Samurai 7: Der Ring des Windes (German Edition)
zuversichtlich. »Miyuki kann Schlösser knacken.«
»Nicht dieses. Ein chinesisches Doppelschloss.«
»Wo ist der Schlüssel denn?«, fragte Jack.
»Das ist das zweite Problem.« Li Ling biss sich verlegen auf die Lippe. »Er hängt an Sarus Halsband.«
»Zum Glück mag Saru mich«, sagte Jack, obwohl er nicht wusste, wie er an den Schlüssel kommen sollte, ohne dass Tatsumaki es merkte. Aber damit konnte er sich beschäftigen, wenn er wieder bei seinen Freunden war.
Er machte sich auf den Weg nach oben. »Viel Glück!«, rief Li Ling ihm noch nach.
Die Straße war mit marodierenden Piraten verstopft, die an Beutegütern an sich rafften, was sie tragen konnten, und sich dabei gegenseitig aus dem Weg stießen. Einige plünderten Läden und Geschäfte, andere die Häuser ihrer gefallenen Freunde. Sobald etwas Wertvolles entdeckt wurde, kam es zu einem Handgemenge.
Jack schlüpfte hastig zwischen ihnen hindurch und wich ihren Handgreiflichkeiten aus. Er kletterte Leitern hinauf und rannte aus Bambus erbaute Stege entlang. Der Weg zur Zitadelle zog sich endlos hin und er musste die ganze Zeit an die Samurai-Flotte denken, die mit jedem Augenblick näher kam.
Endlich war er auf der obersten Ebene angekommen. Sein Herz klopfte und seine Lungen brannten. Als er an der Tür zu Captain Kurogumos Haus vorbeikam, fielen ihm seine Shizu-Schwerter ein. Er öffnete die Schiebetür und eilte durch das Hauptzimmer dorthin, wo er die Schatztruhe und die Waffen gesehen hatte. Die beiden Schwerter fielen ihm sofort ins Auge. Schon streckte er die Hand nach den roten Griffen aus, da spürte er die scharfe Spitze eines Messers im Rücken.
Hinter ihm stand stumm und unbewegt wie eine Statue die Geisha mit dem weißen Gesicht.
»Ich hole nur, was mir gehört«, erklärte er ruhig.
Die Geisha schwieg und drückte fester zu. Jack zog die Hand hastig zurück.Der Druck ließ ein wenig nach.
»Du willst einen Piraten berauben?« Captain Kurogumo trat vom Balkon herein und schnalzte missbilligend mit der Zunge.
»Samurai sind keine Diebe«, erwiderte Jack. »Ihr wisst, dass die Schwerter mir gehören.«
»Früher ja«, korrigierte Captain Kurogumo.
»Tatsumaki hat gesagt, ich bekäme sie wieder, weil ich die Nihon Maru versenkt und die Winddämonen gerettet habe.«
»Hast du uns wirklich gerettet?« Captain Kurogumo bleckte wütend seine Haifischzähne. »Wir müssen vor den Samurai fliehen, viele unserer Schiffe sind zerstört, die Pirateninsel ist unwiederbringlich verloren. Schädelgesicht hatte recht. Du hast Verderben über die Winddämonen gebracht!«
Von unten drang lautes Jubelgeschrei herauf – soeben war die Schwertwal in die Lagune eingefahren.
»Captain Kujira hat also doch überlebt«, bemerkte der Pirat mit einem schiefen Lächeln. »Im Unterschied zu dir, Gaijin«, fügte er hinzu und zog sein Schwert.
Den Dolch der Geisha im Rücken, wagte Jack es nicht, sich zu rühren. Sobald er die Hand nach seinem Langschwert ausstreckte, würde Captain Kurogumo ihn blitzschnell durchbohren.
Das ist also das Ende, dachte er. Erstochen von einem ehrlosen Piraten. Meinen Freunden kann ich jetzt nicht mehr helfen und auch Jess werde ich nie mehr sehen.
Da eröffnete die Schwertwal das Feuer. Ihre Kanonen donnerten, als sei der Vulkan der Insel ausgebrochen, und die Felswände vibrierten unter dem Aufprall der schweren eisernen Geschosse.
»Was zum Teufel …«, rief Captain Kurogumo. Der Balkon begann heftig zu schwanken und er verlor das Gleichgewicht.
Eine zweite Salve schlug ein. Eine Kugel traf die Stützpfeiler von Captain Kurogumos Haus und das Gebäude begann sich von der Felswand zu lösen. Jack wirbelte herum, schlug der Geisha mit dem Ellbogen das Messer aus der Hand und warf sie mit einem Handkantenschlag gegen die Brust krachend an das Balkongeländer.
Das Bambushaus kippte immer weiter nach vorne. Jack hob hastig seine Schwerter auf und stürzte zur Tür. In selben Moment, in dem das Haus vollends kippte, bekam er einen Stützpfeiler des Laufstegs zu fassen. Er klammerte sich daran und sah zu, wie Captain Kurogumo und die Geisha zappelnd zusammen mit den Trümmern ihres Hauses durch die Luft flogen und die kostbaren Waffen aus der Sammlung des Piraten wie todbringende Juwelen in die Lagune tief unter ihm stürzten.
Die Schreie der beiden wurden leiser und verstummten schließlich. Vielleicht hatte er wirklich Verderben über die Winddämonen oder zumindest über Captain Kurogumo gebracht, dachte
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