopf kräftig zum Drehen zu bringen.
    »Meine Freundin wohnt hier gleich um die Ecke«, sagte Rubén mit den Autoschlüsseln in der Hand. »Soll ich dich nach Hause bringen?«
    »Mach dir keine Umstände«, antwortete ich und ging damit ebenfalls zum Du über.
    »Ach was, das mache ich gern. Wir könnten uns über deine Stadtanthropologie unterhalten. Wolltest du nicht das mit den siebzehn Minuten wissen?«
    Ich bekam einen zweiten Kuss von meiner Studentin, vor der ich an jenem Abend jegliche akademische Autorität eingebüßt hatte, und trottete in Begleitung des Rothaarigen zu einer Tiefgarage, wo er in einen nagelneuen Sport-Saab stieg. Das Nordische hatte es ihm offensichtlich angetan.
    »Ich reise oft nach Skandinavien«, sagte er, als ich ihn danach fragte. »Ich bin Erdölingenieur, aber im Moment habe ich Urlaub.«
    Während wir die Vía Laietana entlangfuhren, gab ermir eine kurze Zusammenfassung seines Lebens: Er besaß eine kleine Wohnung in der Zona Alta, die er nur ein paar Monate im Jahr benutzte. Die beiden Mädchen, mit denen er ausgegangen war, waren alte Schulfreundinnen.
    »Ich komme nicht dazu, mir eine feste Freundin zu suchen«, sagte er, ohne dass ich gefragt hätte. »Bei der ganzen Reiserei ist das Höchste, wovon ich träumen kann, eine kurze Affäre.«
    Noch ein einsamer Mensch, schoss es mir durch den Kopf, und ich dachte an all meine Begegnungen seit Jahresbeginn.
    Wir schwiegen eine Weile, und zwischen den verschwommenen Scheinwerfern der Autos, die uns überholten, versank ich in meinem Kummer. Im Geiste durchlebte ich noch einmal die jämmerliche Szene mit Gabriela auf der Plaça dels Àngels. Es schien mir unfassbar, dass sie an diesem selben Tag stattgefunden haben sollte, der erst jetzt zu Ende ging. Zu viel war passiert seitdem: die Flucht auf den Berg, Valdemars Verschwinden, die Mondtäuschung, die Begegnung mit dem Rothaarigen und dann auch noch die Studentin ...
    Die Tatsache, dass ich in diesem Augenblick an der Seite eines Unbekannten durch die Nacht von Barcelona fuhr, machte mir deutlich, dass ich ein schnelles – vielleicht allzu schnelles – Leben führte. Als gingen meine Stunden zur Neige.
    Doch irgendwie ahnte ich, dass die Geschichte damit noch lange nicht vorbei war. Meine verrückte Jagd von einem Ereignis zum nächsten würde noch einige Überraschungen für mich bereithalten. Allerdings würde nichts die Leere füllen können, die das Fiasko mit Gabriela hinterlassen hatte.
    Zum Glück riss mich der Ingenieur aus meiner Melancholie.
    »Wenn ich in Barcelona bin, bin ich oft in dem Café an der Kreuzung«, sagte er. »Meist trinke ich dort etwas, bevor ich in die große Buchhandlung im Zentrum gehe. Ich lese viel, weil ich jedes Jahr Hunderte von

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