Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)
vor, uns gehen zu lassen«, schimpfte Ronin leise mit einem verstohlenen Blick auf den Kreis schwer bewaffneter Wächter, die ihre Schwerter gezogen hatten.
»Meine Zeit ist begrenzt«, drängte der Daimyo und schüttelte den Beutel. »Die Wahl ist einfach. Weiß oder Schwarz, Leben oder Tod …«
»Lasst mich ziehen«, sagte Hana zu Ronin und Jack.
»Warum?«, fragte Jack leise. »Wir können ja doch nicht gewinnen!«
»Vertrau mir einfach.« In Hanas Augen war ein listiges Funkeln getreten.
Sie trat vor den Daimyo und griff in den Beutel. Auf den Lippen des Daimyo erschien in Erwartung des Ergebnisses ein triumphierendes Lächeln.
Jack und Ronin sahen mit angehaltenem Atem zu. Sie wussten beide, dass Hana keinen weißen Stein in den Beutel schmuggeln konnte. Der Daimyo hätte sofort sie des Betrugs bezichtigt, weil drei Steine im Spiel gewesen wären. Was hatte sie also vor?
Hana zog die Hand hastig aus dem Beutel und ließ den Stein, den sie ausgewählt hatte, fallen, bevor jemand seine Farbe sehen konnte.
»Oh nein!«, rief sie. Der Stein war zwischen den anderen Go-Steinen auf dem Boden gelandet. »Jetzt wissen wir nicht, welchen Stein ich herausgenommen habe.«
»Egal«, sagte Daimyo Sanada, dessen Geduld zu Ende war. »Ihr habt eure Freiheit verspielt.«
Er winkte den Wächtern.
»Halt!«, rief Hana aufgeregt. »Wir wissen wohl, welche Farbe der Stein hatte. Ihr braucht nur im Beutel nachzusehen.«
Jack und Ronin wechselten einen Blick. Was für ein genialer Einfall! Im selben Moment nahm Hana dem Daimyo den Beutel weg und leerte den Inhalt in ihre Hand. Ein schwarzer Stein fiel heraus.
»Seht, dann muss ich Weiß gewählt haben!«, rief sie. »Das Leben!«
Daimyo Sanada wurde rot vor Wut. Er war überlistet worden. Die Wächter blieben unschlüssig stehen.
»Ihr habt Euer Ehrenwort gegeben«, erinnerte Hana ihn mit einem unschuldigen Lächeln an sein Versprechen.
41
Getrennte Wege
»Ich kann noch gar nicht glauben, dass er uns hat ziehen lassen«, sagte Jack. Sie hatten Nara auf dem schnellsten Weg verlassen und durchquerten den Wald, der die Ausläufer der Berge bedeckte.
Es regnete leicht, aber nicht einmal das konnte ihre gute Laune dämpfen. Der Daimyo hatte trotz seiner Wut Wort gehalten und Jack sogar die Schwerter und den Inro zurückgegeben.
»Er wird uns nicht weit kommen lassen«, vermutete Ronin und nahm einen Schluck aus einer neuen Sakeflasche. Hana hatte geistesgegenwärtig einige Münzen Kanesukes in den Ärmeln ihres Kimonos verschwinden lassen und sie hatten unterwegs noch kurz angehalten, um Proviant zu kaufen.
»Aber wenigstens haben wir jetzt eine Chance, ihm zu entkommen. Dank Hana.«
Er legte Hana die Hand auf die Schulter und drückte sie. »Wie konntest du den Daimyo eigentlich mit seinen eigenen Mitteln schlagen?«
Hana senkte verlegen den Blick. »Ich habe früher auch ein paarmal mit Trickbetrügereien gearbeitet. Und Betrüger erkennen einander.«
Ronin zog sie lachend an sich. »Ich nehme hiermit zurück, was ich über dich gesagt habe, Hana. Du magst eine Diebin sein, aber du bist mutiger und treuer als mancher Samurai, den ich kennengelernt habe.«
Hana strahlte über sein Lob. Wie Vater und Tochter standen sie nebeneinander, dachte Jack. Sie taten einander gut – vielleicht brauchten sie sich sogar. Jedenfalls war in Ronins Blick zum ersten Mal etwas anderes als Reue zu lesen.
Als sie an eine Kreuzung kamen, wurde Ronin plötzlich wieder ernst. »Hier trennen sich unsere Wege«, sagte er unvermittelt.
Hana sah ihn fassungslos an und ihre Freude war wie weggeblasen. »A-a-aber warum?«
»Wir werden steckbrieflich gesucht. Als Gruppe fallen wir zu leicht auf.«
Jack wusste, dass Ronin Recht hatte. Die Samurai des Shoguns waren hinter ihnen her, Kazuki und seine Skorpion-Bande und jetzt auch noch Daimyo Sanadas Leute. Es war nur eine Frage der Zeit, bis man sie schnappen würde. Einzeln konnten zumindest Ronin und Hana leichter untertauchen.
»Aber wohin soll ich denn allein gehen?«, fragte Hana unglücklich. »Ich bin so gern mit euch beiden zusammen.«
Jack spürte ihre Verzweiflung und wusste, dass sie in diesem Zustand ihren Häschern wahrscheinlich geradewegs in die Hände laufen würde. »Kann sie nicht mit dir mitkommen, Ronin?«, fragte er vorsichtig.
»Ja!«, rief Hana sofort und sah Ronin flehend an. »Du könntest mein Lehrer sein und ich könnte für dich kochen und …«
Ronin schüttelte energisch den Kopf, wich Hanas Blick aber
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