Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
Silber fährt zur Hölle, aber die Sache des Südens ist noch lange nicht verloren!" Und ihr Gesicht leuchtete bei ihren Worten wie das pomeranzenfarbene Gewand aus leichter Seide, das sie an diesem Abend trug.
8.
Als die Nachricht kam, dass in Kürze alemannische und friesische Kreuzfahrer eintreffen würden, die sich für die obligatorischen vierzig Tage verpflichtet hätten, atmete Simon von Montfort erleichtert auf. Mit unverbrauchten Männern würde er endlich Lavaur erobern können; was danach kam - er dachte an Toulouse, aber auch an Fulco und Amaury, die ihn ständig drängten, ihm den Novizen aus dem Kloster zu holen -, stand in Gottes Hand.
Damian von Rocaberti ... Eines hatte der sonderbare Auftrag der Geistlichkeit bei ihm bewirkt: Montfort hatte sich schon zweimal den Tag in Erinnerung gerufen, an dem er die Mutter des Jungen kennengelernt hatte: Geschwärzt vom Rauch der noch immer lodernden Stadt Béziers, das Gewand besudelt vom Blut der Häretiker, war sie am Magdalenentag vor zwei Jahren unvermittelt vor ihm und Amaury gestanden und hatte ihnen mit ihrem frechem Mund eine dreiste Lügengeschichte nach der anderen aufgetischt. Ihr Sohn sei krank, hatte sie geweint; sie müsse dringend zum Kloster Saint-Polycarpe reiten, benötige frische Pferde, Wegzehrung. Als Schwägerin des Königs von Aragón sei man verpflichtet, ihr zu helfen, zumal sie alle Diener durch die Kreuzfahrer verloren hätte ... Nun, alle bis auf einen, den Spielmann von Carcassonne! Aber das hatten sie damals nicht gewusst. Montfort erinnerte sich freilich auch an ihn: Mit einer Hirschfeder in der Hand und gekleidet wie ein Knecht war der Mann - dunkel, gutaussehend, wenn er sich recht entsann - an einer Hausecke gestanden und hatte Alix von Rocaberti nicht aus den Augen gelassen ... Inzwischen wollte Bischof Fulco herausgefunden haben, dass die beiden auf Dérouca lebten, auf einem einsamen Gut in der Nähe von Carcassonne, und zwar wie Mann und Frau. Ob der Fiedelkratzer schon damals ihr Liebhaber war? Hatte er vielleicht Bartomeu, den Fürstbischof von Cahors, auf dem Gewissen?
Montfort lauschte nach draußen, wo noch immer dieser lästige, warme Sturmwind heulte, der nach dem Dauerregen gekommen war ... Es waren ihre Augen gewesen, die ihn gefesselt hatten. Ungewöhnliche Augen, die dunklen Bergseen glichen. „Bartomeus Hure", flüsterte er abfällig. Ein großer, aufgeblasener Wichtigtuer war der Fürstbischof gewesen, eng mit Bischof Fulco befreundet. Lag es da nicht nahe, dass in dieser Freundschaft die Quelle des Wahns lag, aus der Fulco und Amaury offenbar zuviel getrunken hatten? Was wollten sie von Bartomeus Jungen? Keiner rückte mit der Wahrheit heraus. Nun, dann würde er die beiden noch etwas zappeln lassen.
Als der Heerführer das Zelt öffnete, fuhr der Wind in seinen Umhang und bauschte ihn auf. Es dämmerte schon. In Begleitung seines Knappen suchte er die Latrine auf.
Auf dem Rückweg hatte der Sturm nachgelassen, doch noch immer zogen eilige Wolken übers Firmament, wie eine Herde fetter Hammel vor dem Schlachten. Montfort warf einen skeptischen Blick zur Burg hinüber, wo der Feind offenbar noch schlief. Morgen sollten die neuen Soldaten kommen. Endlich, dachte er erleichtert. Dann gnade dir Gott, Lavaur.
Über dunkle Quellen hatte auch Ramon, der Graf von Foix, den Ort und den Tag erfahren, an dem die neuen Kreuzfahrer eintreffen sollten. Obgleich Katholik, galt Foix seit Jahren als Schutzherr der „Guten Leute“, der Katharer. Seine schöne Schwester, die Vizegräfin Esclarmonde, war sogar eine bekennende Katharerin, also eine Perfekte, die mit Umsicht dafür gesorgt hatte, dass auf dem hochgelegenen Montségur eine stattliche Trutzburg für die katharische Elite ausgebaut worden war.
Heißblütig und dafür bekannt, keinem Scharmützel unnötig aus dem Weg zu gehen, fasste der zur Korpulenz neigende Ramon einen schnellen Plan. Zum einen hatte er dem Grafen von Toulouse seine bedingungslose Unterstützung zugesichert, zum anderen lag er persönlich mit Montfort im Streit, nachdem ihm dieser vor einem Jahr sämtliche Obst- und Rebgärten rings um Foix zerstört und viele Weiler gnadenlos geplündert hatte.
Mit einer kleinen Truppe, die mehr aus Bauern als aus Soldaten bestand, sowie seinem tapferen Sohn Roger-Bernard und einem für seine noch größere Tapferkeit bekannten Ritter namens Pépieux, machte sich Ramon von Foix zur Burg Montgey auf, südlich von Lavaur gelegen. Dort, hinter einem
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