Samurai 5: Der Ring des Wassers (German Edition)
Feuer gemacht hatte. Vielleicht würde er es nie erfahren, dachte Jack. Schließlich konnte er jederzeit zum Tod verurteilt werden.
In Gedanken versunken setzte sich der Daimyo an das Tischchen, auf dessen Platte ein rechteckiges Gitter eingeritzt war. Darauf lagen, zu einem komplizierten Muster angeordnet, schwarze und weiße Spielsteine. Aus einer Schale nahm er einen weiteren weißen Stein und legte ihn mit einem Klacken auf das Spielbrett.
»Hast du schon einmal Go gespielt?«, fragte er.
Jack schüttelte den Kopf.
»Offensichtlich kommst du aus einem Land ohne Kultur! Dann ist es meine Pflicht, dich vor deinem Tod noch mit diesem Spiel bekannt zu machen.«
Jack sah ihn entgeistert an. »Warum um alles in der Welt sollte ich gegen Euch spielen, wenn Ihr uns töten wollt?«
»Vielleicht um deine Freiheit zurückzugewinnen?«, sagte Daimyo Sanada. Jack sah ihn ungläubig an. »Angesichts des großen Dienstes, den du Daimyo Takatomi erwiesen hast, biete ich dir an, dein Leben bei einer Partie Go zurückzugewinnen.«
»Aber ich habe keine Ahnung, wie man das spielt«, wandte Jack ein.
»Die Regeln sind einfach«, erwiderte der Daimyo mit einer geringschätzigen Handbewegung. Er sah jetzt Ronin an. »Ihr kennt das Spiel vermutlich?«
Ronin, der seit ihrer Ankunft noch kein Wort gesagt hatte, nickte kaum merklich.
»Gut. Dann gebe ich Euch den Rest des Vormittags Zeit, um es dem Gaijin beizubringen.«
»Ihr seid zu gütig«, murmelte Ronin.
»Und wenn ich Euch schlage«, fragte Jack, »kann ich Eurem Wort vertrauen?«
»Ich bin ein Ehrenmann, der sich an die Regeln hält und dessen Wort gilt«, antwortete der Daimyo und lächelte liebenswürdig.
Jack wusste, dass er sich mit dem Wort des Daimyo begnügen musste. »Und was passiert mit meinen Freunden?«
Der Daimyo überlegte einen Moment und hob die Hände. »Warum nicht? Ich bin heute großzügig gestimmt und lasse euch alle frei … vorausgesetzt, du gewinnst.«
Er wandte sich an Kanesuke. »Sorgt dafür, dass sechs Wächter sie die ganze Zeit bewachen. Sie können das Spielbrett im Teehaus verwenden. Ihr seid mir für sie verantwortlich. Aber zuerst muss ich Euch noch unter vier Augen sprechen.«
Der Daimyo und ein zerknirschter Kanesuke entfernten sich in Richtung Haus. Ronin beugte sich zu Jack und flüsterte: »Er spielt nur ein grausames Spiel mit uns. Wir haben nicht die geringste Chance, beim Go gegen Leute wie ihn zu gewinnen!«
»Aber er meinte doch, die Regeln seien leicht«, warf Hana in verzweifelter Hoffnung ein.
»Go mag einfach zu lernen sein«, räumte Ronin ein. »Aber um es wirklich zu beherrschen, braucht man ein ganzes Leben.«
37
Die Spielregeln
Ronin erklärte sich trotz seiner Skepsis bereit, Jack die Spielregeln beizubringen. Vielleicht ergab sich ja doch noch, wenn sie nicht gleich hingerichtet wurden, die Gelegenheit zur Flucht.
Zu dritt saßen sie im Teehaus um das Spielbrett herum. Die sechs Wächter standen zwar in einiger Entfernung, hatten ihre Gefangenen aber noch kein einziges Mal aus den Augen gelassen oder die Hände von den Schwertern genommen.
»Stell dir vor, dieses Brett ist ein Stück Land, um das gekämpft wird«, setzte Ronin an und fuhr mit den Fingerspitzen über das Gitter aus neunzehn mal neunzehn Linien. »Denn darum geht es beim Go. Ziel ist es, einen möglichst großen Teil des Spielbretts zu kontrollieren und die Steine des Gegners zu schlagen, indem man sie mit seinen eigenen umschließt.«
Er nahm einen schwarzen Stein aus einer glatt polierten Schale aus Rosenholz.
»Die Steine sind deine ›Männer‹«, fuhr er fort und legte den Stein auf zwei sich schneidende Linien. »Man kann sie auf jeden unbesetzten Schnittpunkt setzen, die sogenannten ›Freiheiten‹. Einmal gesetzte Steine werden nicht mehr bewegt. Der Gegner kann sie im Lauf des Spiels umringen und gefangen nehmen, indem er alle benachbarten Freiheiten besetzt. Die Steine werden dann als Gefangene vom Brett genommen.«
Er nahm aus einer zweiten Schale drei weiße Steine und legte sie auf die leeren Punkte unmittelbar oberhalb und seitlich des schwarzen Steins, bis schließlich nur noch der Punkt darunter unbesetzt war.
»Benachbart sind horizontal oder vertikal, nicht aber diagonal angrenzende Punkte«, erklärte er. »Der schwarze Stein steht jetzt im atari , das heißt, ihm droht die Gefangennahme, weil er nur noch eine Freiheit übrig hat. Wo muss Weiß einen Stein setzen, um Schwarz gefangen zu nehmen?«
Er gab Jack
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