Samurai 7: Der Ring des Windes (German Edition)
Manzo nicht gerechnet. Die Beine knickten unter ihm ein und er taumelte zur Seite, denn er konnte das Gleichgewicht nicht mehr halten. Er ließ Jack los und schwankte über das Deck, als würde das Schiff von einem heftigen Sturm hin und her geworfen.
Jack sank zu Boden und sog gierig die Luft in sich hinein. Dann stand er auf und stützte sich gegen den Mast. Manzo hatte sich inzwischen von dem Schlag erholt. Wütend darüber, dass Jack ihm den schon sicher geglaubten Sieg genommen hatte, drängte er durch die Piraten zum Rand des Decks und packte einen eisernen Enterhaken, der dort an der Bordwand lehnte. Die drei Haken am Ende der stabilen Holzstange waren spitz wie die Klauen eines Bären. Eigentlich dazu gedacht, ein feindliches Schiff festzuhalten, waren sie zugleich auch eine tödliche Waffe, mit der man dem Gegner die Eingeweide herausreißen konnte.
Manzo kehrte zurück, um Jack endgültig zu erledigen, aber zu seiner großen Verwunderung war sein Gegner verschwunden.
»Er ist da oben!«, rief der Pirat mit den gekreuzten Schwertern.
Aber die Faust der acht Blätter hatte Manzo auch vorübergehend taub gemacht. Die Piraten mussten in die Richtung zeigen, in die Jack entkommen war. Immer noch unsicher auf den Beinen, schickte Manzo sich an, unter Zuhilfenahme des Enterhakens hinter Jack her den Mast hinaufzuklettern.
Jack war in eine vertraute Umgebung zurückgekehrt und erinnerte sich wieder an seine Fähigkeiten als Mastaffe. Mühelos kletterte er nach oben, breitete die Arme aus und balancierte auf die Rah hinaus.
Manzo kletterte ihm nach, bis er sich auf derselben Höhe befand. Der Mast schwankte wie ein Pendel hin und her. Nervös sah der Pirat sich um. Er war mit seinem massigen Körper bestens dafür geeignet, Taue einzuholen. Dort oben in der Takelage dagegen hatte er nichts verloren.
Er hielt sich am Mast fest, betrat vorsichtig die Rah und stieß mit dem Enterhaken zu. Jack wich hastig zurück. Manzo lehnte sich vor und stieß noch einmal zu. Die Klauen fuhren um Haaresbreite an Jacks nackter Brust vorbei. Jack war am Ende der Rah angelangt.
»Hier entkommst du mir nicht!«, fauchte Manzo.
»Dann hol mich doch«, spottete Jack.
Der Sieg schien zum Greifen nah und Manzo ließ den Mast los, um Jack endgültig aufzuspießen. Doch in dem Moment, in dem er mit dem Enterhaken zustieß, neigte das Schiff sich zur Seite und er verlor das Gleichgewicht. Mit den Armen fuchtelnd, stürzte er ab und knallte auf das Deck unter ihm, dessen Planken unter seinem Gewicht splitterten. Mit ausgebreiteten Armen und Beinen blieb der Koloss liegen. Er stöhnte noch einmal kurz, dann verlor er das Bewusstsein.
Je größer sie sind, desto härter fallen sie, dachte Jack.
Die Piraten schäumten über das unrühmliche Ende ihres Kämpfers.
»Bringt mir Pfeil und Bogen!«, schrie Schädelgesicht.
Im nächsten Augenblick hatte er schon einen Pfeil auf Jack angelegt.
Jack eilte die Rah entlang. Er spürte, wie Federn ihn streiften und der Pfeil mit einem leisen Zischen an seinem Arm entlangschrammte und eine dünne Blutspur hinterließ.
Dann hatte er den Mast erreicht und hielt sich fest. Unten holten weitere Piraten ihre Bögen. Jagdfieber schien sie erfasst zu haben. Sie legten Pfeile ein und zielten.
»Wer den Gaijin als Erster trifft, kriegt einen Krug Reiswein!«, versprach Schädelgesicht. »Zwei Krüge, wer ihn tötet!«
20
Meeres-Samurai
Jack war eine lebende Zielscheibe. Ein einziger Pfeil genügte, um ihn vom Mast zu holen, und ein Sturz bedeutete den Tod. Viele Möglichkeiten hatte er nicht. Er konnte ins Wasser springen – doch selbst wenn er den Sprung überlebte, trieb er dann im offenen Meer und konnte Saburo und seinen anderen Freunden nicht mehr helfen. Oder er sprang in die Takelage und rutschte zum Deck hinunter. Das wäre auf jeden Fall schneller, als den Mast hinunterzuklettern. Drunten stünde er allerdings vor einem Haufen Piraten.
Ein Pfeil sauste an seiner Nase vorbei. Ein zweiter bohrte sich neben seiner Hand in den Mast.
Wenigstens konnte er sich auf Deck gegen die anderen verteidigen, dachte er und machte sich bereit, in die Takelage zu springen. Auf einem schwankenden Schiff war das gefährlich und waghalsig. Er musste den Sprung genau abschätzen …
» HALT !«
Captain Kurogumo war auf das Achterdeck getreten. Hinter ihm stand Cheng und blickte ängstlich zu Jack hinauf. Die Piraten senkten ihre Bögen.
»Was soll das?«, fragte der Kapitän barsch.
»Der Gaijin wollte
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