Samurai 3: Der Weg des Drachen
gefüllte Kalebasse, zwei Strohbehälter mit gekochtem Reis, einen Ersatzkimono und eine Schnur mit Münzen. All das sowie den blauen Kimono, den er gerade trug, hatte ihm Akikos Mutter Hiroko großzügig geschenkt. Keiner der beiden Kimonos war mit einem Wappen oder sonstigen Zeichen verziert. Hiroko hatte sie so ausgewählt, dass niemand Jack als Mitglied einer Familie identifizieren konnte, die gegen Daimyo Kamakura gekämpft hatte.
Die Tasche war fertig gepackt. Lächelnd schob Jack noch den Glück bringenden Papierkranich, den Yori ihm geschenkt hatte, in den hölzernen Inro an seinem Gürtel. Der kleine Vogel kam auf Akikos kostbarer schwarzer Perle zu liegen und schien sie zu bewachen, als handelte es sich um ein Ei.
Jack wollte die Tasche schon schultern, da fiel ihm Sensei Yamadas Geschenk ein. Er nahm das kleine buddhistische Amulett und befestigte es am Gurt der Tasche. Das kleine, rotseidene Säckchen enthielt ein rechteckiges Stück Holz, auf das Sensei Yamada ein Gebet geschrieben hatte. Das Amulett würde ihn schützen, hatte der Zen-Meister gesagt. Jack durfte das Säckchen allerdings nicht öffnen, sonst verlor das Amulett seine Kraft. An seiner Tasche hängend sollte es die Menschen, denen er unterwegs begegnete, davon überzeugen, dass er Buddhist war. Vielleicht waren sie dann eher bereit, ihm zu helfen.
Jack schob die Tür seines Zimmers auf und trat in den Garten hinaus.
Dunkelheit empfing ihn, denn die Sonne war noch nicht aufgegangen. Die Luft roch frisch und kühl, als müsse die Welt erst anfangen zu atmen. Jack schlüpfte in seine Sandalen und ging über die Holzbrücke zu der kleinen, in die Gartenmauer eingelassenen Tür. Er legte die Hand auf die Klinke und musste daran denken, wie er damals aus Hirokos Haus hatte fliehen wollen. Er war in ernste Bedrängnis geraten, hatte dabei allerdings ein sehr nützliches japanisches Wort gelernt. Abunai. Gefahr. Wenn er jetzt durch die Tür trat, warteten viele Gefahren auf ihn.
»Du gehst, ohne dich zu verabschieden?«, fragte eine leise Stimme.
Hinter ihm stand Akiko, die Hände vor dem Obi gefaltet, die Haare sorgfältig gekämmt und zu einem Zopf geflochten, der ihren Rücken hinunterhing. Sie sah Jack bekümmert, fast anklagend an.
Ihr Blick tat ihm weh.
Er hatte sich am Abend zuvor beim Abendessen von allen verabschiedet. Akiko war seltsam still gewesen, aber Jack hatte ihre langsame Genesung dafür verantwortlich gemacht. Hiroko hatte ihm angeboten, für unbegrenzte Zeit bei ihr zu wohnen. Sensei Yamada hatte vorgeschlagen, Jack solle Yori und ihn zum Tendai-Tempel in Iga Ueno begleiten. Doch sein Entschluss war gefasst.
»Es ist Zeit, nach Hause zurückzukehren«, sagte er jetzt. Sich von Akiko verabschieden zu müssen, brach ihm fast das Herz.
»Dein Zuhause kann auch hier sein«, sagte sie. Ihre Stimme zitterte.
»Ich kann nicht bleiben. Dadurch würde ich dich und deine Mutter nur noch mehr gefährden. Es kursieren schon Gerüchte, dass du einen Gaijin beherbergst. Daimyo Kamakura wird mich bald suchen lassen.«
»Aber ich kann dich beschütze n …«
»Nein, ich will dich beschützen«, beharrte Jack. »Ich muss endlich die Verantwortung für mein Tun übernehmen. Nur weil ich den Portolan unbedingt vor fremden Händen schützen wollte, wart ihr alle, du, Yamato, Emi, Masamoto und Daimyo Takatomi, großen Gefahren ausgesetzt. Das soll nicht mehr so sein. Masamoto-sama sagte, ich sei jetzt volljährig. Ich muss selber mit meinen Problemen fertig werden.«
Akiko blickte ihm tief in die Augen und sah den Weg, zu dem er sich entschlossen hatte. Mit einer Verbeugung fügte sie sich. Als sie den Kopf wieder hob, sah sie nicht mehr aus, als wollte sie gleich in Tränen ausbrechen. Sie wirkte wieder stark und unabhängig, wie Jack sie so gut kannte.
»Ohne Schwerter kannst du deine Kriegerwallfahrt nicht antreten«, sagte sie mit einem Blick auf seinen leeren Gürtel. »Warte!«
Sie verschwand im Haus und Jack verspürte auf einmal Gewissensbisse, weil er Masamotos Schwerter verloren hatte. Es war auch dumm von ihm gewesen, die Samuraischwerter nach dem Kampf gegen Kazuki nicht mitzunehmen. Aber er hatte damals nur an Akiko gedacht.
Eine Schiebetür ging auf und Akiko kehrte zurück. In den Händen trug sie zwei Schwerter.
»Du bist ein Samurai, Jack. Du musst ein Schwertpaar tragen.« Sie hielt ihm die Waffen mit einer Verbeugung hin.
Wie vom Donner gerührt starrte Jack sie an. Auf ihren Händen lagen zwei prächtige
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