Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)

Spiel von Schwarz gegen Weiß und Weiß gegen Schwarz entfaltet einen schöpferischen Zauber, nicht wahr?«
    Er wartete nicht auf Jacks Antwort. »Die Entfaltung der Gedanken und die Harmonie der Spieler sind wie eine stumme Musik.«
    Den nächsten Stein setzte er mit einem lauten Klacken auf, wie um seine Worte zu unterstreichen. Er griff an und hatte einen Stein zwischen zwei Gruppen Jacks geschoben mit dem Ziel, den Einfluss von Schwarz im unteren Spielfeld weiter zu schwächen. Die kleinere Gruppe war isoliert und Jack wusste, dass er sofort handeln musste, wenn er deren Gefangennahme verhindern wollte. In einem Übungsspiel mit Ronin hatte sich eine ähnliche Situation ergeben. Er hatte seine Steine verteidigen wollen, doch Ronin hatte ihn korrigiert. Er musste stattdessen angreifen und sente erlangen, sonst kam er aus der Defensive nicht mehr heraus. Also griff er Weiß an mit dem Ziel, eine der oberen Gruppen einzuschließen.
    »Kiai!« , sagte Daimyo Sanada überrascht. »Du hast Kampfgeist, Gaijin!«
    Während Weiß damit beschäftigt war, den Angriff abzuwehren, hatte Jack Gelegenheit, seine eigene bedrohte Gruppe zu sichern. Außerdem konnte er sich nun daranmachen, drei Steine des Daimyo einzukreisen.
    Daimyo Sanada studierte das Brett sorgfältig. »Hm … Ihr habt gut mit ihm geübt, Ronin. Ich muss mich steigern.«
    »Pause!«, verkündete Kanesuke auf ein Nicken des Daimyo hin.
    Der Daimyo warf einen letzten Blick auf das Brett und machte einen kurzen Spaziergang durch den Garten, um über seinen nächsten Zug nachzudenken. Jack wusste nicht, ob solche Pausen erlaubt waren, war aber dankbar dafür. Der Kopf schwirrte ihm vor lauter Konzentration. Er stand auf, vertrat sich ebenfalls die Beine und ging dabei möglichst nahe an Ronin und Hana vorbei.
    »Unglaublich!«, wisperte Ronin. »Du hast ihn in die Defensive gedrängt!«
    »Aber er kontrolliert das ganze obere Brett«, erwiderte Jack flüsternd.
    Ronin schüttelte den Kopf. »Der Ausgang des Spiels könnte vom Schicksal der drei weißen Steine abhängen«, erklärte er leise. »Wenn du sie schlagen kannst und der Daimyo es nicht schafft, das anderswo auszugleichen, verliert er. Wenn sie dagegen überleben, gewinnt Weiß.«
    Jack warf erneut einen Blick auf das Brett. Die drei weißen Steine standen stellvertretend für ihre drei Leben. Er spürte förmlich, wie der Druck, der auf ihm lastete, noch zunahm. Bisher hatte er Ronins Taktik angewandt, aber jetzt, in der mittleren Phase des Spiels, musste er ausschließlich auf seine eigene Strategie vertrauen.
    Der Daimyo kehrte von seinem Spaziergang zurück, setzte sich wieder und bedeutete Jack, es ihm gleichzutun.
    »Viel Glück!«, flüsterte Hana. Die Angst war ihr deutlich anzuhören.
    Jack holte tief Luft. Er versuchte ein zuversichtliches Lächeln und kehrte ebenfalls zum Brett zurück. Daimyo Sanada hatte bereits einen Stein in die Hand genommen und hielt ihn theatralisch über das Brett.
    »Jetzt beginnt der Kampf erst richtig.«

39
Sternbilder
    Weiß eröffnete mit einem Überfall auf schwarzes Gebiet auf der rechten Seite. Jack wehrte den Angriff mit seinem nächsten Stein ab, aber dann drohte Daimyo Sanada mit einem meisterhaften Zug, eine schwarze Gruppe gefangen zu nehmen und gleichzeitig die entscheidenden drei weißen Steine zu befreien.
    Jack schlug zurück und versuchte Weiß daran zu hindern, die Steine durch Schaffung zusätzlicher Freiheiten zu retten. Doch seine Verteidigung wurde trotz aller Anstrengungen durch weitere Attacken des Daimyo zunichtegemacht. Der Daimyo griff von überall an und Jacks Strategie begann sich zusehends aufzulösen. In seinem Bemühen, die drei weißen Steine einzukreisen und zu schlagen, übersah er zudem Daimyo Sanadas Angriff in der oberen Bretthälfte. Bevor er es überhaupt merkte, hatte der Daimyo schon vier schwarze Steine eingekreist und gefangen genommen.
    Jack war der Verzweiflung nahe. Er hatte im oberen Teil praktisch allen Einfluss verloren. Wie konnte er jetzt noch hoffen zu gewinnen?
    »Können wir eine Pause machen?«, fragte er vorsichtig.
    »Aber natürlich«, sagte Daimyo Sanada. »Die Partie macht mir großen Spaß.« Er nutzte die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Kanesuke.
    Jack ging über den Platz und wurde langsamer, als er an Ronin und Hana vorbeikam.
    »Keine Sorge«, flüsterte Ronin mit aller Zuversicht, die er aufbieten konnte. »Auch wenn man in einem Gebiet Verluste macht, kann man sich trotzdem verteidigen und