Samurai 3: Der Weg des Drachen
trieb er das Pferd an. Hinter sich hörte er Kazuki schreien.
»Das wirst du mir büßen, Gaijin!«
61
Shogun
Jack saß unter dem Kirschbaum. Die Sonne ging rot über Toba unter und er betrachtete die unaufhörlich wechselnden Farben des Himmels. Im Hintergrund hörte er das beruhigende Plätschern des kleinen Wasserfalls, der den Bach speiste. Der Bach wand sich durch den Garten und mündete in den Seerosenteich. Um Jack wuchsen die herrlichsten Blumen und Büsche, alle liebevoll gepflegt und perfekt geschnitten. Die Umgebung war so schön und friedlich, als sei Japan das Paradies auf Erden.
Hier fand Jack die Ruhe und Kraft, die er so dringend brauchte. Er musste erst wieder lernen, an das Gute zu glauben und daran, dass für ihn nicht alle Hoffnung verloren war. Oder wie Yori gesagt hätte, an einen Frieden, für den es sich zu kämpfen lohnte.
Im Stamm des Baumes über seinem Kopf steckte der Pfeil, der Drachenauge drei Jahre zuvor verfehlt hatte.
Er soll uns daran erinnern, dass wir nie in unserer Wachsamkeit nachlassen dürfen.
Jack packte den Schaft und zog den Pfeil heraus.
Der Schatten, der ihn gejagt hatte, war verschwunden.
Der Mörder, der Masamoto und seine Familie verfolgt hatte, würde nie mehr zurückkehren.
Jack zerbrach den Pfeil.
In einer Oase der Ruhe wie diesem Garten war kein Platz für eine kriegerische Waffe.
Ein alter Mann mit einem strähnigen grauen Bart kam über die kleine Brücke gehumpelt. Sein Stock klopfte bei jedem Schritt auf die Bretter.
»Wie geht es Akiko?«, fragte Jack.
»Sie erholt sich rasch«, antwortete Sensei Yamada. Sein Blick fiel auf den zerbrochenen Pfeil in Jacks Händen. »Von einem einzigen Pfeil lässt sie sich nicht unterkriegen.«
Sein Zen-Lehrer sah älter und erschöpfter aus als je zuvor. Die Kämpfe hatten ihren Tribut gefordert und jede Falte seines Gesichts schien die in der Schlacht erlebten Gräuel zu bezeugen. Ächzend vor Schmerzen sank er auf die steinerne Bank neben dem Bach.
»Geht es Ihnen gut?«, fragte Jack.
»Mich kann nur die Zeit umbringen«, antwortete er mit einem traurigen Lächeln und rieb sich mit seiner knochigen Hand die Knie. »Aber die Frage ist: Wie geht es dir?«
»Ich lebe«, sagte Jack ohne Begeisterung. »Ich weiß, dass ich dankbar sein sollte. So viele von uns haben es nicht geschafft. Aber ich spüre in mir nu r … Leere. Und ich fühle mich schuldig. Schuldig dafür, dass Yamato und einige Freunde und Lehrer meinetwegen gestorben sind. Und jetzt? Daimyo Kamakura hat gesiegt. Was für eine Hoffnung gibt es noch für einen Gaijin und Samurai in Japan?«
»Wenn es dunkel genug ist, sieht man die Sterne« [12] , sagte Sensei Yamada mit einem Blick zum Himmel.
Jack schüttelte verwirrt den Kopf. Er sprach über seine Schuldgefühle und Sorgen und Sensei Yamada betrachtete die Sterne.
»Es gibt immer Hoffnung, auch in den schlimmsten Zeiten«, fügte der Zen-Meister erklärend hinzu. »Es stimmt, wir haben gute Freunde verloren. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass ihr Opfer viele gerettet hat. Sensei Kano konnte mit unseren Schülern aus der Burg entkommen, Sensei Yosa wurde aus Achtung vor Sensei Hosokawa, der sie so tapfer und treu verteidigt hat, verschont. Von Sensei Kyuzo habe ich nichts gehört, aber er ist ein schlauer Fuchs. Es würde mich nicht wundern, wenn er ebenfalls überlebt hätte.«
»Wissen Sie auch, was mit Masamoto-sama geschehen ist?«, fragte Jack und begann entgegen aller Wahrscheinlichkeit zu hoffen.
Sensei Yamada lächelte. »Ich habe eine gute Nachricht.« Er wurde ernst. »Aber auch eine schlechte.«
Jack hielt die Luft an.
»Daimyo Kamakura hat Masamoto-sama nicht getötet. Er erlaubte ihm allerdings auch nicht, seppuku zu begehen und in Ehre zu sterben.«
»Wo ist er?«
»Daimyo Kamakura war sehr stolz auf seinen Sieg über einen so legendären Schwertkämpfer. Er verbannte Masamoto-sama für den Rest seines Lebens in ein buddhistisches Kloster auf dem Gipfel des Iawo.«
»Können wir ihn befreien?«
Sensei Yamada schüttelte den Kopf. »Soweit ich weiß, ist er freiwillig dorthin gegangen. Er sollte eigentlich in Daimyo Kamakuras Dienste treten, weigerte sich aber aus Ehrerbietung vor den Gefallenen. Er wollte keinem Tyrannen dienen.«
Jack war erleichtert und traurig zugleich. Sein Vormund lebte, doch unter für einen so großen, vornehmen Krieger schmählichen Verhältnissen, wie Jack fand.
»Es wird ihm dort gut gehen, Jack-kun«, sagte Sensei Yamada, der Jack die
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